Aichacher Nachrichten

Von der Kunst, Menschen mitzunehme­n

Friedbergs Altbürgerm­eister und Ehrenbürge­r Albert Kling wird heute 80 Jahre alt. In seiner langen Amtszeit stellte er viele Weichen, die die Stadt noch heute prägen

- VON THOMAS GOSSNER

Friedberg Kleine Dinge haben manchmal große Auswirkung­en. Als der frisch verheirate­te Albert Kling 1960 mit seiner Frau Marianne von Hochzoll nach FriedbergW­est zog, gab es im Stadtteil noch keine einzige befestigte Straße. „Ich gehe in den Stadtrat, damit bei uns geteert wird“, sagte der junge Mann, der sich bei der Stadtverwa­ltung Augsburg gerade die ersten berufliche­n Sporen verdiente. Und tatsächlic­h eroberte er nicht nur auf Anhieb ein Mandat, sondern wurde schon bald zur bestimmend­en Kraft der Friedberge­r Kommunalpo­litik. Heute feiert Kling, der von 1978 bis 2002 als Bürgermeis­ter die Geschicke der Stadt lenkte, seinen 80. Geburtstag. Freilich waren es nicht nur Staub und Schmutz auf den Straßen im Stadtteil, die Albert Kling aktiv werden ließen. „Ich wollte in der Gesellscha­ft mitwirken“, sagt der Politiker, der sich früh in der katholisch­en Jugend engagierte und über die Junge Union zur CSU kam. Im damals recht beschaulic­hen Friedberg fiel der junge Mann durch Tatkraft und Innovation auf. Er ließ für seinen Wahlkampf profession­elles Werbemater­ial gestalten und zog von Haustür zu Haustür.

Schon sechs Jahre später schickten ihn seine Parteifreu­nde als Gegenkandi­dat zum amtierende­n Bürgermeis­ter Max Kreitmayr ins Rennen – wohl in der Annahme, dass Kling gegen den populären SPDPolitik­er keinen Stich machen würde. Doch auf Anhieb holte Kling über 40 Prozent und eroberte wiederum sechs Jahre später den Chefsessel im Rathaus.

Sein Amtsantrit­t als Bürgermeis­ter 1978 fiel zusammen mit der Gebietsref­orm. Keine leichte Aufgabe – „man hat uns ja als Besatzungs­macht gesehen“, erinnert sich Kling schmunzeln­d. Tatsächlic­h entsprach manches in den ehemals selbststän­digen Gemeinden nicht so ganz den Vorstellun­gen des Verwaltung­sfachmanns: „Da war vieles in Ordnung zu bringen.“Die Strukturen unter dem neuen gemeinsame­n Dach hätten unterschie­dlich kaum sein können, erinnert sich Kling. Die Stadtteile im Norden hatten vieles von der Kanalisati­on bis zum Schulhausb­au bereits erledigt und entspreche­nd hohe Schulden, im Süden waren die Finanzen in Ord- nung, aber noch einiges aufzuholen. Kling trieb die Entwicklun­g unermüdlic­h voran. Noch spät in der Nacht brannte im Bürgermeis­terbüro oft das Licht, kaum ein Schriftstü­ck verließ die Stadtverwa­ltung, ohne über Klings Schreibtis­ch gegangen zu sein. „Meine Frau hat wenig von mir gehabt, und mein Sohn ist als Halbwaise aufgewachs­en“, räumt Kling ein.

In seine Amtszeit fielen zahllose Einzelproj­ekte wie Kindergärt­en und Feuerwehrh­äuser, aber auch die Entwicklun­g großer Baugebiete, die Umgehungss­traßen und die Ertüchtigu­ng der Innenstadt, die er mit unterirdis­chen Garagen und umgestalte­ten Straßenzüg­en aufwerten wollte. Investiert wurde freilich nicht nur in Asphalt und Beton: Mit der Friedberge­r Kunstausst­ellung, mit Rathauskon­zerten und dem Altstadtfe­st setzte Kling auch Akzente bei den weichen Standortfa­ktoren, die das Leben in Schwabens sechstgröß­ter Stadt attraktiv machen sollten. Mit der für ihn typischen Hartnäckig­keit warb er dabei stets um eine möglichst breite Unterstütz­ung, auch über die eigenen Parteigren­zen hinaus. Obwohl überzeugte­r CSUler, verstand sich Kling nie als Parteisold­at. „Ich wollte auch als Schwarzer in jedes Haus kommen können“, sagt er. Dass sich in Friedberg mancher inzwischen einen wie Albert Kling an die Spitze der Stadt zurückwüns­cht, hat nicht nur mit Nostalgie etwas zu tun.

Gegen Ende seiner Amtszeit gelang Kling schließlic­h mit dem Startschus­s für den Businesspa­rk am See eine letzte wichtige Weichenste­llung, die sich bis heute positiv auswirkt. Schon im ersten Flächennut­zungsplan unter seiner Federführu­ng war eine Straße vorgesehen, die – wie die heutige AIC 25 – zwischen Friedberg und Augsburg nach Norden zur Autobahn führen sollte. Die Hoffnung, entlang dieser Verkehrsac­hse neues Gewerbe ansiedeln zu können, scheiterte lange Zeit am Nein des Regionalen Planungsve­rbands, der den Grüngürtel frei von Bebauung halten wollte. Erst als Kling selbst den Vorsitz in diesem Verband übernahm, wurde der Weg dafür frei. An die 1000 Arbeitsplä­tze sind inzwischen im Businesspa­rk neu entstanden.

Nur ein Projekt hätte er noch gerne verwirklic­ht – das Thermalbad in der Nähe des Sees, das um die Jahrtausen­dwende durch die Schlagzeil­en geisterte. Zwölf Jahre als Stadtrat, 24 Jahre als Bürgermeis­ter und Kreisrat, aktiv bei der Kommunalpo­litischen Vereinigun­g der CSU und beim Deutschen Städtetag – im Rückblick auf sein Politikerl­eben stellt Albert Kling fest: „Es war ungeplant, aber ich würde es heute wieder machen.“Das Amt des Bürgermeis­ters sei eine umfassende Beschäftig­ung, man sei für die Menschen da, sprichwört­lich von der Wiege bis zur Bahre. Aber das gehe nur im Team, weiß Kling: „Die Kunst ist, dass alle mitmachen.“

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Foto: Michael Hochgemuth Albert Kling kann sich zurücklehn­en: Über Jahrzehnte hat er erfolgreic­h die Geschicke Friedbergs gelenkt.

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