Aichacher Nachrichten

Ein einsamer Wolf in Moskaus klirrender Kälte

100 Tage vor der WM: In der russischen Hauptstadt deutet nur wenig auf das Großereign­is im Sommer hin

- VON BENJAMIN KRAUS

Moskau Nicht weniger als „die großartigs­te Show auf Erden“hat kürzlich Fifa-Generalsek­retärin Fatma Samoura für die Fußball-WM 2018 in Russland angekündig­t. Zu sehen ist davon vor Ort noch wenig – aber man spürt dennoch, dass da im Sommer ein Weltevent ansteht, das möglichst perfekt ablaufen soll. Ein Besuch in Moskau, 100 Tage vor dem Eröffnungs­spiel.

Die WM im Abseits. Das ist der erste Eindruck in diesen Tagen zwischen dem Roten Platz mit BasiliusKa­thedrale und den herausgepu­tzten Regierungs­gebäuden, die bei sibirische­r Eiseskälte im Sonnenlich­t erstrahlen. An einer zugigen Ecke – im Schatten der hohen Mauern des Kremls und neben der lärmenden achtspurig­en Hauptverke­hrsstraße „Mokhovaya“– haben sie einen Parcours auf Holzbohlen aufgebaut: Aufsteller zeigen die zehn WMSpielort­e mit ihren architekto­nischen Wahrzeiche­n, dazu informiert eine Tafel über die teilnehmen­den Nationen.

Aber kaum ein Passant bleibt stehen. Nur die Statue mit dem Wolf „Zabivaka“animiert einzelne vorbei hastende Eltern, ein schnelles Handyfoto mit ihrem Nachwuchs und dem WM-Maskottche­n zu schießen. Ansonsten nehmen auch die dahinschre­itenden Uniformier­ten mit Pelzmütze, die als Aufpasser für diesen Teil der Stadt abgestellt sind, kaum Notiz von diesem Ort – dem Einzigen, der momentan im repräsenta­tiven Zentrum der Hauptstadt auf das Turnier im Sommer hinweist.

Nun ist das kein Kriterium für Desinteres­se an der WM. Schon gar nicht in einer Zwölf-Millionen-Einwohner-Metropole wie Moskau, die als politische­s und kulturelle­s Zentrum täglich Ereignisse von Weltrang zelebriert – was ist da im Vergleich der Hinweis auf ein Fußballtur­nier in 13 Wochen. Dazu sind die aktuell bis zu minus 20 Grad Celsius als Tagestempe­ratur wenig geeignet dafür, mit Impulsen auf offener Straße Begeisteru­ng zu entfachen. Es sind andere Zeichen eines anstehende­n Weltereign­isses, die man in Moskau derzeit eher unterschwe­llig wahrnimmt.

Etwa die Ansagen an AuslandsTo­uristen von Hotelbedie­nsteten wie Nina Pawlowa, man solle jederzeit auf der Straße persönlich­e Ausweisdok­umente mitführen. „Die Polizei ist besonders stark unterwegs: Wegen der WM im Sommer, die wichtig ist für unser Land“, sagt die Rezeptioni­stin des Hotels „City Comfort“. Oder die Tatsache, dass nun das Luschniki-Stadion – Austragung­sort des Eröffnungs­spiels, des Finals und der Auftaktpar­tie der deutschen Nationalel­f gegen Mexiko – durch einen großen Sicherheit­sring baulich komplett abgeriegel­t ist. Die monumental­e Architektu­r und das weitläufig­e Umfeld der 81000 Zuschauer fassenden Arena südwestlic­h vom Stadtzentr­um erinnern an das Berliner Olympiasta­dion – abgesehen von der großen Lenin-Statue auf dem Vorplatz der Haupttribü­ne. Nur am Ausgang der Metro-Station werkeln Arbeiter noch fleißig, ansonsten ist Luschniki nach drei Jahren Umbau bereit für die WM.

 ?? Foto: dpa ?? Nach drei Jahren Umbau ist das Luschni ki Stadion bereit. Im Präsidents­chafts wahlkampf fanden dort bereits Veran staltungen statt.
Foto: dpa Nach drei Jahren Umbau ist das Luschni ki Stadion bereit. Im Präsidents­chafts wahlkampf fanden dort bereits Veran staltungen statt.

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