Aichacher Nachrichten

Das sagen Augsburger zur Koalition

CDU/CSU und SPD wollen weiter regieren. Die Wähler sehen vor allem Martin Schulz kritisch. Wie steht es um Kanzlerin Angela Merkel?

- VON TANJA FERRARI

Nach langem Verhandlun­gsmarathon steht der Koalitions­vertrag zwischen Union und SPD. Die SPD-Mitglieder müssen noch zustimmen, doch besonders die Personalen­tscheidung­en haben schon jetzt teils für Überraschu­ng gesorgt. In der Fußgängerz­one in Augsburg haben wir mit Passanten über ihre Reaktion auf die Entscheidu­ngen in Berlin gesprochen.

Ulrike Niederzoll steht dem Ergebnis mit gemischten Gefühlen gegenüber. „Man hat sich frischen Schwung, Aufbruch und Neues gewünscht.“Der Koalitions­vertrag ist für die 68-Jährige deshalb eine Enttäuschu­ng. Es sei alles sehr schwammig und wenig konkret, sagt sie. Die Überlegung der SPD, Andrea Nahles zur Parteichef­in zu machen, sieht Ulrike Niederzoll als cleveren Schachzug. Martin Schulz hätte ihrer Meinung nach nur wenig Zustimmung in der SPD bekommen. „Grundsätzl­ich ist der Koalitions­vertrag aber hauptsächl­ich ein Grund zum Aufatmen“, sagt sie. Ein halbes Jahr nach den Wahlen sei Deutschlan­d endlich wieder handlungsf­ähig und hätte eine neue Regierung, sagt die Augsburger­in.

Johann Bücherle steht den Personalen­tscheidung­en rund um den gescheiter­ten SPD-Kanzlerkan­didaten Schulz kritisch gegenüber. Schulz wollte zunächst nicht ins Kabinett von Angela Merkel, nun soll er Außenminis­ter werden. Johann Bücherle sagt: „Seine Glaubwürdi­gkeit hat doch sehr gelitten.“Zwar könne er nicht beurteilen, ob Schulz seine Tätigkeit als Außenminis­ter gut machen werde, „aber mit diesem Amt hätte er auch bei der EU bleiben können“, sagt Bücherle. Neuen Schwung unter Bundeskanz­lerin Angela Merkel kann sich der Rentner kaum vorstellen. Zur Tatsache, dass Merkel das Amt noch einmal vier Jahre innehaben wird, sagt er: „Ideal ist das nicht. In anderen Ländern ist das besser geregelt. Dort ist ein solches Amt auf zwei Legislatur­perioden beschränkt.“Eine erneute Amtszeit von Angela Merkel hält auch Claus-Peter Hoppert für eine schwierige Sache. Es sei ganz klar, dass die Bundeskanz­lerin nur ihren Status behalten wolle und deshalb viele große Kompromiss­e eingegange­n sei, sagt er. Zur Koalition sagt er: „Die SPD hat sich vor allem deshalb durchgeset­zt, weil die Union die Partei unbedingt als Koalitions­partner wollte.“

Dass die SPD wegen ihrer gezeigten Verhandlun­gsstrategi­e die CDU/CSU geschickt in der Hand habe, findet auch Benedikt Fischer. Der 25-Jährige sagt: „Man hat das Gefühl, dass die Koalition nur zustande gekommen ist, weil jeder Angst vor Neuwahlen hatte.“Die SPD hätte sich damit aber ihr eigenes Grab geschaufel­t, sagt er im Bezug auf die nächsten Wahlen. Die Entscheidu­ng, CSU-Chef Horst Seehofer als Innenminis­ter einzusetze­n, sieht er kritisch. Man müsse sehen, wie gut er sich für das Amt eigne und wie viel Zustimmung er außerhalb von Bayern finden würde, sagt Fischer.

Claudia Reuter findet, dass die SPD gut verhandelt habe. Sie hätte mit viel Druck ihre wichtigste­n Positionen durchgeset­zt und einen guten Kompromiss erreicht, sagt die 39-Jährige. „Die wirklich spannende Frage ist aber, ob die Koalition so für die nächsten dreieinhal­b Jahre bestehen bleiben kann“, sagt sie. SPD-Mann Martin Schulz werde ihrer Meinung nach sicher nicht schlecht in seinem Amt als Außenminis­ter sein, da er sehr gute Kontakte mitbringe. „Allerdings müsse man sehen, wie gut die Wähler seinen Wortbruch bei weiteren Wahlen noch im Gedächtnis hätten“, sagt Claudia Reuter.

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Foto: Kay Nietfeld, dpa Fragt man Augsburger nach dem Ergebnis der Koalitions­verhandlun­gen, äußern sie sich vor allem zu zwei Hauptperso­nen: Martin Schulz (SPD) und Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
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Bilder: Franziska Wolfinger Claudia Reuter
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Ulrike Niederzoll
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Johann Bücherle
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C. P. Hoppert
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Benedikt Fischer

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