Mit dem iPad in der Werkhalle
Einige Handwerksbetriebe stört das verstaubte Image ihrer Branche. Dabei gehören moderne Technologien hier längst zum Alltag. Ihr Einsatz hat vieles verändert. Vier Firmen zeigen beispielhaft, was das bedeutet
● Orthopädietechnik Wer früher ein Korsett brauchte, wurde eingegipst. Das war ein langwieriger und auch unangenehmer Prozess. Er musste aber sein, denn der so gewonnene Körperabdruck diente dem Orthopädietechniker später als Modell. Heute geht das Ganze wesentlich einfacher. Statt mit der Gipsbinde umrundet der Orthopädietechniker bei Hessing Maßarbeit für Orthopädie den Patienten mit einem 3-D-Messgerät. Es scannt den Körper ganz genau und sendet die Daten im Anschluss direkt an den Computer. Dort werden die Angaben schließlich verarbeitet und als Auftrag an eine Maschine gegeben. Sie erstellt aus den Vorgaben ein Modell aus Hartschaum. Dieses ist deutlich leichter als sein Gipskollege aus früheren Zeiten und noch dazu exakter. Jetzt kann der Orthopädietechniker seine händische Arbeit starten und das passende Korsett bauen. Auch bei der Herstellung von Einlagen kommt bei Hessing der Scanner statt bisher Trittschaum zur Anwendung. Das geht einfacher und die gewonnenen Daten können besser und länger aufbewahrt werden. „Im Gesundheits-Handwerk erhöht Digitalisierung Passform und Qualität der Hilfsmittel“, resümiert Jörg Aumann, Leiter Hessing Maßarbeit für Orthopädie.
● Zahntechnik Auch in der Zahntechnik hat die Digitalisierung Einzug gehalten. Muss heute eine Abformung des Gebisses genommen werden, kann der Zahnarzt einen sogenannten Intra-Oral-Scanner verwenden. Dem Patienten bleibt so der Abdruck mit Abdruckmasse und sperrigem Abdrucklöffel erspart. Hinzu kommt, dass diese Technik deutlich schneller und genauer ist. Die gewonnenen Daten stehen sofort zur Weiterverarbeitung bereit und werden via Internet an das Dentallabor versandt. Ein Anwender dieser Methode in Augsburg ist die Rieger Zahntechnik GmbH. Hier werden die Daten aufbereitet und daraus beispielsweise Knirsch-Schienen gefräst. „In der Zahntechnik ist der digitale Fort- nicht wegzudenken. Die neuesten Techniken liefern die Qualität, die verlangt wird, um den steigenden Anspruch von Patienten und Zahnärzten gerecht zu werden“, so Helmut Rieger. ● Maschinenbau Bei Anton Fries Maschinenbau in Meitingen war ein Mitarbeiter lange dafür zuständig, alle 40 Sekunden Drehteile zum Hartdrehen in die CNC-Drehmaschine einzulegen. Diesen Arbeitsschritt schritt übernimmt seit drei Jahren ein Roboter. Der Mitarbeiter kontrolliert seither stichprobenartig die Arbeit des Roboters und die Produktqualität. Bei dieser Qualitätskontrolle erhält er ebenfalls digitale Unterstützung: Ein Scanner vermisst in Sekundenschnelle verschiedenste Teile und speichert die exakten Daten. „Das steigert ganz klar die Produktivität“, sagt Anton Fries. Beim Einsatz des Roboters ging es ihm aber nicht nur um Automatisierung. „Im Mittelpunkt stand die Humanisierung des Arbeitsplatzes. Die monotonen Tätigkeiten zu automatisieren entlastet den Mitarbeiter enorm und spart obendrein Zeit, die sinnvoller genutzt werden kann. Auch die Beschäftigung von Mitarbeitern mit körperlicher Einschränkung sei durch Automatisierung möglich.
● Holzbau Beim Augsburger Holzhaus in Gablingen ist das iPad mittlerweile gängiges Arbeitsgerät. Mit Hilfe des Tablets werden unter anderem Baudaten und persönliche Hinweise der Mitarbeiter zu einem aktuellen Projekt in einer Cloud, also einem Speicherplatz im Internet, abgelegt. Jeder Mitarbeiter, egal welcher Abteilung im Haus, kann so auf die entsprechenden Informationen zugreifen. Die Kommunikation untereinander wird auf diese Weise vereinfacht und zeitunabhängig. „Früher war der Austausch unter den Mitarbeitern ein wenig wie Flüsterpost. Jeder hat etwas weitergegeben und am Ende ist nicht immer angekommen, was zu Beginn erzählt wurde. Mit der Cloud passiert das nicht mehr. Die Informationen jedes Mitarbeiters werden gespeichert und gehen nicht verloren. Das senkt die Fehlerquote“, sagt Inhaber Thomas Wittmann. Weil Büro und Fertigung beim Augsburger Holzhaus zudem räumlich getrennt sind, sparen die neuen Kommunikationsmöglichkeiten zeitaufwendige Fahrten.