Nervenstark die richtigen Treffer gesetzt
Degenfechter Leon Gießer überrascht sich selbst: Silber mit der Mannschaft, Platz sechs im Einzel
Dass Leon Gießer ein erfolgreicher junger Degenfechter ist, wussten die Experten beim Turnverein Augsburg (TVA). Dass er sich aber bereits erfolgreich gegen die internationale Konkurrenz durchsetzen kann, überraschte dann doch die meisten. Denn Leon Gießer und sein Trainer Christian Büttner kehrten vergangene Woche mit der Silbermedaille in der Teamwertung und einem fast noch höher einzuschätzenden sechsten Platz in der Einzelwertung von der Europameisterschaft der Kadetten (U17) aus dem russischen Sotschi zurück.
„Das ist schon ein anderes Gefühl als bei den europäischen Turnieren. Es gab viel Drumrum. Eröffnungsfeier, Akkreditierungen, Waffenkontrolle. Das vermittelt schon ein besonderes Gefühl. Außerdem war der Zeitplan sehr straff und meine Aufregung anfangs schon sehr groß“, gesteht Gießer, der am Sonntag 17 Jahre alt geworden ist. Zudem verlief sein Turnierstart im Feld der 100 Kadetten in der Disziplin Degenfechten eher „suboptimal“, wie der 1,96 Meter große Sportler schmunzelnd einräumt.
Doch nach drei Siegen und drei Niederlagen in der Vorrunde sei die Aufregung weg gewesen. „Dann konnte ich mich ganz auf meine Gefechte konzentrieren und dann hat das auch gut geklappt.“Heimtrainer Büttner hatte nach Kräften dazu beigetragen, die Spannung rauszunehmen. „Wir hatten aber auch eine gute Zusammenarbeit im deutschen Trainerteam um Bundestrainer Jörg Fiedler“, lobt er die Bedingungen vor Ort. Dass sein Heimtrainer dabei war, empfand Gießer als wichtig, schließlich sei er Vertrauensperson und Gesprächspartner, „gerade wenn man so weit weg ist von daheim“, so Gießer. Als er seine Anfangsnervosität abgelegt hatte, lief es richtig gut. Nach zwei Siegen in der K.-o.-Runde behielt er im 16erFinale die Nerven, als er beim Stand von 14:14 den entscheidenden Treffer gegen seinen Gegner aus Israel setzte. Im Viertelfinale unterlag Gießer schließlich dem Österreicher Alexander Biro, hatte sich damit aber dennoch den unerwarteten und erfreulichen sechsten Platz unter Europas Top Ten erkämpft.
In der Teamwertung gelang Gießer gemeinsam mit Maximilian Kämereit (Leverkusen), Paul Veltrup (Krefeld) und Max Weise (Reutlingen) sogar der Sprung aufs Podium. „Unsere Mannschaft war eine super-coole Truppe und wir sind mit dem Ziel dahingefahren, eine Medaille zu holen. Dass es Silber wird, haben wir auch nicht gedacht. Wir hatten eher auf Bronze spekuliert“, berichtet Gießer. Doch mit zwei hauchdünnen Siegen gegen Weißrussland und Israel, sowie einem hart erkämpften Halbfinalsieg gegen Österreich machte das deutsche Quartett Platz zwei perfekt. „Das war eine einzigartige Mannschaft, weil sie für eine Einzelsportart einen extrem hohen Zusammenhalt gezeigt hat“, lobte Büttner das ehrgeizige Team, das sich durch gegenseitigen Respekt, gute Kameradschaft und starke sportliche Leistungen auszeichnete.
Weil Leon Gießer hinter Maximilian Kämereit (Platz drei) mit Rang sechs das zweitbeste Ergebnis für Deutschland holte, hat er sich auch gleich für das nächste Großereignis im Degenfechten qualifiziert: die Weltmeisterschaft in Verona.
Für das gesamte Fecht-Trainerteam des TV Augsburg seien solche Ergebnisse eine „große Bestätigung unserer Arbeit“, betont Büttner. „Da wir Augsburger oben mitfechten können, machen wir anscheinend nicht ganz so viel verkehrt“, sagt der 24-jährige Coach mit Blick auf die gängigen Fecht-Leistungszentren in Tauberbischofsheim oder Heidenheim, die in Gießers Altersklasse keine Sportler für Sotschi qualifizieren konnten. Für die vielen jungen Nachwuchsfechter im TVA sei es Motivation und Ansporn zugleich, wenn ein Vereinsmitglied solche Erfolge feiert, sagt Büttner.
Wenn es nach Leon Gießer geht, dürfte es gern so weiterlaufen. Nächstes Jahr muss er bei den U20-Junioren starten, peilt auch dort die Aufnahme in den Bundeskader und die Qualifikation für die Weltcups an. „Das ist dann schon noch mal ein anderes Fechten“, sagt er mit Vorfreude, aber auch Respekt über seine nächsten sportlichen Herausforderungen.