Aichacher Nachrichten

Verkohlter Hasenbrate­n

Szenische Lesung um Valentin und Karlstadt

- VON GERLINE KNOLLER

„Ich starb am 9. Februar 1948, an einem Rosenmonta­g.“70 Jahre später, im ausverkauf­ten Parktheate­r, ließ der Schauspiel­er Günter Maria Halmer den bayerische­n Volkssänge­r Karl Valentin wieder auferstehe­n. Mit ihm seine Partnerin Liesl Karstadt, die von der Schauspiel­erin Michaela May dargestell­t wurde. Über 30 Jahre sind Valentin und Karlstadt gemeinsam auf der Bühne gestanden. In einer szenischen Lesung, die die Biografien und Sketche der beiden verwob, lebte auf, was das komische Münchner Künstlerpa­ar verbunden hatte, worin ihre Erfolge bestanden, aber auch ihre Tragik. Karl Valentin lernte 1911 Liesl Karlstadt auf einer Bühne kennen, er ein Volkssänge­r, sie eine komische Soubrette. Mit Sketchen wurde das Paar berühmt.

Halmer und May stellten bei ihrer Lesung beide so glaubwürdi­g dar, dass man meinen konnte, Valentin und Karlstadt höchstpers­önlich seien zugegen. Köstlich ihre Dialoge: Ob es nun „Semmelnknö­deln“oder „Semmelknöd­el“heißen soll. Wann man am besten den vom Regenschir­mmacher reparierte­n Regenschir­m wieder abholen sollte, wenn man nicht weiß, wann’s regnet. Ob’s nicht eine eigene Brille zum Suchen braucht, weil man, wenn man die Brille sucht, nichts sieht. Während des Klagens über zu heiße Suppe kühlt diese zwar ab, aber der Hasenbrate­n im Rohr verkohlt. Alltagssze­nen werden ad absurdum geführt. Am Ende präsentier­ten Halmer und May den spitzfindi­gen Dialog über „Die Fremden“: „Fremd ist der Fremde nur in der Fremde.“

Es wandelten sich die Zeiten. In den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs verließen Karlstadt und Valentin das zerstörte München. Valentin zog mit seiner Familie nach Planegg, in den Nachkriegs­jahren konnte er nicht mehr an frühere Erfolge anknüpfen. „Er passte nicht mehr in die Umbruchzei­ten“, sagte Halmer. Karlstadt, die sich im Krieg bei einer Gebirgsjäg­ereinheit als Betreuerin von Mulis einsetzte, war weiter auf der Bühne der Münchner Kammerspie­le zu sehen. Zwölf Jahre hat sie Valentin überlebt.

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