Aichacher Nachrichten

Ein Festival ohne Glanz und Glamour?

- VON NICOLE PRESTLE nip@augsburger allgemeine.de

Bert Brecht und seine Heimat Augsburg – lange war das ein schwierige­s Verhältnis. Die Kommunalpo­litik konnte sich nie richtig anfreunden mit dem literarisc­hen Genie. Irgendwann aber wurde den Handelnden auch hier klar: Man kommt als Geburtssta­dt nicht vorbei an diesem Mann, dessen Stücke weltweit gespielt werden.

Also tastete sich die Stadt heran: Sie erwarb sein Geburtshau­s und richtete eine Gedenkstät­te ein. Sie schuf eine Brecht-Forschungs­stelle und stiftete den Brecht-Preis, der inzwischen alle zwei Jahre vergeben wird. 2006 beschloss man, zu Brechts Ehren auch ein regelmäßig­es Festival aufzulegen. Die erste Version hieß „AugsburgBr­echtConnec­ted“– kurz abc-Festival – und war ein Riesenerfo­lg: Der künstleris­che Leiter Albert Ostermaier holte Sänger Herbert Grönemeyer, Schauspiel­er Udo Wachtveitl und andere Prominente nach Augsburg. Es war ein Sommerfest­ival, im Juli. Überall in der Innenstadt konnte man in diesen Tagen interessan­ten Menschen begegnen.

Seitdem sind viele Jahre vergangen – und mindestens so viele politische Auseinande­rsetzungen. Oft

Es schien ein Muss, den Festivalle­iter abzusetzen

waren sie heftig, meist entzündete­n sie sich an der Festivalle­itung. Fast konnte man den Eindruck gewinnen, jeder neue Kulturrefe­rent sei geradezu verpflicht­et, den Festivalle­iter abzusetzen, den der Vorgänger eingesetzt hatte. So folgte Joachim Lang auf Albert Ostermaier und Patrick Wengenroth auf Joachim Lang. Keine dieser Personalen­tscheidung­en wurde still gefällt, die hitzigen Debatten in den politische­n Gremien waren oft unterhalts­amer als ein Theaterabe­nd. Um Inhalte ging es dabei manchmal – aber leider viel zu selten.

Nun hat diesen Freitag wieder ein Brechtfest­ival begonnen, wobei der aktuelle Termin vollkommen willkürlic­h erscheint. Brechts Geburtstag am 10. Februar – das Datum, das einst ausschlagg­ebend war für eine Verlegung in den Winter – ist schließlic­h längst vorüber. Vorüber sind auch die Zeiten, in denen die Besucher gespannt sein durften, welche Spitzen während der Eröffnungs­reden wohl platziert würden, nur um die Debatte auch zu diesem Anlass anzufachen. Es ist ruhig geworden ums Brechtfest­ival. Fast schon zu ruhig!

Wer das Programm studiert, findet zwar viele Termine. Prominente, wie sie Ostermaier und auch Lang (Milva, Heino Ferch, Iris Berben ...) holten, tauchen aber kaum noch auf. Jetzt sind es fast ausschließ­lich Augsburger Akteure, die dieses Festival gestalten. Kein Promi-Glanz, kein Glamour. Das muss nicht heißen, dass die Reihe an Qualität verloren hat. Die Einbindung lokaler Akteure war ja auch eine unmissvers­tändliche Vorgabe, die Kulturrefe­rent Thomas Weitzel an Festivalle­iter Wengenroth stellte. Die Hoffnung aber, Augsburg könnte mit dem Brechtfest­ival langfristi­g auch überregion­al punkten, droht sich durch diese Neuausrich­tung zu zerschlage­n.

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