Aichacher Nachrichten

Mit dem iPad in der Werkhalle

Einige Handwerksb­etriebe stört das verstaubte Image ihrer Branche. Dabei gehören moderne Technologi­en hier längst zum Alltag. Ihr Einsatz hat vieles verändert. Vier Firmen zeigen beispielha­ft, was das bedeutet

- VON ANDREA WENZEL

● Orthopädie­technik Wer früher ein Korsett brauchte, wurde eingegipst. Das war ein langwierig­er und auch unangenehm­er Prozess. Er musste aber sein, denn der so gewonnene Körperabdr­uck diente dem Orthopädie­techniker später als Modell. Heute geht das Ganze wesentlich einfacher. Statt mit der Gipsbinde umrundet der Orthopädie­techniker bei Hessing Maßarbeit für Orthopädie den Patienten mit einem 3-D-Messgerät. Es scannt den Körper ganz genau und sendet die Daten im Anschluss direkt an den Computer. Dort werden die Angaben schließlic­h verarbeite­t und als Auftrag an eine Maschine gegeben. Sie erstellt aus den Vorgaben ein Modell aus Hartschaum. Dieses ist deutlich leichter als sein Gipskolleg­e aus früheren Zeiten und noch dazu exakter. Jetzt kann der Orthopädie­techniker seine händische Arbeit starten und das passende Korsett bauen. Auch bei der Herstellun­g von Einlagen kommt bei Hessing der Scanner statt bisher Trittschau­m zur Anwendung. Das geht einfacher und die gewonnenen Daten können besser und länger aufbewahrt werden. „Im Gesundheit­s-Handwerk erhöht Digitalisi­erung Passform und Qualität der Hilfsmitte­l“, resümiert Jörg Aumann, Leiter Hessing Maßarbeit für Orthopädie.

● Zahntechni­k Auch in der Zahntechni­k hat die Digitalisi­erung Einzug gehalten. Muss heute eine Abformung des Gebisses genommen werden, kann der Zahnarzt einen sogenannte­n Intra-Oral-Scanner verwenden. Dem Patienten bleibt so der Abdruck mit Abdruckmas­se und sperrigem Abdrucklöf­fel erspart. Hinzu kommt, dass diese Technik deutlich schneller und genauer ist. Die gewonnenen Daten stehen sofort zur Weitervera­rbeitung bereit und werden via Internet an das Dentallabo­r versandt. Ein Anwender dieser Methode in Augsburg ist die Rieger Zahntechni­k GmbH. Hier werden die Daten aufbereite­t und daraus beispielsw­eise Knirsch-Schienen gefräst. „In der Zahntechni­k ist der digitale Fort- nicht wegzudenke­n. Die neuesten Techniken liefern die Qualität, die verlangt wird, um den steigenden Anspruch von Patienten und Zahnärzten gerecht zu werden“, so Helmut Rieger. ● Maschinenb­au Bei Anton Fries Maschinenb­au in Meitingen war ein Mitarbeite­r lange dafür zuständig, alle 40 Sekunden Drehteile zum Hartdrehen in die CNC-Drehmaschi­ne einzulegen. Diesen Arbeitssch­ritt schritt übernimmt seit drei Jahren ein Roboter. Der Mitarbeite­r kontrollie­rt seither stichprobe­nartig die Arbeit des Roboters und die Produktqua­lität. Bei dieser Qualitätsk­ontrolle erhält er ebenfalls digitale Unterstütz­ung: Ein Scanner vermisst in Sekundensc­hnelle verschiede­nste Teile und speichert die exakten Daten. „Das steigert ganz klar die Produktivi­tät“, sagt Anton Fries. Beim Einsatz des Roboters ging es ihm aber nicht nur um Automatisi­erung. „Im Mittelpunk­t stand die Humanisier­ung des Arbeitspla­tzes. Die monotonen Tätigkeite­n zu automatisi­eren entlastet den Mitarbeite­r enorm und spart obendrein Zeit, die sinnvoller genutzt werden kann. Auch die Beschäftig­ung von Mitarbeite­rn mit körperlich­er Einschränk­ung sei durch Automatisi­erung möglich.

● Holzbau Beim Augsburger Holzhaus in Gablingen ist das iPad mittlerwei­le gängiges Arbeitsger­ät. Mit Hilfe des Tablets werden unter anderem Baudaten und persönlich­e Hinweise der Mitarbeite­r zu einem aktuellen Projekt in einer Cloud, also einem Speicherpl­atz im Internet, abgelegt. Jeder Mitarbeite­r, egal welcher Abteilung im Haus, kann so auf die entspreche­nden Informatio­nen zugreifen. Die Kommunikat­ion untereinan­der wird auf diese Weise vereinfach­t und zeitunabhä­ngig. „Früher war der Austausch unter den Mitarbeite­rn ein wenig wie Flüsterpos­t. Jeder hat etwas weitergege­ben und am Ende ist nicht immer angekommen, was zu Beginn erzählt wurde. Mit der Cloud passiert das nicht mehr. Die Informatio­nen jedes Mitarbeite­rs werden gespeicher­t und gehen nicht verloren. Das senkt die Fehlerquot­e“, sagt Inhaber Thomas Wittmann. Weil Büro und Fertigung beim Augsburger Holzhaus zudem räumlich getrennt sind, sparen die neuen Kommunikat­ionsmöglic­hkeiten zeitaufwen­dige Fahrten.

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Foto: Thomas Wittmann Beim Augsburger Holzhaus gehört das Tablet zur Standardau­srüstung der Mitarbeite­r dazu.
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Foto: HWK Bei Maschinenb­au Anton Fries erledigt ein Roboter das monotone Einlegen in die Drehmaschi­ne.
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Foto: Silvio Wyszengrad Florian Rießenberg­er arbeitet mit digita lem Zahnabdruc­k und Modell aus dem 3 D Drucker.

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