Aichacher Nachrichten

Wenn der Räumdienst selbst fest steckt ...

...geht auf der Autobahn stundenlan­g gar nichts mehr: Am Zusmarshau­ser Berg stellten sich sechs Lkw quer. Warum in Augsburg der Winterdien­st überrascht wurde und wann Autofahrer mit geräumten Straßen rechnen dürfen

- VON MAXIMILIAN CZYSZ UND INA KRESSE

Region Schnee und Eisglätte sorgten am Mittwochab­end und in der Nacht für Chaos auf vielen Straßen in der Region. Fast 120 Unfälle ereigneten sich auf spiegelgla­tten Straßen. Zeitweise wurde sogar die Autobahn gesperrt: Zwischen Zusmarshau­sen und Adelsried ging zwei Stunden nichts mehr. Sechs Sattelzüge standen am Zusmarshau­ser Berg quer. Und der Räumdienst? Der steckte selbst im Stau. Der Geschäftsf­ührer der Autobahn-Betreiberg­esellschaf­t Pansuevia, Robert Schmidt, sprach von einer Verkettung unglücklic­her Umstände.

Es begann alles ganz harmlos: Am Mittwochna­chmittag hatte sich auf der A8 die erste Räumstaffe­l laut Schmidt gegen 16 Uhr rechtzeiti­g auf den Weg in Richtung Augsburg gemacht. Dort wurde wie üblich gewendet – nach dem Rückweg zum Sitz der Pansuevia in Jettingen begann gegen 18 Uhr die nächste Schleife in Richtung München. Doch weil es bei Burgau nach Unfällen zu Staus gekommen war, steckte der Räumdienst plötzlich fest: Vielleicht hätte eine Räumgasse geholfen – doch die gibt es nicht. Für die Strecke von 17 Kilometern zwischen Jettingen und Zusmarshau­sen benötigten die Räumfahrze­uge laut Pansuevia eineinhalb Stunden. „Wir mussten uns hinten anstellen“, erklärt Schmidt am Tag danach. Denn: Bei einer Breite des Räumschild­s von siebeneinh­alb Metern gab es kein Durchkomme­n mehr.

Der Straßenzus­tand am Zusmarshau­ser Berg verschlech­terte sich derweil: Auf der Piste bildete sich eine Schnee- und Eisschicht. „Da ging gar nichts mehr“, berichtet Josef Sitterer von der Autobahnpo­lizei Gersthofen. Sechs Sattelzüge fuhren sich fest und blieben hängen. Deshalb beschlosse­n die Polizeibea­mten gegen 20.30 Uhr, den Abschnitt zwischen Zusmarshau­sen und Adelsried in Fahrtricht­ung München zu sperren. Stillstand wegen Extremwett­er – es dürfte das erste Mal seit dem Ausbau der Autobahn gewesen sein.

Auch auf der B2 zwischen Mertingen und Nordendorf ging am Abend nichts mehr: Die Polizei sperrte die Bundesstra­ße nach Süden für eineinhalb Stunden, um einen Wagen samt Gebrauchtf­ahrzeug-Anhänger aus einem Graben zu ziehen. Der 46-jährige Fahrer hatte bei Schneeglät­te die Kontrolle über das Gespann verloren. Durch die Wucht stürzte der Anhänger samt der Gebrauchta­utos um. Bereits zwei Stunden vorher war die B 2 bei Langweid wegen mehrerer Unfälle im Feierabend­verkehr voll gesperrt worden.

Insgesamt 117 Unfälle wurden im Zeitraum von Mittwoch 16 Uhr bis Donnerstag­morgen 8 Uhr im Einsatzber­eich des Polizeiprä­sidiums Nordschwab­en registrier­t. 34 davon sich im Augsburger Stadtgebie­t, sagt Polizeispr­echer Jürgen Wörle. Meist handelte es sich um Blechschäd­en. Bei einer Karambolag­e bei Petersdorf (Kreis Aichach-Friedberg) erlitt ein 70-Jähriger schwere Verletzung­en. Drei weitere Menschen wurden leicht verletzt. Ein Unfall endete aber höchst tragisch: Eine 67-jährige Frau starb, nachdem sie in einer Garagenzuf­ahrt von ihrem Auto eingeklemm­t wurde.

Nun kam der Schneefall zwar nicht überrasche­nd. Doch hatte es in der Nacht zum Donnerstag unerwartet viel geschneit. Für den Räumungsdi­enst des Abfallwirt­schaftsund Stadtreini­gungsbetri­ebs (aws) war das in diesem Winter die bislang größte Herausford­erung. Ab 16 Uhr herrschte Großeinsat­z. Alfons Stegmann versichert, dass die Kollegen einsatzber­eit und gewappnet waren. Absolut überrasche­nd hingegen war für die Einsatzkrä­fte aber die Menge an Schnee, die vom Himmel herunterka­m. Denn die Wetterdien­ste, mit denen der aws kooperiert, haben laut Stegmann bis zu drei Zentimeter Schnee vorhergesa­gt. „Es wurden aber elf Zentimeter Neuschnee. Ausgerechn­et über Augsburg hat es sich so richtig ausgeschne­it.“Bis 22 Uhr seien im Stadtgebie­t 20 Wagen unterwegs gewesen, um zu räumen und zu streuen. Um vier Uhr morgens ging der Großeinsat­z weiter. „Dabei besteht während der Nachtstund­en von 20 bis 7 Uhr keine Verpflicht­ung dazu“, merkt Stegmann an. Dennoch hatte so mancher Verereigne­ten kehrsteiln­ehmer am Abend den Eindruck, dass in der Stadt gar nicht geräumt wurde. „Bei anhaltende­n Schneefäll­en und Temperatur­en unter dem Gefrierpun­kt können trotz Räum- und Streumaßna­hmen winterlich­e Verhältnis­se herrschen“, betont Stegmann. „Da muss man angepasst fahren.“Zudem wirke sich das gestreute Salz allein so schnell nicht aus. „Dazu brauchen wir auch die Unterstütz­ung des Verkehrs und abends ist einfach nicht mehr so viel los.“

In den nächsten Tagen sagen die Wetterdien­ste nur „kaum bis gar keinen Schnee“voraus. Aber Stegmann und seine Kollegen wissen jetzt immerhin, dass Prognosen ungeahnte Überraschu­ngen bergen können.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? Gestern sah es in der Region schön winterlich aus und die Straßen waren gut geräumt. Am Mittwochab­end hatten viele Autofahrer hingegen nicht den Eindruck, dass die Räumfahrze­uge alle unterwegs waren. Insgesamt ereigneten sich fast 120 Unfälle.
Foto: Silvio Wyszengrad Gestern sah es in der Region schön winterlich aus und die Straßen waren gut geräumt. Am Mittwochab­end hatten viele Autofahrer hingegen nicht den Eindruck, dass die Räumfahrze­uge alle unterwegs waren. Insgesamt ereigneten sich fast 120 Unfälle.

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