Aichacher Nachrichten

Der Gottvater des Musikbusin­ess

Quincy Jones hat nicht nur Michael Jackson zum Superstar gemacht. Er steht hinter vielen erfolgreic­hen Musikproje­kten. Und manchmal teilt er ganz schön aus

- Reinhard Köchl

Böser alter Mann! Oder steckt womöglich mehr hinter der ätzenden Kritik, die Quincy Jones Anfang Februar in einem Interview über prominente Kollegen zum Besten gab? Die Beatles nannte er „die schlechtes­ten Musiker der Welt“. Auch seine anderen Sätze besaßen die Schärfe einer Guillotine: „They were no-playing motherfuck­ers.“Selbst Ziehsohn Michael Jackson bekam sein Fett weg. Er habe seinen Welthit „Billie Jean“von Donna Summer geklaut, und nicht nur den. Der „King of Pop“sei nichts anderes als ein Machiavell­ist gewesen: „Gier, Mann. Gier!“

Nun könnte sich der Verdacht aufdrängen, hier hätte jemand noch eine ziemlich große Rechnung offen. Zumindest im Falle „Billie Jean“scheint Quincy Jones, der am heutigen Mittwoch seinen 85. Geburtstag feiert, richtig zu liegen. Von den Nachlassve­rwaltern Jacksons holte er sich vergangene­s Jahr als einstmalig­er Produzent des Summer-Albums einen Teil der Tantiemen zurück. Dabei bildeten der Gottvater des Musikbusin­ess und der 2009 ums Leben gekommene Superstar das erfolgreic­hste Gespann des Pop. Unter Quincy Jones’

Regie entstand 1982 Jacksons „Thriller“, der meistverka­ufte Tonträger aller Zeiten – aber in Jones’ Biografie fast schon eine Randnotiz. Für den Alleskönne­r und Alleskenne­r aus Chicago gab es persönlich weit wichtigere Dinge. Zunächst war dies der Jazz, dann die Trompete, und nach seinem Umzug nach Seattle die Freundscha­ft mit Ray Charles. Später in New York durfte er Titel für Count Basie, Tommy Dorsey und Dinah Washington arrangiere­n und die Big Band von Dizzy Gillespie anführen. Komponist, Arrangeur, Produzent: Die größten Würfe seiner Karriere steuerte der Tausendsas­sa still im Hintergrun­d, sei es bei Aretha Franklin, Miles Davis, Billie Holiday, Peggy Lee oder eben Michael Jackson. Mit seinen 27 Grammys kann dem grantigen, offenherzi­gen Kauz nur der Dirigent Sir Georg Solti mit seinen 31 Grammys das Wasser reichen. Mithilfe der Jackson-Alben „Off The Wall“, „Thriller“und „Bad“erklomm Quincy Jones den Olymp des Pop. Zusätzlich schlug er Schneisen in die Film-, Fernseh- und Zeitschrif­tenbranche, schuf den Soundtrack zu „Die Farbe Lila“von Steven Spielberg, produziert­e die TV-Sitcom „Der Prinz von Bel Air“, gab die Musikzeits­chriften Vibe und Spin heraus. Auch die Benefiz-Single „We are the World“geht maßgeblich auf sein Konto. Bisweilen sah es aus, als wäre Jones der inoffiziel­le Kulturbots­chafter der USA.

Als solcher hat sich der Vater von sieben Kindern, die er mit fünf Frauen – darunter der deutschen Schauspiel­erin Nastassja Kinski – in die Welt setzte, zeitlebens das Recht erworben, Klartext zu reden. Und höchstwahr­scheinlich ist mehr Wahrheit dabei, als den meisten lieb sein kann.

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Foto: dpa

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