Fall Schottdorf: Gericht spricht zehn Ärzte frei
Der Laborunternehmer Bernd Schottdorf und seine Frau standen jahrelang unter Betrugsverdacht. Doch von dem Vorwurf blieb nichts übrig. Deshalb war der Prozess gegen zehn angebliche Komplizen jetzt schnell vorbei
Selten hat man Angeklagte und ihre Strafverteidiger so entspannt in einen Gerichtssaal gehen sehen wie am Montag im Augsburger Landgericht. Obwohl sie wegen Millionenbetrugs angeklagt waren, wegen ihrer Zusammenarbeit mit dem Augsburger Laborunternehmer Bernd Schottdorf. Für die zehn Angeklagten, alle promovierte Mediziner im Alter zwischen 48 und 78 Jahren, stand schon vor dem Prozess fest, dass es für sie an diesem Tag nur einen Freispruch geben kann. Sie sollten Recht behalten.
Denn bereits im Januar 2016 hatte dieselbe 9. Strafkammer des Augsburger Landgerichts die beiden Hauptangeklagten in dem scheinbaren Betrugsfall, den millionenschweren Unternehmer Bernd Schottdorf und seine als Geschäftsführerin tätige Frau Gabriele, nach 22 Verhandlungstagen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft hatte ihnen vorgeworfen, in mehreren Bundesländern fünf Außenlabore gegründet zu haben, die nur zum Schein selbstständig gewesen seien, um dadurch gesetzliche Honorarbegrenzungen zu umgehen. Das angeklagte Unternehmerehepaar hat sich jedoch, wie die Richter urteilten, nur die mangelhafte Gesetzgebung im Gesundheitssystem zunutzen gemacht, was ihnen nicht anzulasten sei. Außerdem hatte das Gericht scharfe Kritik an den Kassenärztlichen Vereinigungen als Aufsichtsorgan geübt.
Das Urteil ist seit Juli 2017 rechtskräftig. Wo laut Urteil kein Betrug geschehen ist, können auch die Mitangeklagten nicht verurteilt werden. Dennoch musste dieser Prozess stattfinden. Denn wenn ein Gericht die Anklage bereits geprüft hat und sie den Beschuldigten zugestellt worden ist, dann muss eine Gerichtsverhandlung in jedem Fall stattfinden. So hatte die Strafkammer das Verfahren schon im Jahr 2014 gegen die zehn mitangeklagten Ärzte eröffnet. Ein Rückzieher war danach nicht mehr möglich.
Und so reisten am Montag aus dem ganzen Bundesgebiet Ärzte und Anwälte nach Augsburg. Wer im Gerichtssaal 160 der Verhandlung folgte, dürfte Zeuge der kürzesten Verteidiger-Plädoyers geworden sein, die je vor einem Augsburger Gericht gehalten worden sind. Zehnmal stand ein Verteidiger auf, um zu erklären, er beantrage, wie zuvor schon Staatsanwalt Daniel Grimm, einen Freispruch für seinen Mandanten. Die angeklagten Ärzte verzichteten alle auf ein Schlusswort. Obwohl sie vermutlich viel zu sagen gehabt hätten. Jahrelang standen sie unter Betrugsverdacht und mussten mit Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe rechnen. Ausdrücklich erwähnte das Gericht im Urteil ihre „Existenzängste“. Zugleich warb Richter Johannes Ballis in der Urteilsbegründung um Verständnis für die Staatsanwaltschaft, die aus damaliger Sicht dem Betrugsverdacht „zwingend“habe nachgehen müssen.
Der Freispruch von 2016 war der vorläufige Schlusspunkt hinter einem Ermittlungsverfahren, das sich viele Jahre hinzog und einige kuriose Wendungen nahm. So hatten die Augsburger Staatsanwälte 2009 noch mit Schottdorfs damaligem Verteidiger, dem CSU-Politiker Peter Gauweiler, eine Einstellung der Ermittlungen gegen Zahlung einer Geldbuße von drei Millionen Euro ausgehandelt. Sie scheiterte, weil die zuständige Kammer den „Deal“ablehnte. Doch für die Augsburger Justiz bleibt der Name Schottdorf und sein Großlabor anscheinend ein Dauerthema. Seit 2014 laufen Ermittlungen wegen des Verdachts, die Fahrer von Laborproben nur zum Schein als selbstständige Unternehmer beschäftigt zu haben. Die lange Dauer der Ermittlungen begründet Matthias Nickolai, Sprecher der Staatsanwaltschaft, mit komplizierten Schadensberechnungen. Die Sozialkassen, so der Verdacht, wurden möglicherweise um Millionenbeträge geschädigt.