Außenminister per Twitter gefeuert
Donald Trump entlässt seinen wichtigsten Minister: Rex Tillerson stand in Europa wie kein anderer in der US-Regierung für Vertrauen und Berechenbarkeit. Das wurde ihm zum Verhängnis
Washington/Augsburg Lange Zeit galten sie als verlässliche Wächter in einer chaotischen Regierung mit einem unerfahrenen und sprunghaften Präsidenten: Auf den sogenannten „Erwachsenen“im Team um Donald Trump ruhten viele Hoffnungen von Skeptikern in Washington und in Europa. Realpolitiker sollen dafür sorgen, dass der Populist Trump nicht allzu sehr über die Stränge schlägt. Doch nun scheiden immer mehr Realos aus der Regierung aus. Vorige Woche trat Wirtschaftsberater Gary Cohn zurück, nun feuerte Trump seinen Außenminister Rex Tillerson per Twitter. Ebenso den ranghöchsten Beamten des Außenministeriums: Staatssekretär Steve Goldstein, der Tillersons Rauswurf kritisiert und erklärt hatte, der Minister kenne nicht die Gründe für seine Ablösung.
Tillersons Rauswurf kommt dennoch nicht überraschend: Schon Ende vergangenen Jahres wurde über den Abgang des ehemaligen Ölmanagers spekuliert, der bei vielen wichtigen Themen mit dem Präsidenten über Kreuz lag. Anders als Trump plädierte Tillerson etwa für den Fortbestand des Atomabkommens mit dem Iran. Tillerson war auch nicht einverstanden mit Trumps Entscheidung, aus dem Pariser Klimavertrag auszusteigen, und lehnte die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels ab.
Für europäische Gesprächspartner war er ein Mann, der die Kontinuität amerikanischer Politik etwa im Verhältnis zu den Verbündeten betonte. Zuletzt soll Tillerson nur aus Pflichtgefühl im Amt geblieben sein. Hinter verschlossenen Türen soll der Minister seinen Chef einen „verdammten Schwachkopf“genannt haben – eine Formulierung, die von Tillerson nie offiziell dementiert wurde.
Noch am Montag hatte sich Tillerson über Trumps Zurückhaltung bei Kritik an Russland hinweggesetzt und betont, die Vergiftung eines Ex-Agenten in Großbritannien sei vermutlich das Werk Moskaus. Ob Tillersons Russland-Kommentar eine Rolle spielte, ist unklar. Es habe einfach zu viele Differenzen zwischen ihm und Tillerson gegeben, sagte Trump. Das dürfte bei Tillersons designiertem Nachfolger, CIA-Chef Michael Pompeo, nicht passieren: Der Republikaner, der sich der ultrakonservativen „Tea Party“angeschlossen hat, ist in vielerlei Hinsicht ein Außenminister nach Trumps Geschmack. Pompeo trägt Trump den täglichen Lagebericht der Geheimdienste vor und hat den Präsidenten damit offenbar beeindruckt. In wichtigen Sachthemen liegen beide auf einer Linie. Wie Trump lehnt Pompeo den Atomvertrag mit dem Iran ab.
Keine erfreulichen Nachrichten für die Europäer, die das Abkommen mit eingefädelt haben, wie der amerikanische Politik-Experte Tyson Barker vom Berliner Aspen Institute erklärt: „In der Iranpolitik könnten sich abseits des jetzigen Streits um Handelszölle neue Reibungspunkte mit Europa ergeben.“Zudem spekulierten die US-Medien darauf, dass Trump als nächsten Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster auf einen Posten außerhalb des Weißen Hauses versetzen könnte. McMaster gilt in Europa als einer der wenigen verlässlichen Stabilitätsanker. „Er könnte durch den neokonservativen Ex-UN-Botschafter John Bolton ersetzt werden, der für eine wesentlich härtere Linie gegenüber dem Iran steht“, glaubt Barker. „Ein Duo Pompeo und Bolton würde für eine deutlich aggressivere amerikanische Außenpolitik stehen, die wieder wesentlich mehr Präsenz bei allen Konfliktherden zeigen würde, ähnlich wie man es etwa in der Ära von George W. Bush erlebt hat“, erwartet der Experte.
Trump soll im engsten Beraterkreis gesagt haben, er wolle sich künftig mehr auf sein Bauchgefühl verlassen als auf den Rat von Experten. In dem Maße, in dem der außenpolitisch unbeschlagene Trump seinem Instinkt folgt, werden die USA unberechenbarer. Der 71-jährige ist bekannt dafür, dass er sich nur ungern mit den komplizierten Details eines Themas befasst.