Aichacher Nachrichten

China will Wissen aus Augsburg

Interview Warum die Hochschule Augsburg beim Aufbau einer Technische­n Universitä­t in China helfen soll und die Zusammenar­beit so wichtig ist. Hochschulv­izepräside­nt Manfred Uhl war vor Ort und erklärt Details

- Interview: Eva Maria Knab

Herr Professor Uhl, China hat die Hochschule Augsburg kontaktier­t, warum?

Uhl: Der große Hintergrun­d ist, dass die chinesisch­e Regierung das dortige Hochschuls­ystem nach deutschem Vorbild erweitern möchte. Sie sucht intensiv nach Austausch und Know-how-Transfer. Deshalb hat die Technische Universitä­t Shenzhen bei uns an der Hochschule Augsburg angefragt, ob wir Hilfe leisten können.

Um welche Hilfe geht es?

Uhl: Die Stadt Shenzhen will eine Technische Universitä­t nach dem Muster der bayerische­n Hochschule­n für angewandte Wissenscha­ften aufbauen. Man hat sich dort überlegt: Wer könnte als Partner interessan­t sein? Die Hochschule Augsburg hat einen guten Ruf, hervorrage­nde Rankingerg­ebnisse zeigen dies wohl auch außerhalb Deutschlan­ds.

Sie waren mit einer Hochschuld­elegation in China, um Kooperatio­nen zu vereinbare­n, was haben Sie erlebt? Uhl: Shenzhen gehört zu einer boomenden Region im Süden Chinas. Dort sind mittlerwei­le 300 der 500 wichtigste­n chinesisch­en Firmen angesiedel­t. Es entsteht eine der weltweit wichtigste­n Wirtschaft­sregionen, in der künftig rund 120 Millionen Menschen leben sollen. Das Tempo der Entwicklun­g ist unglaublic­h rasant. Es gibt dafür schon eine chinesisch­e Redewendun­g: „Shenzhen Speed“(deutsch: Shenzhen-Geschwindi­gkeit).

Kann man das rasante Tempo auch am Beispiel der Technische­n Universitä­t Shenzhen beobachten?

Uhl: Sie befindet sich im Aufbau. Große Flächen liegen noch brach, aber die ersten Gebäude stehen schon. Als ich den Universitä­tscampus sah, dachte ich, das ist unfassbar. Bis in zwei Jahren soll dort ein Studienbet­rieb für 5000 Studierend­e entstehen, bis 2025 sollen es 20 000 Studenten sein. Dabei müssen nicht nur Gebäude für Forschung, Lehre und Verwaltung gebaut werden, sondern auch Wohnungen. In China wohnen alle Studenten und viele Dozenten auf dem Campus.

Wie wird die Hochschule Augsburg beim Aufbau in Shenzhen beitragen? Uhl: Dort will man unsere Hilfe, um praxisorie­ntierte Studiengän­ge und eine anwenderor­ientierte Forschung aufzubauen, in die Unternehme­n einbezogen werden. Das gibt es dort bislang so nicht. Wir haben von Wirtschaft­sführern gehört, dass viele Hochschula­bsolventen theoretisc­h stark sind. Man wünscht sich aber auch Nachwuchs, der gut auf den Alltag in Unternehme­n vorbereite­t ist. Wir haben auch immer wieder gehört, dass man chinesisch­e Geschwindi­gkeit mit deutscher Zuverlässi­gkeit verbinden will.

Sie haben auch die Stadt Jinan mit der Jinan University und der Shandong University besucht, um Kooperatio­nen zu vereinbare­n. Welches Wissen gibt die Hochschule Augsburg insgesamt nach China weiter?

Uhl: Wir können helfen, praxisorie­ntierte Studiengän­ge und Studieninh­alte, Prüfungssy­steme und Praxisverk­nüpfungen mit Unternehme­n zu entwickeln. Aber auch ein Austausch von Studierend­en, Lehrenden und Forschende­n ist geplant. Im Kern ist dieser das Wertvollst­e. So können wir Markt und Mentalität­en in China besser kennenlern­en.

Warum?

Uhl: Viele Unternehme­n in Schwaben arbeiten bereits mit chinesisch­en Geschäftsp­artnern zusammen oder haben Produktion­sstätten in Einige unserer Firmen sind inzwischen in chinesisch­er Hand.

Gibt es auch Bereiche, die von Kooperatio­nen ausgeschlo­ssen sind?

Uhl: Wir müssen darauf achten, dass wir mit Forschungs­themen umsichtig umgehen. Forschungs­projekte, die für Unternehme­n besonders sensibel sind, werden wir bei der Kooperatio­n mit China sehr genau prüfen. Welches Fazit ziehen Sie aus der Delegation­sreise?

Uhl: Ich bin sehr zufrieden mit den Ergebnisse­n. Wir sind mit konkreten Ideen nach Hause gekommen und haben erste Kooperatio­nsschritte festgelegt. Mein Eindruck ist aber auch, dass China uns bei der Entwicklun­gsgeschwin­digkeit inzwischen überholt hat. Was Kreativitä­t und Querdenken angeht, haben wir noch immer die Nase vorn. Das halChina. te ich für essenziell wichtig bei der Entwicklun­g von Hochtechno­logie und auch in der Ausbildung unserer Studierend­en.

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Foto: Manfred Uhl Noch ist der Campus der Technische­n Universitä­t Shenzhen im Süden Chinas eine riesige Baustelle. Aber das Aufbautemp­o ist rasant. Bis in zwei Jahren sollen dort bereits 5000 junge Chinesen studieren.
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Manfred Uhl ist Vizepräsi dent der Hochschule Augsburg und Professor für „Internatio­nal Marketing und Communicat­ion“.

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