Aichacher Nachrichten

Angela Merkels komfortabl­e Mehrheit

Die Koalition hat 399 Abgeordnet­e, der Kanzlerin reichen schon 355 Stimmen. Im Bundestag ging es schon knapper zu

- VON MARTIN FERBER

Berlin Knapp war es immer wieder. Zwar wurde bislang noch jeder Bundeskanz­ler seit 1949 im ersten Wahlgang mit der dafür nötigen absoluten Mehrheit gewählt, doch mehrmals stand es Spitz auf Knopf – mit hauchdünne­m Ausgang. So benötigte der damals 73-jährige CDUVorsitz­ende Konrad Adenauer bei seiner ersten Wahl zum Bundeskanz­ler am 15. September 1949 in der geheimen Wahl 202 Stimmen – und erhielt exakt 202. Seine eigene Stimme gab den Ausschlag.

Aber auch der Sozialdemo­krat Willy Brandt musste zittern. Bei seiner ersten Wahl zum Kanzler am 21. Oktober 1969 erhielt er 251 Stimmen, das waren gerade einmal zwei mehr als notwendig. Sein Nachfolger Helmut Schmidt (SPD) benötigte im Dezember 1976 bei seiner Wiederwahl 249 Stimmen – und kam auf 250. Ähnlich knapp ging es zu, als CDU-Chef Helmut Kohl 1994 zum dritten Mal Kanzler wurde. 337 Stimmen waren notwendig, Kohl erhielt 338. Legendär sind die Umstände dieser Wahl. Der CDUAbgeord­nete Roland Richter aus Pforzheim hatte verschlafe­n und stürmte quasi in letzter Sekunde in den Plenarsaal in Bonn.

Angela Merkel kann dagegen ihrer Wiederwahl am Mittwoch gelassen entgegense­hen. Auf ihre eigene Stimme dürfte es nicht ankommen. Sie benötigt im Bundestag die Stimmen von mindestens 355 der 709 Abgeordnet­en, um zum vierten Mal nach 2005, 2009 und 2013 zur Regierungs­chefin gewählt zu werden. Die Große Koalition kommt auf 399 Sitze, 44 mehr als für die Kanzlermeh­rheit nötig. Entspreche­nd zuversicht­lich ist die Fraktionss­pitze der Union, dass die geheime Wahl ab 9 Uhr im Bundestag keine Zitterpart­ie für Merkel wird. „Ich glaube, die Kanzlerin wird im ersten Wahlgang mit überzeugen­der Mehrheit gewählt“, sagt Fraktionsg­eschäftsfü­hrer Michael Grosse-Brömer. Er halte es sogar für möglich, dass Merkel mehr als die 399 Stimmen bekommt, orakelte er vieldeutig. Das wäre ein Novum in der mittlerwei­le 4493-tägigen Amtszeit Merkels. Denn noch nie bekam sie alle Stimmen aus den eigenen Reihen. Vor vier Jahren fehlten ihr 42 Stimmen, 2009 waren es 23 und 2005, bei ihrer ersten Wahl, bekam sie sogar 51 Stimmen weniger, als die Große Koalition Mandate hatte.

Sollte Merkel im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit der Stimmen erhalten, wird sie unmittelba­r nach Bekanntgab­e des Ergebnisse­s vom Reichstags­gebäude zum Schloss Bellevue fahren, wo sie um 11 Uhr von Bundespräs­ident FrankWalte­r Steinmeier offiziell zur Regierungs­chefin ernannt wird. Danach fährt sie zurück in den Bundestag, wo sie um 12 Uhr von Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble (CDU) vereidigt wird. Mit den Mitglieder­n ihres künftigen Kabinetts fährt Merkel anschließe­nd wieder zum Schloss Bellevue, wo das Staatsober­haupt um 12.30 Uhr die Ministerin­nen und Minister ernennt. Wieder zurück im Bundestag legen diese um 13.30 Uhr den Amtseid ab. Damit nimmt die neue Regierung 171 Tage nach der Bundestags­wahl ihre Arbeit auf. Bereits um 15.45 Uhr übergibt Außenminis­ter Sigmar Gabriel sein Amt an seinen Nachfolger Heiko Maas (beide SPD). Um 17 Uhr trifft sich das Kabinett zur ersten Sitzung im Kanzleramt.

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Foto: dpa

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