Wie weit Augsburg vom Fahrverbot entfernt ist
Die zulässigen Schadstoff-Grenzwerte werden an einigen Stellen in der Stadt überschritten. Die Verwaltung steht unter Druck, etwas zu verbessern, denn eine Klage ist noch nicht abschließend vom Tisch
Das Bundesverwaltungsgericht hat seine für gestern angekündigte Entscheidung über Fahrverbote in deutschen Städten vertagt. Sie soll nun am Dienstag fallen. In Augsburg sieht man dem Ausgang der Entscheidung (noch) relativ gelassen entgegen. Die zulässigen Grenzwerte werden zwar auch hier überschritten, aber längst nicht so häufig und so stark wie in anderen Städten.
Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) betont, das Urteil werde in Augsburg deshalb „nicht unmittelbar durchschlagen“. Zwar wurde 2017 in Augsburg an der Messstation in der Karlstraße der zulässige Stickoxidwert von 40 Mikrogramm um vier Mikrogramm überschritten (zum Vergleich: In München sind es 78, in Stuttgart 73 Mikrogramm), allerdings möchte die Stadt die Schadstoffbelastung durch andere Maßnahmen senken.
„Wir haben keinen Plan für ein Fahrverbot in der Schublade“, sagt Umweltreferent Reiner Erben (Grüne). Die Situation in Augsburg sei mit der in hochbelasteten Ballungsräumen nicht zu vergleichen. „Und ohne eine Regelung für eine blaue Plakette, über die auf Bundesebene entschieden werden müsste, wäre ein Fahrverbot gar nicht durchführbar“, so Erben.
Dass Fahrverbote in anderen Städten ein Thema sind, liegt daran, dass der Umweltverband „Deutsche Umwelthilfe“die jeweiligen Länder erfolgreich verklagt hat. Für Augsburg hatte der Umweltverband – wie für 45 andere Städte auch – im vergangenen Sommer eine Klage in den Raum gestellt, diese Überlegungen dann aber nicht mehr weiterverfolgt. Man behalte sich aber eine Klage vor, so der Verband.
Augsburg ist wie 60 andere Städte momentan dabei, einen Masterplan zu erarbeiten, der darstellt, wie die Schadstoffbelastung sinken soll. Die Erstellung wird aus dem eine Milliarde Euro schweren Fördertopf finanziert, den Bundesregierung und Autohersteller im Zuge des „DieselGipfels“vereinbart hatten. Das Papier muss bis Ende Juli fertig sein. „Wir legen die Hände nicht in den Schoß“, so Erben.
Im Masterplan werden Vorschläge gemacht, etwa die Förderung von Elektromobilität. Die Stadtwerke haben Pläne für 16 neue Ladesäulen. Die Zahl von momentan 150 Elektroautos in Augsburg sei steigerungsfähig. Zudem gibt es Überlegungen für „intelligente Ampeln“. Sie sollen dafür sorgen, dass der Verkehr flüssiger wird, indem sie abhängig vom aktuellen Verkehrsaufkommen zwischen verschiedenen Schaltprogrammen wechseln. In diesem Jahr ist ohnehin eine Installation in der Haunstetter Straße geplant, für alle Augsburger Ein- und Ausfallstraßen dürften die Kosten bei sieben Millionen Euro liegen. Man werde die schon ergriffenen zur Stärkung des Nahverkehrs und des Fahrrads unabhängig vom Urteil vorantreiben, so Gribl. Man müsse hinsichtlich weiterer Maßnahmen „kreativ sein“.
Tätig geworden ist die Stadt bereits in der Karlstraße, wo eine der Innenstadt-Luft-Messstationen des Landesamtes für Umwelt steht. Hier wurde das Schaltprogramm der Ampeln in Fahrtrichtung Jakobertor geändert. Vor allem an der Mages-Kreuzung soll es weniger Rückstaus geben. „Ziel ist aber nur eine Verflüssigung des Verkehrs, keine Beschleunigung“, so Erben. Aufgrund der Gegebenheiten biete sich bei viel Verkehr für Autofahrer ohnehin nur Tempo 40 in der Straße an. „Dabei soll es bleiben. Wir wollen nicht mehr Verkehr in die Straße ziehen.“Man werde in Absprache mit den Stadtwerken, deren Trams auf der querenden Karolinenstraße eine Vorrangschaltung an der Ampel haben, versuchen, den Verkehr weiter zu verflüssigen.
Laut Berechnungen zur Schadstoffverteilung (bezogen auf das Jahr 2015) ist nicht nur die Karlstraße, wo real gemessen wird, von zu hohen Stickoxidwerten betroffen. Damals wurden auch für den an die Karlstraße anschließenden Leonhardsberg, die Wertachstraße und einen Abschnitt der Frauentorstraße zu hohe Werte berechnet. Teils noch höher sind sie an der B 17 und der Inverness-Allee, der Sebastianund der Stadtbachstraße – rechtlich gesehen spielt das aber keine Rolle, weil hier laut Stadt keine WohngeMaßnahmen bäude betroffen sind oder diese Werte nur zwischen Schallschutzwänden zu finden sind.
Seit 2016 dürfen in die Umweltzone in der Innenstadt nur noch Autos mit grüner Plakette fahren. Damals hat die Stadt rund 26 000 Autos ausgesperrt. Der Effekt war allerdings minimal. Der Schritt dürfte vor allem erfolgt sein, um im Fall einer Klage nachweisen zu können, dass man aktiv Schritte zur Luftreinhaltung unternimmt. Stickstoffdioxid, das vor allem von DieselAutos ausgestoßen wird, wird für Lungen- und Herzerkrankungen verantwortlich gemacht.
Der Diesel-Motor, der jetzt so umstritten ist, wurde einst in Augsburg erfunden.