Wie werde ich ein guter Opa?
Großväter haben heute viel Zeit für ihre Enkel. Und damit eine Chance, ihre Kinder zu unterstützen. Diese Gelegenheit müssen sie aber auch ergreifen. Was ein Altersforscher dazu sagt
Wenn es um Großeltern geht, ist häufig von der Oma die Rede. Warum kommen die Opas seltener vor?
Eckhart Hammer: Großväter hatten mal eine Konjunktur Anfang des 19. Jahrhunderts. Da galten sie als gütige Ratgeber, alte Weise im Lehnstuhl. Dann wurde dieses Bild allmählich verdrängt von der guten Großmutter. Der Mann geriet in den Hintergrund, als der distanzierte, strenge Großvater, den man nicht anfassen kann.
Warum verändert sich das jetzt? Hammer: Das hat auch mit der Entwicklung der Bevölkerung zu tun. Großväter haben heute so viel Zeit mit ihren Enkeln wie nie zuvor. 1890 haben zwei Drittel aller Kinder keine Großeltern erlebt. Heute liegt das Durchschnittsalter, um Großvater zu werden, bei 56. Zugleich gehen sie früh in den Ruhestand. Und beeinflusst durch die 68er haben sie häufig auch den gleichen Anspruch, für ihre Enkel da zu sein, wie die Großmutter.
Diesen Anspruch durchzusetzen, ist aber manchmal gar nicht so einfach. Häufig steht die Großmutter immer noch im Fokus, wenn es um die Versorgung der Enkel geht.
Hammer: Das stimmt. Es geht darum, von Anfang an mitzumachen und nicht zu warten, bis die Kinder Fußball spielen können. Männer können auch wickeln. Das sollten sie selbstbewusst formulieren und vor allem durchhalten. Wenn das Baby dann mal einen Mucks macht, darf man es eben nicht gleich in die Arme der Großmutter oder Mutter geben, sondern kann sagen: Nee, das mache ich jetzt. Was manchmal auch hilft, sind separate Tage für Oma und Opa. So kann jedes Großelternteil seine eigene Beziehung zum Kind aufbauen.
Wie bereitet man sich auf die Rolle als Großvater vor?
Hammer: Es ist gut, vorher darüber nachzudenken: Wie viel möchte ich tun? Möchte ich regelmäßig auf mein Enkelkind aufpassen? Außerdem sollte man noch in der Schwangerschaft mit den künftigen Eltern besprechen, welche Erwartungen sie haben. Die künftigen Großeltern dürfen auch ehrlich sagen, dass man lieber nur einen Tag pro Woche oder nur ab und an aufpassen möchte. Ich rate auch, daran zu denken, dass die aktive Großelternrolle nur eine Durchgangsphase ist. Wer nichts mehr macht, außer Opa zu sein, steht am Ende möglicherweise mit leeren Händen da, weil die Enkel nicht mehr so viel kommen. Sich um Enkel zu kümmern, ist ja auch anstrengend. Warum soll man sich das überhaupt antun?
Hammer: Für viele Männer ist das der zentrale Ruhestandssinn. Sie haben da noch einmal was, das sie zutiefst beglückt. Dass da ein kleiner Mensch ist, für den man ganz wichtig ist. Der Sozialpsychiater Klaus Dörner hat einmal gesagt: „Jeder Mensch braucht seine Tagesdosis an Bedeutung für andere.“Gerade für Männer, die die Erziehung der eigenen Kinder ihren Frauen überlassen haben, ist es zudem eine große Chance. Sie können noch einmal Dinge erleben wie auf dem Boden zu liegen, mit einer Eisenbahn zu spielen oder mit Sandkastenförmchen zu backen. Eben alles, was man nur mit Kindern erleben kann und darf.
Das klingt, als sei Opa sein gut für die Gesundheit.
Hammer: Unbedingt. Es gibt die vier „L“, die nachweislich dafür sorgen, dass man im Alter länger gesund und fit bleibt: das Lernen, also zum Beispiel neugierig zu bleiben wie ein Kind. Das Laufen, also die Bewegung, für die Enkel ebenfalls sorgen. Das dritte „L“ist die Liebe, damit sind soziale Beziehungen gemeint: Gut eingebundene Menschen leben nachweislich länger. Und das vierte „L“steht für das Lachen. Spaß zu haben mit den Kindern und ihnen den Spielraum zu geben, den ein strenger Vater erst mal noch etwas Mühe hat zu gewähren. Und nützt es auch den Enkeln, wenn sich der Großvater aktiv einbringt, oder ist das egal – Hauptsache, Großeltern sind da? Hammer: Nein. Großväter sind ganz wichtige Partner für die Kinder – gerade in einer so feminisierten Erziehungswelt. Die Kindergärten und Schulen sind ja überwiegend weibliches Terrain. Und es ist auch immer noch so, dass die Väter häufig mehr arbeiten als die Mütter. Männliche Bezugspersonen sind aber als zweiter Pol sehr wichtig für Kinder.
Vätern sagt man ja nach, sie würden mit manchen Dingen entspannter umgehen als Mütter. Gibt es diesen Unterschied auch zwischen Omas und Opas?
Hammer: Schon. Aber im Alter nehmen auch die Ängste zu. Außerdem ist ein Enkelkind nicht das eigene Kind. Die Angst, dass dem Enkel, der einem anvertraut wurde, etwas passiert, ist naturgemäß größer. Dafür gibt es so etwas wie Altersmilde. Man sieht vieles aus einer größeren Distanz, hat noch die Erziehung der eigenen Kinder im Kopf und weiß, dass ohnehin vieles anders kommt als geplant.