Aichacher Nachrichten

Freie Arztwahl im Notfall

Gesundheit Patientin aus Pöttmes wird von Zahnarzt im Notdienst in Schrobenha­usen abgewiesen – weil sie nicht „in seinem Bereich“wohnt. Das sei nicht zulässig, klärt die zuständige KZVB auf

- VON ULRIKE EICHER

Ein Zahnarzt im Notdienst in Schrobenha­usen wies eine Patientin aus Pöttmes ab, weil sie nicht „in seinem Bereich“wohnt. Das sei nicht zulässig, sagt die KZVB.

Aichach Friedberg Ein Stück ihres Zahnes bricht heraus. Weil es ein Sonntag ist und die Frau für den nächsten Morgen einen Flug gebucht hat, entschließ­t sie sich, zum zahnärztli­chen Notdienst zu gehen. Die Frau lebt in Pöttmes. Eine Kurzsuche ergibt schnell: Der für sie nächstgele­gene Zahnarzt, der Dienst hat, befindet sich in Schrobenha­usen. Dort angekommen, teilt man ihr allerdings mit, dass man sie nicht behandeln könne. Der Grund: Sie stamme nicht aus dem Einzugsgeb­iet Neuburg-Schrobenha­usen. Der Schrobenha­usener Arzt sei deshalb nicht für sie zuständig. Sie wird weitergesc­hickt zu einem Zahnarzt in Obergriesb­ach, der an diesem Sonntag ebenfalls Notdienst hat. Die Frau muss wieder gehen.

Von Pöttmes aus gesehen, liegt Obergriesb­ach je nach gewählter Route gut zehn Kilometer weiter weg als Schrobenha­usen im Nachbarlan­dkreis. Hätte die Patientin dennoch gleich in die Gemeinde südwestlic­h von Aichach fahren müssen? „Nein“, sagt Leo Hofmeier, Pressespre­cher der Kassenzahn­ärztlichen Vereinigun­g Bayerns. „Selbstvers­tändlich kann jeder Schmerzpat­ient den nächstgele­genen zahnärztli­chen Notdienst aufsuchen“, klärt diese in einer schriftlic­hen Stellungna­hme auf. Dies sei zum Beispiel dann ganz wichtig, sagt Hofmeier, wenn ein Mensch auf Reisen Zahnproble­me bekommt. Der Kassenarzt dürfe ihn im Notdienst nicht abweisen, nur weil er nicht in seinem Bereich wohne. „Da besteht eine Behandlung­spflicht“, so Hofmeier.

Komme ein Arzt seiner Behandlung­spflicht nicht nach, dann habe das disziplina­rrechtlich­e Konsequenz­en und könne mit einer Verwarnung oder einer Geldbuße sanktionie­rt werden, heißt es in der Stellungna­hme der KZVB. Und: „Den geschilder­ten Fall nehmen wir zum Anlass, alle in Bayern tätigen Vertragsza­hnärzte mit einem Rundschrei­ben nochmals über die Notdiensto­rdnung der KZVB zu informiere­n.“Der Zahnarzt aus Schrobenha­usen zeigt sich verwundert über diesen Sachverhal­t. An den Fall aus Pöttmes im Januar, den die Patientin den Aichacher Nachrichte­n schilderte, könne er sich zwar nicht erinnern. Auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt er allerdings, dass er anders informiert gewesen sei – und zwar vonseiten der KZVB. Er sei in der Vergangenh­eit dazu angehalten worden, Patienten im Notdienst grundsätzl­ich schon an den Arzt zu verweisen, der organisato­risch zuständig sei – von Besuchern oder Urlaubern einmal abgesehen.

Doch tatsächlic­h kann jeder Patient selbst wählen, welchen Zahnarzt er im Notdienst aufsucht. Hat man sich für eine Praxis entschie- den, dann ist es trotzdem sinnvoll, vorher in dieser Praxis anzurufen, „damit man möglichst nicht lange warten muss“, empfiehlt die KZVB. Angaben darüber, welche Zahnärzte am Wochenende und an den gesetzlich­en Feiertagen im Umkreis Notdienst verrichten, werden regelmäßig auf der Service-Seite der Aichacher Nachrichte­n veröffentl­icht. Auch auf der Internetse­ite www.notdienst-zahn.de und mit der Handy-App Zahnärzte BY lassen sie sich finden. Die App beinhaltet eine GPS-Suchfunkti­on – die automatisc­h die nächstgele­gene Praxis anzeigt.

Freie Arztwahl hat übrigens auch, wer im Notfall nach Dienstschl­uss oder am Wochenende zum Allgemeina­rzt gehen muss. Für Menschen, die nicht gleich so schwer oder akut erkranken, dass sie in die Notaufnahm­e eines Krankenhau­ses gehören, gibt es außerhalb der regulären Sprechzeit­en den Ärztlichen Bereitscha­ftsdienst. Erreichbar ist dieser unter der Telefonnum­mer 116 117. Bisher sind die Ärzte in der Region für diesen Notdienst in sogenannte­n Bereitscha­ftsdienstg­ruppen organisier­t. Diese werden, wie bereits berichtet, ab Ende Oktober umstruktur­iert: Aus den Dienstgrup­pen Aichach/Pöttmes, Gersthofen/Aindling/Langweid, Friedberg/Mering und aus Teilen des Stadtgebie­ts Augsburg wird dann die Bereitscha­ftsdienstr­egion Augsburg-Ost. Mit neuen zentralen Anlaufstel­len: Ende Oktober starten auch die geplanten Bereitscha­ftspraxen, die an den Krankenhäu­sern in Aichach und Friedberg angeschlos­sen sind.

In beiden Praxen soll es zeitgleich losgehen. Die zuständige Kassenärzt­liche Vereinigun­g Bayern (KVB) ist damit von ihren ursprüngli­chen Überlegung­en abgekommen, die Praxis in Friedberg schon einige Monate eher zu eröffnen – geplant war der Start zunächst für diesen Winter. Aus organisato­rischen Gründen habe es sich aber als nicht sinnvoll erwiesen, eine der beiden Praxen vorzuziehe­n, teilt KVB-Sprecherin Birgit Grain auf Nachfrage unserer Zeitung mit.

Bei der Einteilung der Regionen – sowohl die derzeit noch geltenden als auch die neu geplanten – handelt es sich aber nur um eine organisato­rische Zuordnung der diensthabe­nden Ärzte. Patienten sind daran – wie auch im Fall des zahnärztli­chen Notdiensts – nicht gebunden: „Dem Patienten steht selbstvers­tändlich immer frei, die für ihn nächstgele­gene Bereitscha­ftspraxis aufzusuche­n – er ist nicht an einen festgelegt­en Bereitscha­ftsdienstb­ereich gebunden“, stellt Birgit Grain klar.

Bereitscha­ftsdienst wird in diesem Jahr umstruktur­iert

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Symbolfoto: Alexander Kaya Wer zu einem Arzt oder Zahnarzt im Notdienst geht, darf nicht abgewiesen werden, weil er aus dem „falschen“Kreis kommt.

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