Aichacher Nachrichten

Wenn Sammeln zur Leidenscha­ft wird

Werner Schlaegel aus Pöttmes freut sich über eine stattliche Anzahl an antiken Fahrrädern, Mopeds und vielen anderen selten gewordenen Gegenständ­en. Seit jeher haben es ihm die alten Dinge angetan. Dafür braucht er Platz – viel Platz

- VON VICKY JEANTY

Pöttmes „Ich wollte etwas anderes haben, als alle anderen.“Das „etwas Andere“, dem der Pöttmeser Werner Schlaegel seit gut 35 Jahren hinterher ist, bescherte dem 54-Jährigen mittlerwei­le eine Fülle an antiken Dingen und Geräten unterschie­dlicher Art. Autos, Mopeds, Motorräder, Fahrräder, Schilder, Nähmaschin­en, Uhrwerke und andere technische Geräte füllen Garagen und Keller, einen angemietet­en Kuhstall und das private Wohnhaus. „Es sind unzählige“, antwortet Schlaegel auf die Frage, wie viele Objekte er in den vielen Jahren erworben hat.

Die Faszinatio­n für alte Dinge hat den Geschäftsf­ührer der Druckerei Schlaegel bereits als Jugendlich­er gepackt. Er war gerade mal 13 Jahre alt, als er den ersten Flohmarkt in Pöttmes organisier­te und damit den Kolpingver­ein unterstütz­te. Im Hof der Firma Ziegler an der Schrobenha­usener Straße fand ein Mal monatlich ein gut besuchter Flohmarkt statt. Damals wollten viele Angehörige das „oide Glump“, das ihre Vorfahren in Gehöften und Scheunen gelagert hatten, umgehend loswerden, erzählt Schlaegel. Die Klientel kam aus dem Umland, wenn auch viele sich anfangs regel- schämten und hofften, nicht gesehen zu werden, wenn sie etwas kauften. Dass die Flohmarktt­radition in Pöttmes in der Folge aufrechter­halten wurde, ist auch Schlaegels Verdienst. Zusammen mit Fredl Schropp organisier­te er ab 1996 zehn Jahre lang den Pöttmeser Trödelmark­t auf dem Marktplatz. Erst in den vergangene­n Jahren gingen sowohl die Zahl der Händler als auch der Kunden zurück, sodass seit einiger Zeit alles eingeschla­fen ist.

Hellwach ist Werner Schlaegel in all den Jahren geblieben. Sein Faible für einfache Dinge ist weit mehr als eine simple Liebhabere­i, schon erst recht kein gesponnene­s Hobby, mit dem der selbst ernannte „Gruschtler“seine Freizeit ausfüllt. Seine Sammelleid­enschaft wird geschürt von der Freude, mittels der alten Dinge ein Gespür für deren Geschichte und Herkunft zu bekommen. Schlaegel besucht leidenscha­ftlich gern Flohmärkte. Hier schaut er auch gerne mal unter die Händlertis­che und entdeckt in den Kartons regelmäßig scheinbar unscheinba­re Dinge. Er ist begeistert von der genialen, einfachen Konstrukti­on eines aus Holz gefertigte­n Kinderlauf­rads. Er kurvt durch Pöttmes auf einem uralten Hofmann-Fahrrad. Sein Lieblingsm­oped der Marke Hercules 200, Baujahr 1928, hat er in den 90er-Jahren über eine Annonce gekauft. „Das Moped stand unbeschare­cht det in der Garage einer älteren Frau. Sie konnte sich noch daran erinnern, wie ihr Vater damit zum letzten Mal gefahren ist“, sagt Schlaegel. Das museumsrei­fe gute Stück ist unverkäufl­ich, dafür voll funktionst­üchtig und regelmäßig in Betrieb. Seine neueste Errungensc­haft, ebenfalls eine Hercules, ist laut Schlaegel in einem „fürchterli­chem Zustand“. Zurzeit ruht sie neben den vielen anderen motorisier­ten Gefährten im Keller. In tadellosem Zustand ist sein Opel P2 Olympia Caravan, Baujahr 1961, mit dem er schon mal über den Brenner bis nach Italien gefahren ist. Zu seinem Oldtimer-Fuhrpark gehören zudem ein Opel Kadett und eine Isetta. Mit 18 Jahren war sein erstes Auto ein Goggomobil. „Das war damals älter als ich“, erzählt er und lacht. Dass Pöttmes seit 20 Jahren einmal im Jahr zum Mekka aller Oldtimer-Freunde und -besitzer wird, daran ist selbstvers­tändlich auch Werner Schlaegel beteiligt. Mit dem Oldtimer-Verein, den er mitgebegrü­ndet hat und dessen Vorsitzend­er er viele Jahr war, hat er eine Veranstalt­ung auf die Beine gestellt, die unter Kennern ein exzellente­s Renommee genießt. Im vergangene­n Jahr waren es über 800 Teilnehmer, zusätzlich lockt ein bestens bestückter Teilemarkt die Besucher an. Einen Oldtimer-Treff dieser Größe gibt es im weiten Umkreis nicht.

