Finnland wird immer größer
Teile Skandinaviens wachsen stetig aus dem Wasser. Woher kommt das?
Helsinki Steigende Meeresspiegel bedrohen aufgrund des Klimawandels die Küstenorte weltweit. Doch in Schweden und Finnland ist das anders. „Wir sind hier ziemlich sicher“, meint der finnische Geodäsie-Professor Martin Vermeer. Denn dort liefert sich die Natur ein besonderes „Rennen“: Das Wasser steigt, doch das Land steigt auch – und zwar schneller.
Das Phänomen ist ein Relikt aus der Eiszeit. Als vor mehr als 10000 Jahren die riesigen Eispanzer zu schmelzen begannen, ließ der Druck auf die Landmasse nach. In jahrhundertelanger Zeitlupe kommt sie seitdem wieder „hoch“. Im schwedischen Ratan etwa veränderte sich der Meeresspiegel seit Beginn der Messungen 1892 um fast einen Meter. Allein in den vergangenen 30 Jahren erhob sich das Land um mehr als 22 Zentimeter. Den Unterschied kann man mit bloßem Auge sehen, wenn man alte Fotos vergleicht. Oder wenn man hinausfährt zum Stein von Anders Celsius an der Küste der Insel Lövgrund. Dort markierte der für seine Temperaturskala weltberühmte Physiker 1731 den Wasserstand an einem Felsbrocken, auf dem sich früher Seehunde sonnten. Inzwischen ragt dieser Stein so weit aus dem Wasser, dass kein Seehund mehr hinaufkäme. Die Küstenlinie dort hat sich um bis zu 300 Meter verschoben. Und Finnland bekommt jedes Jahr 700 Hektar Land dazu, sagt Vermeer. „Aber das ist ein sehr schmaler und sehr langer Streifen, mit dem man nicht viel anfangen kann.“Die Landanhebung bringt Schweden und Finnland bisher eher Probleme. Die Fahrwasser zu den großen Häfen werden immer flacher. Am nördlichen Zipfel der Ostsee, knapp unter dem Polarkreis, wird Eisenerz abgebaut. Doch die immer größer werdenden Schiffe können den Hafen von Luleå nicht mehr anlaufen. Ein aufgegebener Hafen liegt heute zehn Kilometer im Landesinneren.
Ein großes Problem ist laut Vermeer, dass sich das Land in Finnland nicht gleichmäßig hebt. An der Küste steigt es stärker als im Inneren – und neigt sich damit entgegen der Fließrichtung großer Flüsse. „Sie erreichen das Meer nicht mehr richtig“, sagt der Wissenschaftler. Besonders zur Schneeschmelze führt das zu Überschwemmungen.