Männer bremsen Frau nachts auf B300 aus
34-Jährige wird von Autofahrer bedrängt und von dessen Beifahrer beleidigt. Wem der Richter glaubt
Aichach Das kam bei Richter Walter Hell gar nicht gut an: Zwei Angeklagte aus Schrobenhausen versuchten gestern am Amtsgericht Aichach, eine heute 34-jährige Zeugin als eigentliche Täterin hinzustellen. „Verabscheuungswürdig“fand das Hell. Die beiden 49 und 39 Jahre alten Angeklagten hatten im Februar 2014 die Zeugin aus dem nördlichen Landkreis nachts auf der Bundesstraße B300 ausgebremst, sie zum Halten genötigt, später beschimpft und sie sogar bespuckt. Das stritten die beiden Osteuropäer ab. Sie waren angeblich nur um das Wohl der Autofahrerin besorgt.
Die 34-Jährige fühlte sich laut ihrer Aussage zeitweise wie im falschen Film. Auf dem Heimweg bog sie bei Kühbach auf die B 300 Richtung Aichach ein und wurde schon kurz darauf von hinten mit Lichthupe und Fernlicht bedrängt. Mehrmals sei das Auto ganz dicht auf ihres aufgefahren, sagte die 34-Jährige aus. Auf Höhe der Ausfahrt Unterwittelsbach bremste der 49-jährige Fahrer sie das erste Mal aus. Ein zweites Mal ein Stück weiter, als die B 300 zweispurig wurde.
Die Zeugin vor Gericht: „Er hat mich überholt, volle Pulle abgebremst und das Auto quer in die Straße gestellt.“Um eine Konfrontation zu vermeiden, fuhr die 34-Jährige auf der Gegenfahrbahn an dem Auto vorbei. Als sie wenig später von der B300 abfuhr, dachte sie, dass nun alles vorbei sei.
Der 49-Jährige und sein 39-jähriger Beifahrer fuhren ihr jedoch weiter nach, überholten sie und stellten ihr Auto erneut quer auf die Straße. Dann sei der Beifahrer, der auf sie einen sehr aggressiven Eindruck machte, ausgestiegen und zu ihrem Auto gekommen, sagte die Zeugin aus. Sie berichtete von einer Schimpftirade des 39-Jährigen, in deren Verlauf auch Wörter wie „Hure“, „Schlampe und „zu behindert zum Autofahren“fielen. Als die 34-Jährige ihm sagte, dass sie die Polizei rufen werde, wurde er laut ihrer Aussage erst richtig sauer: „Er hat wieder geschimpft und mir dann ins Gesicht gespuckt.“
Das alles stritten die beiden Männer ab. Laut ihrer Aussage war es die 34-Jährige, die ein seltsames Fahrverhalten an den Tag legte und unter anderem Schlangenlinien gefahren sein soll. „Ich habe gedacht, dass sie gesundheitliche Probleme hat“, so der 49-Jährige. Deshalb seien sie ihr nachgefahren und hätten sich quer vor ihr Auto gestellt. Der Beifahrer berichtete von Alkoholgeruch, den er wahrgenommen habe, als er die Frau ansprach. Sie sei über den Gehweg davongebraust, als er die Polizei ins Spiel brachte.
Staatsanwältin Katrin Wegele glaubte den beiden Angeklagten nicht: „Die Zeugin wirkte glaubwürdig.“Sie hielt den beiden vor, dass die 34-Jährige noch immer Angst hat. Sie hatte ausgesagt, dass sie seitdem immer Pfefferspray dabei hat und im Auto eine Eisenstange liegt. Für den 49-jährigen Fahrer forderte Wegele eine Geldstrafe von 1600 Euro plus ein dreimonatiges Fahrverbot, für den Beifahrer 1500 Euro.
Die Strafbefehle wegen Nötigung beziehungsweise Beleidigung, gegen die beide Einspruch erhoben hatten, lagen bei 4200 Euro für den Fahrer und 1750 Euro für den Beifahrer.
Richter Hell ging in seinem Urteil bei dem 49-jährigen Fahrer über das von der Staatsanwaltschaft beantragte Strafmaß hinaus. Wegen Nötigung und vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung verurteilte Hell ihn zu einer Geldstrafe von 2400 Euro. Seinen Führerschein muss der 49-Jährige für zwölf Monate abgeben. Der Beifahrer muss wegen Beleidigung 1200 Euro zahlen. Einzig positiver Aspekt, den der Richter bei beiden Angeklagten sah: Die Osteuropäer sind zumindest in Deutschland nicht vorbestraft. Die Verteidiger plädierten jeweils auf Freispruch für ihre Mandanten.