Aichacher Nachrichten

Warum starb Lutz Eigendorf?

Er floh 1979 aus der DDR und spielte für Kaiserslau­tern und Braunschwe­ig. Vor 35 Jahren kam er bei einem Unfall ums Leben. Noch immer ranken sich Rätsel um seinen Tod

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Berlin Auch 35 Jahre nach dem Tod von Lutz Eigendorf bleiben die Umstände rätselhaft. Neue Erkenntnis­se stehen nicht in Aussicht, auch wenn es mindestens 1000 Ermittlung­sakten der Polizei und der Staatsanwa­ltschaft sowie 2600 Dokumente des Ministeriu­ms für Staatssich­erheit (MfS) gibt. Hat die Stasi den aus der DDR geflüchtet­en Fußballer Eigendorf ermorden lassen? War zumindest geplant, dem ehemaligen Spieler des StasiKlubs BFC Dynamo Schaden zuzufügen? Oder kam Eigendorf ausschließ­lich durch einen unter Alkoholein­fluss verschulde­ten Unfall zu Tode?

Eigendorf war in der DDR nach seiner Flucht 1979 als „Vaterlands­verräter“gebrandmar­kt worden. Ausgerechn­et ein Nationalsp­ieler aus dem Lieblingsk­lub von Stasi- Erich Mielke – das saß tief beim MfS. Unter den drei Millionen Menschen, die 1949 bis 1989 aus der DDR in den Westen flüchteten, waren auch rund 600 Spitzenspo­rtler. Unter dem Zentralen Operativen Vorgang (ZOV) „Sportverrä­ter“hat die Stasi mehr als 60 Personen registrier­t.

Einer der am meisten untersucht­en und beschriebe­nen Fälle war der des gebürtigen Brandenbur­gers Eigendorf. 100 Oberligasp­iele hatte er für den DDR-Rekordmeis­ter BFC Dynamo bestritten, bevor er ein Freundscha­ftsspiel beim 1. FC Kaiserslau­tern zur Flucht nutzte. Die Stasi setzte mindestens 20 Spitzel direkt auf Eigendorf und seine Familie an, wie aus MfS-Unterlagen später hervorging. „Es ist mein größter Wunsch, meine Familie so schnell wie möglich hier rüber zu holen“, erklärte Eigendorf im bundesdeut­schen Fernsehen, die Stasi fühlte sich durch ein Interview direkt an der Berliner Mauer zusätzlich provoziert. Der sechsmalig­e DDR-Nationalsp­ieler musste nach einer Sperre durch den Weltverban­d Fifa ein Jahr warten, bis sich sein großer Traum erfüllte: Am 11. April 1980 lief Eigendorf mit dem 1. FC Kaiserslau­tern erstmals in der Bundesliga auf. 1981 wechselte er zu Eintracht Braunschwe­ig. Was in der Nacht des 5. März 1983 auf regennasse­r Straße zwischen den Braunschwe­iger Ortsteilen Querum und Bienrode geschah, schürt noch heute zahlreiche Theorien und Spekulatio­nen.

Mit 2,2 Promille Alkohol im Blut setzte Eigendorf seinen Alfa Romeo an einen Baum. Am 7. März 1983 starb er an schweren Kopf- und Brustverle­tzungen im Krankenhau­s. Indizien weisen darauf hin, dass Eigendorf der Alkohol gewaltsam eingeflößt und er später geblendet worden sein könnte. Ein Inoffiziel­ler Stasi-Mitarbeite­r (IM) meldete sich Jahre später mit der BeMinister hauptung, er habe vom MfS einen Mordauftra­g erhalten, diesen aber nicht ausgeführt. Andere Juristen und Experten, die sich intensiv mit dem Fall beschäftig­ten, halten die Mordtheori­e für nicht plausibel. Belastbare Beweise gibt es ohnehin nicht, auch weil zahlreiche Stasiunter­lagen zu dem Fall nicht mehr auffindbar sind.

Unterschie­dliche Theorien zu seinem Tod

 ?? Foto: Wolfgang Weihs, dpa ?? Lutz Eigendorf prallte mit diesem Wagen am 5. März 1983 gegen einen Baum. Zwei Tage später erlag er seinen Verletzung­en. Bei ihm wurden 2,2 Promille Alkohol im Blut festgestel­lt. Betrank er sich selbst oder flößten ihm Stasi Mitarbeite­r den Alkohol ein?
Foto: Wolfgang Weihs, dpa Lutz Eigendorf prallte mit diesem Wagen am 5. März 1983 gegen einen Baum. Zwei Tage später erlag er seinen Verletzung­en. Bei ihm wurden 2,2 Promille Alkohol im Blut festgestel­lt. Betrank er sich selbst oder flößten ihm Stasi Mitarbeite­r den Alkohol ein?
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Lutz Eigendorf

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