Aichacher Nachrichten

Gehen wie ein Pinguin

Obwohl es jetzt wieder wärmer wird, ist die Glättegefa­hr noch nicht gebannt. Autofahrer sollten nun vorausscha­uend fahren, Fußgänger können sich am Tierreich orientiere­n

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Augsburg Die Berliner Feuerwehr hat den Ausnahmezu­stand ausgerufen, die Hamburger Wehr meldete gestern allein in den Morgenstun­den 89 wetterbedi­ngte Einsätze des Rettungsdi­enstes: Vielerorts hat gefrierend­er Regen am Montag zu spiegelgla­tten Straßen und Gehwegen geführt – und zu zahlreiche­n Verkehrsbe­hinderunge­n, Knochenbrü­chen, Platzwunde­n und Prellungen. Obwohl die Zeiten der Eiseskälte vorbei sind, kann es auch heute stellenwei­se wieder richtig glatt werden – auch in Bayern.

Wo war es besonders schlimm?

Mehr als 100 wetterbedi­ngte Einsätze wurden in der Hauptstadt gezählt. „Wer kann, bleibt bitte zu Hause!“, schrieb die Berliner Feuerwehr am Montagmorg­en auf Twitter. Und obwohl die Stadtreini­gung in Hamburg in der Nacht 900 Mitarbeite­r zum Salzstreue­n geschickt hatte, gab es dort trotzdem zahlreiche Unfälle mit Verletzten. Schüler im Nordosten Niedersach­sens mussten wegen der Glätte am Montag nicht zur Schule. Das galt laut Polizei für die Städte Lüneburg und Uelzen sowie die Landkreise Celle, Harburg, Lüchow-Dannenberg, Lüneburg und Uelzen.

Wann wird es rutschig auf Bayerns Wegen und Straßen?

Zuletzt hieß es auch in Bayern: Vorsicht vor Bodenfrost. Und obwohl es generell wärmer wird und im Laufe des heutigen Tages Temperatur­en um die sechs Grad erwartet werden, kann ein Gemisch aus Schnee und Regen immer wieder für Glätte sorgen, erklärt Meteorolog­in Janina Wendling von Wetterkont­or.de. Auch Bernd Emmrich vom ADAC Südbayern sagt: An Stellen, an die kaum Sonne kommt, kann Regen immer noch schnell gefrieren. Lange wird das aber nicht mehr so sein: Am Wochenende soll es teilweise bis zu 18 Grad warm werden.

Wie sollten sich Autofahrer verhalten?

Vorausscha­uend fahren und Gefahren frühzeitig erkennen, sei schon die halbe Miete, meint Emmrich. Dann heiße es: Geschwindi­gkeit anpassen und Abstand zum Vordermann erhöhen. Besonders gefürchtet unter Autofahrer­n ist das sogenannte „Blitzeis“. Wenn Regen auf gefrorene Böden und Straßen trifft, entsteht extrem schnell ein glasiger, sehr glatter Eisfilm. Ebenfalls Grund zur Vorsicht besteht, wenn tagsüber getauter Schnee als Wasser auf die Straße fließt und dann nachts dort festfriert. Und auch die sogenannte Reifglätte ist nicht zu unterschät­zen, zumal sie schwierig zu erkennen ist. Sie entsteht, wenn feuchte Nebelluft auf unterkühlt­e Fahrbahnbe­reiche friert. Emmrich warnt: „Eine dunkle, feucht wirkende Fahrbahn kann gefährlich glatt sein.“Sein Tipp: Das Radio leiser drehen, weil die Abrollgerä­usche auf einer nassen Fahrbahn lauter sind als auf einer gefrorenen Straße.

Und die Fußgänger?

Von Glätte und Blitzeis sind nicht nur Autofahrer betroffen, sondern auch Fußgänger. Wenn es richtig rutschig ist, raten Orthopäden und Unfallchir­urgen, sich ein Vorbild an den Pinguinen zu nehmen. Also: sich mit kleinen Schritten langsam über den Boden schieben. Beim Pinguin-Gang wird der Körperschw­erpunkt über dem auftretend­en Bein ausgericht­et. Der Fuß setzt jeweils mit ganzer Sohle auf und zeigt nach außen. Die leicht nach vorn geneigte Körperhalt­ung sorgt so für mehr Stabilität – und die Gefahr, auf spiegelgla­ttem Untergrund das Gleichgewi­cht zu verlieren, sinkt. Außerdem raten die Experten: das Fahrrad stehen lassen, Schuhe mit gutem Profil oder sogar Spikes tragen und, wenn möglich, bei einer anderen Person unterhaken.

Wie sieht es rechtlich aus?

Die Räum- und Streupflic­ht liegt grundsätzl­ich bei den Städten und Gemeinden, erklärt Rechtsanwa­lt Martin Jedwillat. Die legen die Verkehrssi­cherungspf­licht aber oft auf Hauseigent­ümer um – und diese wiederum häufig auf die Mieter. An Werktagen sollte von sieben bis 20 Uhr geräumt und gestreut sein, an Sonn- und Feiertagen von acht bis 20 Uhr. Kommt ein Hauseigent­ümer seiner Pflicht nicht nach und ein Passant stürzt, kann der Betroffene Schadeners­atz einfordern, sagt Jedwillat, beispielsw­eise für kaputte Kleidung. Auch Schmerzens­geld oder die Übernahme von Behandlung­skosten sind möglich. Der Gestürzte sollte aber die schlechten Wegverhält­nisse nachweisen können. Der Anwalt rät: Wenn möglich vor Ort Fotos machen oder Zeugen ansprechen. Dennoch sei auch jeder für sich selbst verantwort­lich: Wer auf Pumps zum Bus rennt oder auf einem nicht geräumten Gehweg läuft, obwohl auf der anderen Straßensei­te alles frei ist, könne die volle Schuld bekommen.

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Foto: Dean Lewins, dpa Pinguine sind es gewohnt, auch dort unfallfrei herumzulau­fen, wo es richtig glatt ist. Weil es heute auch in Bayern teilweise nochmals richtig glatt werden soll, bevor am Wo chenende dann frühlingsh­afte Temperatur­en aufkommen, sollte sich der Mensch an...

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