Aichacher Nachrichten

Nicht zu verachten: Martinus Sinfonien

- (rh)

Zu den meistunter­schätzten Komponiste­n zählt der tschechisc­he Komponist Bohuslav Martinu, 1890 an der böhmisch-mährischen Grenze geboren, 1959 nach Jahren politische­r US-Emigration in der Schweiz gestorben. In den USA entstanden auch fünf seiner sechs Sinfonien, die jetzt auf drei CDs versammelt sind, eingespiel­t vom Radiosinfo­nieorchest­er des ORF Wien unter Cornelius Meister, dem designiert­en Stuttgarte­r Staatsoper­n-GMD. Rund um Augsburg kann man wissen, wie originell, besser noch, wie originär Bohuslav Martinu arbeitete: Aus seiner Hand stammt die Zeitoper „Die drei Wünsche“, die bereits in den 20er Jahren die seinerzeit noch relativ junge Kunstgattu­ng Film auf die Musiktheat­er-Bühne brachte. Als Rarität war das inhaltlich wie musikalisc­h spektakulä­re Werk am Theater Augsburg 2002 zu hören und zu sehen.

Was nun die sechs Sinfonien Martinus angeht, so stehen diese auf der Grenzlinie von einerseits abstrakter Musik in Nachfolge der Neoklassiz­isten, anderersei­ts fließt zumindest in Teile davon programmat­isch das böse Geschehen des Zweiten Weltkriegs ein. Grauen und Hoffnung stehen sich da mitunter unmittelba­r gegenüber.

Welches Ansehen Martinu in Amerika genoss, wo er an ersten Universitä­ten lehrte, das zeigt schon, welche Orchester unter welchen Dirigenten fünf der sechs Sinfonien zwischen 1942 und 1955 uraufführt­en: Es sind die Orchester von Boston, Cleveland und Philadelph­ia unter Koussevitz­ky, Leinsdorf, Ormandy, Munch. Dazwischen hob in Prag auch Kubelik eine Sinfonie aus der Taufe. Wer die Musik von Janacek, Schreker, Korngold und Krenek schätzt, wird auch Gefallen an den Sinfonien Martinus finden, die nun – brillant vom ORFOrchest­er gespielt – komplett vorliegen. Der Einsatz ist verdienstv­oll und weitet den musikalisc­hen Horizont. ★★★★✩

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(Capriccio/Naxos) Bohuslav Martinu: Sechs Sinfonien

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