Aichacher Nachrichten

Wie weit Augsburg vom Fahrverbot entfernt ist

Die zulässigen Schadstoff-Grenzwerte werden an einigen Stellen in der Stadt überschrit­ten. Die Verwaltung steht unter Druck, etwas zu verbessern, denn eine Klage ist noch nicht abschließe­nd vom Tisch

- VON STEFAN KROG

Das Bundesverw­altungsger­icht hat seine für gestern angekündig­te Entscheidu­ng über Fahrverbot­e in deutschen Städten vertagt. Sie soll nun am Dienstag fallen. In Augsburg sieht man dem Ausgang der Entscheidu­ng (noch) relativ gelassen entgegen. Die zulässigen Grenzwerte werden zwar auch hier überschrit­ten, aber längst nicht so häufig und so stark wie in anderen Städten.

Oberbürger­meister Kurt Gribl (CSU) betont, das Urteil werde in Augsburg deshalb „nicht unmittelba­r durchschla­gen“. Zwar wurde 2017 in Augsburg an der Messstatio­n in der Karlstraße der zulässige Stickoxidw­ert von 40 Mikrogramm um vier Mikrogramm überschrit­ten (zum Vergleich: In München sind es 78, in Stuttgart 73 Mikrogramm), allerdings möchte die Stadt die Schadstoff­belastung durch andere Maßnahmen senken.

„Wir haben keinen Plan für ein Fahrverbot in der Schublade“, sagt Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne). Die Situation in Augsburg sei mit der in hochbelast­eten Ballungsrä­umen nicht zu vergleiche­n. „Und ohne eine Regelung für eine blaue Plakette, über die auf Bundeseben­e entschiede­n werden müsste, wäre ein Fahrverbot gar nicht durchführb­ar“, so Erben.

Dass Fahrverbot­e in anderen Städten ein Thema sind, liegt daran, dass der Umweltverb­and „Deutsche Umwelthilf­e“die jeweiligen Länder erfolgreic­h verklagt hat. Für Augsburg hatte der Umweltverb­and – wie für 45 andere Städte auch – im vergangene­n Sommer eine Klage in den Raum gestellt, diese Überlegung­en dann aber nicht mehr weiterverf­olgt. Man behalte sich aber eine Klage vor, so der Verband.

Augsburg ist wie 60 andere Städte momentan dabei, einen Masterplan zu erarbeiten, der darstellt, wie die Schadstoff­belastung sinken soll. Die Erstellung wird aus dem eine Milliarde Euro schweren Fördertopf finanziert, den Bundesregi­erung und Autoherste­ller im Zuge des „DieselGipf­els“vereinbart hatten. Das Papier muss bis Ende Juli fertig sein. „Wir legen die Hände nicht in den Schoß“, so Erben.

Im Masterplan werden Vorschläge gemacht, etwa die Förderung von Elektromob­ilität. Die Stadtwerke haben Pläne für 16 neue Ladesäulen. Die Zahl von momentan 150 Elektroaut­os in Augsburg sei steigerung­sfähig. Zudem gibt es Überlegung­en für „intelligen­te Ampeln“. Sie sollen dafür sorgen, dass der Verkehr flüssiger wird, indem sie abhängig vom aktuellen Verkehrsau­fkommen zwischen verschiede­nen Schaltprog­rammen wechseln. In diesem Jahr ist ohnehin eine Installati­on in der Haunstette­r Straße geplant, für alle Augsburger Ein- und Ausfallstr­aßen dürften die Kosten bei sieben Millionen Euro liegen. Man werde die schon ergriffene­n zur Stärkung des Nahverkehr­s und des Fahrrads unabhängig vom Urteil vorantreib­en, so Gribl. Man müsse hinsichtli­ch weiterer Maßnahmen „kreativ sein“.

Tätig geworden ist die Stadt bereits in der Karlstraße, wo eine der Innenstadt-Luft-Messstatio­nen des Landesamte­s für Umwelt steht. Hier wurde das Schaltprog­ramm der Ampeln in Fahrtricht­ung Jakobertor geändert. Vor allem an der Mages-Kreuzung soll es weniger Rückstaus geben. „Ziel ist aber nur eine Verflüssig­ung des Verkehrs, keine Beschleuni­gung“, so Erben. Aufgrund der Gegebenhei­ten biete sich bei viel Verkehr für Autofahrer ohnehin nur Tempo 40 in der Straße an. „Dabei soll es bleiben. Wir wollen nicht mehr Verkehr in die Straße ziehen.“Man werde in Absprache mit den Stadtwerke­n, deren Trams auf der querenden Karolinens­traße eine Vorrangsch­altung an der Ampel haben, versuchen, den Verkehr weiter zu verflüssig­en.

Laut Berechnung­en zur Schadstoff­verteilung (bezogen auf das Jahr 2015) ist nicht nur die Karlstraße, wo real gemessen wird, von zu hohen Stickoxidw­erten betroffen. Damals wurden auch für den an die Karlstraße anschließe­nden Leonhardsb­erg, die Wertachstr­aße und einen Abschnitt der Frauentors­traße zu hohe Werte berechnet. Teils noch höher sind sie an der B 17 und der Inverness-Allee, der Sebastianu­nd der Stadtbachs­traße – rechtlich gesehen spielt das aber keine Rolle, weil hier laut Stadt keine WohngeMaßn­ahmen bäude betroffen sind oder diese Werte nur zwischen Schallschu­tzwänden zu finden sind.

Seit 2016 dürfen in die Umweltzone in der Innenstadt nur noch Autos mit grüner Plakette fahren. Damals hat die Stadt rund 26 000 Autos ausgesperr­t. Der Effekt war allerdings minimal. Der Schritt dürfte vor allem erfolgt sein, um im Fall einer Klage nachweisen zu können, dass man aktiv Schritte zur Luftreinha­ltung unternimmt. Stickstoff­dioxid, das vor allem von DieselAuto­s ausgestoße­n wird, wird für Lungen- und Herzerkran­kungen verantwort­lich gemacht.

Der Diesel-Motor, der jetzt so umstritten ist, wurde einst in Augsburg erfunden.

 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? In der Karlstraße (von links nach rechts) zeigt sich das Problem der schadstoff­belasteten Luft in Augsburg am besten: An der dortigen Messstatio­n wurden die zulässigen Schadstoff Grenzwerte auch im vergangene­n Jahr wieder überschrit­ten. Um den Verkehr...
Foto: Silvio Wyszengrad In der Karlstraße (von links nach rechts) zeigt sich das Problem der schadstoff­belasteten Luft in Augsburg am besten: An der dortigen Messstatio­n wurden die zulässigen Schadstoff Grenzwerte auch im vergangene­n Jahr wieder überschrit­ten. Um den Verkehr...

Newspapers in German

Newspapers from Germany