Das Räuberleben ist ihr Metier
Katrin Freund aus Kissing zieht viele verschiedene Fäden – sogar bei der Augsburger Puppenkiste. Warum der Bayerische Hiasl im Leben des künstlerischen Allround-Talents einen ganz besonderen Platz hat
Kissing Da staunten die Besucher beim Jubiläum des Vereins Bayerischer Hiasl nicht schlecht, als der sagenumwobene Räuberanführer und Wildschütz sogar persönlich auf der Feier auftauchte. In Gesellschaft seines „Buas“, des treuen Gefährten, besuchte er den Vorstand des historischen Fördervereins in Kissing und mischte die auf die Bühne gebrachte Sitzung ordentlich auf. Die beiden von Katrin Freund handgeschnitzten Figuren wurden bei der Jubiläums-Veranstaltung von ihr und ihrem Ehemann Werner geführt.
Der kreativen jungen Kissingerin, die seit einem Jahr auch in der Augsburger Puppenkiste die Fäden zieht, hat es die Räuberwelt angetan. Und so bot sie zum 20. Geburtstag des Kissinger Vereins auch einige musikalische Kostproben aus ihrem Soloprogramm in der Räubersprache Rotwelsch, das sie mit selbst gemalten Moritatentafeln illustrierte. „Ich habe mich schon immer für Räuber und Randgruppen interessiert, dazu kam die große Leidenschaft fürs Theaterspiel, auch schon als Kind, und auch die Lust am Basteln und selbst Gestalten“, erzählt die 32-jährige Kissingerin.
2006 gründete sie zusammen mit Freunden in ihrem Heimatort einen Verein für Räubertheater mit dem Namen „Hoppsavivainsgemein“. Diese Aktivitäten ruhen derzeit, nicht aber Katrin Freunds Interesse am Räuberleben. Große Faszination üben auf Katrin Freund beispielsweise die im Gaunerjargon verfassten Balladen von Francois Villon aus, der als bedeutendster Dichter des französischen Spätmittelalters gilt und im Laufe seines abenteuerlichen Lebens im Kriminellenmilieu des Pariser Untergrunds landete. Aus Sympathie hat die Kissingerin den Namen dieser Gaunermafia, der sogenannten Coquillards, in der Adresse ihrer Homepage aufgenommen (http://www.katrin-lacoquillarde.de).
Dort im Internet offenbart sich das ganze künstlerische Können Katrin Freund, das bei Räubern und Moritaten anfängt, und über derzeit vier verschiedene Bühnenprogramme zu Räubern unserer Heimat von Francois Villon bis zu Neidhart von Reuental, sowie über die Herstellung der passenden Puppen, die begleitende Malerei, die Kostüme bis hin zur Musik der jeweiligen Epochen reicht. Die Kissingerin ist ein künstlerisches Allround-Talent, Autodidaktin und dazu auch Perfektionistin. „Die Quellenlage ist manchmal sehr schlecht und die Recherche harte Arbeit“, berichtet sie. Mit halben Sachen gibt sie sich allerdings nicht zufrieden. Über das Räuberleben recherchiert sie auch anhand von Gerichtsakten, denn „das Internet ist eine sehr schwierige Quelle, da gibt es viel Unbrauchbares und Unwahres“.
Puppen und Marionetten zu ihren Stücken stellt sie selbst her und schnitzt Kopf, Hände und Füße aus Lindenholz. Requisiten und Bühnenbilder werden ebenfalls selbst entworfen und gefertigt. „So gestalte ich beispielsweise für die Moritatentafeln, die ich für meine Bänkelsang-Auftritte benötige, zunächst mit Bleistift die Szenerie (Storyboard) und überlege mir, wie ich die einzelnen Figuren und ihr Umfeld darstellen möchte. Wenn ich mit diesen Skizzen zufrieden bin, übertrage ich sie auf die Leinwand und male die Moritatentafel in Öl.“
Die Kleidung, die Katrin Freund auf der Bühne zeigt, trägt entscheidend zum Gesamtbild bei, das der Zuschauer von einer Szenerie bekommt. „Deshalb ist es mir wichtig, für meine Darstellungen Kostüme zu wählen, die zum jeweiligen Handlungszeitraum des Stückes oder Projektes passen. Mein Ziel ist es dabei, tatsächliche, nutzbare Kleidung mit den Materialien und Techniken der damaligen Zeit basierend auf meist umfangreichen Recherchen zu nähen“, erklärt die Kissingerin.
Das Räubertheater und die Falschbettelei, Gedichte und Lieder im Gaunerjargon sind ihr Leben. „Ich habe aber auch einen ,anständigen’ Beruf gelernt“, erzählt Katrin Freud und lacht. Ihr Biologiestudium hat sie bis zum Master of Science vollendet. Ihr Spezialgebiet sind dabei einheimische Schnecken. Aquarien und Terrarien mit Wasserschnecken stehen in ihrem Arbeitszimmer genauso wie der Computer, die Nähmaschine und die Werkbank zum Schnitzen. Die Promotion in Biologie ruht derzeit etwas, da so viele Projekte anstehen. „Ich bin zur Zeit hundert Prozent künstlerisch unterwegs“, sagt Kavon trin Freund. „Mein Leben hat eine ganz andere Richtung genommen und ich bin damit vollauf zufrieden.“
Bei Mittelalterfestivals wie dem Mediaval bei Hof (Franken) war sie von Anfang an dabei. Das sind immerhin zehn Jahre. „Viel kam über den Bayerischen Hiasl und ich war schon lange vor meiner Mitgliedschaft dort im Verein aktiv“, erzählt die Kissingerin. Im Museum unterstützte sie Barbara Kurz, denn als Museumspädagogin hat sie bereits viel Erfahrung. Auch im Münchner Jagd- und Fischereimuseum organisiert sie immer wieder Veranstaltungen.
„Ich bin zur Zeit hundert Prozent künstlerisch unterwegs.“
Katrin Freund