Ringlstetter groß in Fahrt
Der Musiker und Satiriker in Neusäß
Künstler kokettieren gern mit ihrer Abstammung aus oder dem Auftritt in der Provinz. Hannes Ringlstetter tut das in seiner Show „Paris, New York, Alteiselfing“authentisch und amüsant. Am Sonntagabend war der musikalisch-komödiantische Roadtrip zu Gast in der Stadthalle Neusäß. Von Reisegeschichten aus Ringlstetters Jugend über die Mühsal des Tourens und das Tagträumen nach Amerika bis zur balladesken Liebeserklärung an seine Heimat Niederbayern führte die Reise.
In Neusäß nahm die Route zunächst einen Umweg über Sandersdorf im Naturpark Altmühltal. Dort ist die Band Pam Pam Ida zu Hause, die gemeinsam mit dem Streichquartett Silberfischorchester im vergangenen Sommer beim Heimatsound-Festival für Furore sorgte. In Neusäß versprühten sie in Minibesetzung – zwei Pam Pams und eine Silberfisch-Geigerin – den Charme dieser Band: ein bisschen Hipster und etwas Understatement, ein bisschen bayrisch und etwas britisch, musikalische Anleihen bei Folk, Singer-Songwriter und den Sixties.
Dann Auftritt Ringlstetter und Band: acht Herren in schwarzen Anzügen, die ihren Look mit Schiebermütze oder Melone, blonder Lockenmähne oder kahlem Kopf pimpen. Alle multiinstrumental und extrem lässig, was sie nicht vor dem freundschaftlichen Spott des Bosses schützt, der die dialektalen und andere Besonderheiten seiner Musikerkollegen zwischen Oberpfalz und Österreich, Landidylle und „Akademikerghetto“ebenso aufs Korn nimmt wie die angeblichen Transgender-Karrieren seiner männlichen „Background-Bitches“.
Auch an Selbstironie mangelt es Ringlstetter nicht. Je weltgewandter er lebt (mittlerweile in München) und künstlerisch arbeitet (auf sämtlichen Bühnen, TV- und Radiokanälen Bayerns), desto mutiger kann er sich zum preisgekrönten Dorfplatz mit der Brunnenskulptur eines lokalen Künstlers und zur Edelkirsch-Disco bekennen. Und doch bemerkt man bei Ringlstetter tief in der Ironie eine echte Verbundenheit mit der Gegend, aus der er stammt und die Ausgangspunkt und Landebahn all seiner Reisen ist.
Zu Ringlstetters Heimat gehört der ländliche Mann, der nicht tanzt – die „Metaebene der niederbayerischen Intellektualität“. Es gibt die Erinnerung an eine Reise in den eigenen „Saftl-Jahren“nach Ungarn, die an der Schnapsflasche aus Pfarrers Schwarzbrennerei endete. Die Mixtur aus „Saftl und Vollrausch“bricht sich Bahn im Gipsy-StyleSong „Bunga Bunga in Budapest“und ist ein gutes Beispiel für das, was Ringlstetter am allerbesten kann: Geschichten erzählerisch virtuos bis zum komödiantischen Höhepunkt treiben und praktisch sämtliche Musikstile lässig bajuwarisieren. Manchmal ist es schade, dass klug eingefädelte Witze nicht weiter auf Weltreise gehen, sondern allzu schnell die Route zurück zur „Saftl“-Gegend des menschlichen Körpers nehmen. Aber wie sagt Ringlstetter selbst: „Das Schöne an Klischees ist, dass sie wahr sind.“