Theater Mitarbeiter veruntreut fast 100 000 Euro
Die Unregelmäßigkeiten bestehen offenbar seit Jahren. Warum kein Wirtschaftsprüfer sie bemerkte
Ein Mitarbeiter des Theaters Augsburg hat offenbar über mehrere Jahre hinweg Geld veruntreut. Obwohl es sich in jedem der Fälle um kleinere Beträge handelte, war der Schaden am Ende fast sechsstellig, sagt Kaufmännischer Direktor Friedrich Meyer. Die Stadt hat dem Mitarbeiter laut Kulturreferent Thomas Weitzel fristlos gekündigt und Strafanzeige erstattet.
Die Unregelmäßigkeiten fielen im Rahmen der regelmäßigen Wirtschaftsprüfung im Theater auf. Laut Meyer handelte es sich um einen neuen Wirtschaftsprüfer; die Unternehmen, die zuvor mit der Aufgabe betraut waren, hatten das Problem nie bemerkt. „Der Mitarbeiter hat die Gelder sehr geschickt entnommen“, sagt Kulturreferent Weitzel. Der Mann steckte wohl in finanziellen Schwierigkeiten. Wenn möglich, habe er die Fehlbeträge zurückgezahlt, es gelang ihm aber nicht, den kompletten Schaden auszugleichen.
Das Jahresbudget des Theaters liegt bei 24 Millionen Euro. Im Vergleich dazu handle es sich beim veruntreuten Geld zwar um keine große Summe, sagt Meyer. Dennoch sind Theaterleitung und Kulturreferat alarmiert: „Wir versuchen, unsere Abläufe in der Buchhaltung nun so zu optimieren, dass so etwas nicht mehr passieren kann.“In dem Bereich, in dem der Mitarbeiter beschäftigt war, steht der Betrieb derzeit zwar nicht still, die Arbeitsabläufe seien aber stark beeinträchtigt. Obwohl unter anderem der Ticketverkauf betroffen ist, werden Besucher nichts mitbekommen, versichert der Kaufmännische Direktor. „An den Theaterkassen läuft alles weiter wie bisher.“
Auf das im Wirtschaftsplan ausgewiesene Defizit des Theaters – über eine Million Euro – habe sich das Verhalten des Mannes laut Meyer nicht direkt ausgewirkt: „Die Manipulation führte aber dazu, dass im Tresor nicht so viel Geld lag, wie dort eigentlich liegen sollte.“
Im Theater selbst geht man offensiv mit dem Fall um. Die Mitarbeiter wurden am Freitagnachmittag durch einen Aushang über die Vorfälle und die Kündigung des Mitarbeiters in Kenntnis gesetzt. Bei aller Rigorosität, mit der der Fall verfolgt werde, müsse aber auch der Schutz des Mitarbeiters, der über viele Jahre im Theater angestellt war, gewährleistet sein.
Wie hoch der Schaden in diesem Fall wirklich ist, wird sich herausstellen, wenn die Prüfung abgeschlossen ist. Laut Kaufmännischem Direktor Friedrich Meyer stehen die Chancen gut, dass eine Versicherung dafür aufkommt.
Es ist nicht das erste Mal, dass es finanzielle Unregelmäßigkeiten in einer Augsburger Kultureinrichtung gibt: Im August 2015 hatte sich die Stadt überraschend vom damaligen Geschäftsführer des Gögginger Kurhauses getrennt. Er habe, so hieß es damals, einen niedrigen fünfstelligen Betrag veruntreut. Der Verdacht, er habe sich Vorschüsse ausbezahlt und nicht zurückerstattet, erhärtete sich gut ein Jahr später vor Gericht allerdings nicht: Im Januar 2017 wurde das Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Kurhaus-Chef wegen geringer Schuld eingestellt.
Unabhängig vom aktuellen Fall der Veruntreuung ist die Halbzeitbilanz der neuen Theaterriege zu sehen. Seit September ist Intendant André Bücker mit seinem Team in Augsburg am Start. Unser Autor Rüdiger Heinze beleuchtet, wie diese ersten Monate gelaufen sind.