Schlaegel gibt gerne und oft Auskunft über allerlei Antiquität­en, nicht nur über alte Mopeds und Motorräder. Notfalls stöbert er in der Fachlitera­tur oder in Zeitschrif­ten. Eine Preisexplo­sion gebe es vor allem bei gefragten Modellen und Marken, beispielsw­eise für Käfer, VW-Bus, Mercedes oder Opel, für die sich die breite Öffentlich­keit gerade interessie­re. Wenn man diesen Trend nicht mitmache, sei es ein relatives günstiges Hobby. Schlaegel fügt hinzu: „Damit kann man zwar kein Geld verdienen, aber es macht Spaß, etwas Einzigarti­ges zu haben.“Hinzu kommt, dass er höchst selten einen Teil seiner Sammlung verkauft. Dazu hänge er viel zu sehr an den Dingen, bestätigt er.

Werner Schlaegel blickt über den reinen Sammler-Tellerrand hinaus. Das Sammeln geht einher mit seiner Lebenseins­tellung, er erkennt und schätzt den Wert bewährter Dinge. Im weitesten Sinne sieht man auch den ökologisch­en Sinn dahinter, wenn er bemerkt: „ Mein alter Opel kann sein Lebtag nicht mehr so viele Schadstoff­e produziere­n, wie ein neues Auto bereits bei der Herstellun­g verursacht.“

 ?? Fotos: Vicky Jeanty ?? Werner Schlaegel aus Pöttmes sammelt aus purer Leidenscha­ft. Sogar an seinem Arbeitspla­tz, der Druckerei Schlaegel in der Neuburgers­traße, umgibt er sich mit Dingen, die ihm besonders am Herzen liegen. Dazu ge hören, unter anderem, seine fahrtüchti­ge...
Fotos: Vicky Jeanty Werner Schlaegel aus Pöttmes sammelt aus purer Leidenscha­ft. Sogar an seinem Arbeitspla­tz, der Druckerei Schlaegel in der Neuburgers­traße, umgibt er sich mit Dingen, die ihm besonders am Herzen liegen. Dazu ge hören, unter anderem, seine fahrtüchti­ge...
 ??  ?? Trotz ihres hohen Alters sind sowohl das Fahrrad, das Kindertret­rad wie auch das Quickly Moped voll funk tionstücht­ig. Vor Kurzem hat Werner Schlaegel sie auf der Augsburger Messe ausgestell­t und noch nicht verräumt. Um seine vielen Sammlerstü­cke...
Trotz ihres hohen Alters sind sowohl das Fahrrad, das Kindertret­rad wie auch das Quickly Moped voll funk tionstücht­ig. Vor Kurzem hat Werner Schlaegel sie auf der Augsburger Messe ausgestell­t und noch nicht verräumt. Um seine vielen Sammlerstü­cke...
 ??  ?? Werner Schlaegel hat es auf Blechschil­der mit besonderen Aufschrift­en abgesehen. Zu den Kuriosität­en gehört das Schild oben rechts, das er in München entdeckt hat. Die Mitgliedsc­haft im Begräbnisv­erein sei für all jene, die wenig Geld verdienten, die...
Werner Schlaegel hat es auf Blechschil­der mit besonderen Aufschrift­en abgesehen. Zu den Kuriosität­en gehört das Schild oben rechts, das er in München entdeckt hat. Die Mitgliedsc­haft im Begräbnisv­erein sei für all jene, die wenig Geld verdienten, die...
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Um 1908 fand in Pöttmes eine große Fahrradver­an staltung statt. Das „All Heil“sei damals die gängige Flos kel gewesen, mit der man den Sportlern ein erfolgrei ches Rennen wünschte.

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