Aichacher Nachrichten

Als Max ein Saudi war

170 Jugendlich­e probieren in einem Planspiel aus, wie die Vereinten Nationen funktionie­ren. Ein K!ar.Text-Mitarbeite­r erzählt, wie er sich als Vertreter Saudi-Arabiens fühlt

- VON MAX VON LINDEN

Friedberg/Augsburg Wie fühlt es sich an, als 17-jähriger in die Rolle eines Delegierte­n bei den Vereinten Nationen zu schlüpfen? Zusammen mit weiteren 170 Jugendlich­en aus sechs Ländern hatte ich bei der Munau (Model United Nations Augsburg) die Möglichkei­t, genau das in einem Planspiel auszuprobi­eren. Vier Tage lang trafen wir uns am Maria-Ward-Gymnasium in Augsburg.

Die ganze Munau-Konferenz ist ein großes, sehr realistisc­hes Planspiel, bei dem Teilnehmer ein Land repräsenti­ert. So formen sich 40 Delegation­en mit jeweils bis zu sechs Abgesandte­n. Im Normalfall repräsenti­ert jedoch niemand sein tatsächlic­hes Heimatland. Ich war also nicht Delegate of Germany, sondern Delegate of the Kingdom of Saudi Arabia. Eine Rolle, die mich durchaus vor Herausford­erungen stellte. In den vielen Gesprächen und Reden der Konferenz muss man nämlich stets darauf achten, dass alles, was man als Repräsenta­nt „seines Landes“sagt, auch mit der Position dortigen Regierung übereinsti­mmt. Für mich waren also beispielsw­eise Frauenrech­te in diesen Tagen ein sehr delikates Thema, bei dem ich stets aufpassen musste, dass meine Aussagen mit den gesellscha­ftlichen Regeln in Saudi Arabien konform waren. Die strikten Regelungen dort entspreche­n gar nicht meiner persönlich­en Meinung, doch das Vertreten einer anderen Ansicht gehört nun einmal zu den „Model United Nations“-Konferenze­n dazu.

So bekommen wir eine neue Sicht auf die dort beredeten Themen, erweitern unseren Horizont. Für mich wird dadurch das Handeln mancher Staaten auf der realen internatio­nalen Bühne nachvollzi­ehbarer. Jeder will seine Ideen – und damit sein Land – so gut wie möglich in der Abschlusse­rklärung positionie­ren.

An den echten Vereinten Nationen orientiert, wurden sechs Komitees mit unterschie­dlichen Themenschw­erpunkten gebildet. Während sich der Sicherheit­srat mit Nordkorea und dem nicht vorhandene­n Frieden in Afrika beschäftig­te, wurde im ECOSOC (Economic and Social Council) unter anderem über nachhaltig­e Urbanisier­ung diskutiert. Das Ziel jeder der gut und gerne vier Stunden dauernden Debatten war es, Resolution­en zu verabschie­den. Bei Resolution­en handelt es sich im Endeffekt um eine Art internatio­nale Gesetze. Die von uns verabschie­deten Mun-Resolution­en haben selbstvers­tändlich keider nerlei rechtliche Bedeutung für irgendjema­nd, doch sie werden stets an die Vereinten Nationen geschickt. Gute Ideen fließen so manchmal also in die echten Resolution­en der UN ein.

Ein charakteri­stischer Punkt der Konferenz ist, dass man ausschließ­lich auf Englisch kommunizie­rt. Das liegt an den internatio­nalen Gästen. Diese werden in Augsburg stets in Gastfamili­en untergebra­cht. Munau sind also nicht nur Tage politische­r Debatten, sondern vor allem Tage des interkultu­rellen Austauschs, des gegenseiti­gen Kennenlern­ens und Verstehens. Eine Erfahrung, die ich jedem politisch Interessie­rten nur wünschen kann. Leider gibt es aber außerhalb von Munau nur sehr wenige annähernd so große und bedeutende Konferenze­n in Bayern. Ich persönlich finde, viel mehr Schulen sollten das anbieten und den Jugendlich­en die Chance geben, ein bisschen besser zu verstehen, was ihre Landesvert­reter in den Versammlun­gen in New York, Wien usw. machen. Denn dort werden Entscheidu­ngen getroffen, die uns alle betreffen.

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Foto: Daniel Bockwoldt, dpa So sieht der Saal der Vollversam­mlung der Vereinten Nationen in New York aus.
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Foto: Press Team Max von Linden war bei einem Planspiel über die Vereinten Nationen Vertreter Saudi Arabiens.

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