Hohe Strafe wegen „Stinkefinger“auf der Autobahn
Weil er einen anderen Autofahrer auf der A 8 beleidigt, fliegt auf, dass ein Aichacher ohne Führerschein fährt
Aichach Eine „Unmutsäußerung“gegenüber einem anderen Autofahrer hat einen Aichacher auf die Anklagebank gebracht. Er hatte auf der Autobahn bei Haberskirch (Stadt Friedberg) ausgerechnet einem Rechtsanwalt den erhobenen Mittelfinger gezeigt. Der ging zur Polizei. Vor Gericht stand der Aichacher gestern nicht nur wegen Beleidigung, sondern auch wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis: Der Führerschein war ihm schon vor über vier Jahren entzogen worden – wegen einer Alkoholfahrt.
Dass er an diesem Septembernachmittag gefahren ist, räumte der 42-Jährige ein. Auch, dass er „irgendeine Geste“gemacht hat. Er habe gerade überholt, als von hinten ein Auto kam. Der Fahrer sei dicht aufgefahren und habe gehupt. Als er auf die mittlere Spur gewechselt hatte und der andere vorbeigefahren sei, habe er „die Hand gehoben“.
Der 33-jährige Anwalt, der mit seiner Frau unterwegs war, hatte den Angeklagten schon beim Auffahren auf die dort dreispurige Autobahn gesehen. Der sei schon früh über die durchgezogene Linie des Beschleunigungsstreifens erst auf die rechte Spur, dann ein Stück weiter auf die mittlere Spur gefahren, so der Zeuge. Da habe schon ein anderer Autofahrer bremsen müssen. Danach sei er vor ihm auf die linke Spur gewechselt. Auch er habe bremsen müssen, um einen Unfall zu vermeiden, und deswegen gehupt. Der Angeklagte sei dann auf die mittlere Spur gefahren und habe ihm beim Vorbeifahren den erhobenen Mittelfinger gezeigt. Seine Frau fotografierte den Mann.
Richter Walter Hell gab zu denken, dass der Mann seit dem Führerscheinentzug schon zweimal beim Fahren erwischt wurde. Auf Nachfrage räumte er ein, dass er ein eigenes Auto unterhält, obwohl er seit Jahren keinen Führerschein hat. „Fahren Sie öfter?“, fragte Hell ihn direkt. Das verneinte der Aichacher. Seine Lebensgefährtin fahre ihn täglich zur Arbeit.
Staatsanwältin Andrea Kovacs forderte eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung, eine Geldauflage von 4000 Euro sowie eine Führerscheinsperre von sechs Monaten. Verteidiger Harald Sobottka hielt eine Geldstrafe für ausreichend. Hell verurteilte den 42-Jährigen dann zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten auf Bewährung und einer Führerscheinsperre von zwölf Monaten. Außerdem muss er 2000 Euro an die Kreisverkehrswacht zahlen. Für Hell war das Verhalten des Angeklagten unverständlich: „Mehr kann man ja gar nicht provozieren, dass sich jemand an die Polizei wendet.“Die Vermutung liege nahe, dass er betrunken war, so Hell. „Jeder Nüchterne würde sich anders verhalten.“Er legte dem Angeklagten ans Herz, zwei Dinge anzugehen: die Versuchung eines stets verfügbaren Autos und sein Alkoholproblem. Er dürfe sich nichts mehr zuschulden kommen lassen. „Eines kann ich Ihnen gleich sagen: Beim nächsten Mal sperre ich Sie ein.“