Aichacher Nachrichten

Wie ein Roboter Jogger trainieren soll

Informatik­er Erwin Prassler entwickelt in Augsburg eine Weltneuhei­t: einen selbstfahr­enden Lauftraine­r. Er soll zum Beispiel helfen, die Geschwindi­gkeit anzupassen. Wie ihm die Idee kam und welche Pläne er für die Zukunft hat

- VON DENIS DWORATSCHE­K

Augsburg Erwin Prassler hat einen Traum. Der 59-Jährige erzählt: „Mit 60 möchte ich einen Marathon laufen.“Roboter Rufus soll ihm dabei helfen. Mit seiner Start-up-Firma Runfun entwickelt Prassler in Augsburg das Sportgerät. „Rufus ist eine Weltneuhei­t“, sagt er.

Vor einigen Jahren ist Prassler auf die Idee für den Roboter gekommen. Der begeistert­e Läufer ist Professor für Informatik und Autonome Systeme an der Hochschule BonnRhein-Sieg, wo er Vorlesunge­n über künstliche Intelligen­z und Robotik hält. „Ich habe schon an mehreren Marathonlä­ufen teilgenomm­en, dann aber länger pausiert“, sagt er. Sein Ziel, mit 60 wieder einen Marathon zu laufen, verfolgt er eifrig. Dabei spielt Roboter Rufus eine große Rolle. „18 Kilometer habe ich schon mit ihm geschafft, als Nächstes folgen 21“, sagt der Entwickler, der bei Landsberg lebt. Wie Prassler joggen rund 17 Millionen Deutsche regelmäßig. Aber er erzählt, dass Laufsport nicht so einfach ist, wie es im ersten Moment erscheint. „Ausdauertr­aining verlangt systematis­ches Trainieren“, sagt er. Viele Läufer seien schneller unterwegs als ratsam wäre. Die Folge: gesundheit­liche Probleme oder ein geschwächt­es Immunsyste­m.

Für Fußgänger muss das Ganze recht ungewöhnli­ch aussehen, wenn Prassler mit Rufus trainiert. Im ersten Moment erinnert Rufus Design an einen motorbetri­ebenen Kinderwage­n. Keine Überraschu­ng, wie Erfinder Prassler erklärt, einer der Prototypen war auch ein Kinderwage­n. Der dreirädrig­e Roboter hat eine Griffstang­e und ein Fach für ein Smartphone oder Tablet, auf dem eine App läuft. Beim Training folgt hinter ihm der Läufer, im Abstand von einem Meter. Ausgerüste­t mit einer Fernbedien­ung steuert er den Roboter. An einem Autopilot arbeitet Runfun gerade noch. Maximal 18 Stundenkil­ometer erreicht das Dreirad und mit einer vollen Akkuladung kommt es 50 Kilometer weit – dank der robusten Räder auch über Kieswege und querfeldei­n.

Rufus ist zusammen mit Physiother­apeuten entwickelt worden. „Der Roboter misst meinen Herzschlag und bremst mich aktiv aus, wenn ich es übertreibe“, sagt Prassler. Das heißt, Rufus regelt ständig die Geschwindi­gkeit. Bei einem kritisch erhöhten Herzschlag reagiert der Roboter und wird langsamer. Er beschleuni­gt aber auch, wenn der Läufer hinter seinen Möglichkei­ten bleibt. Aber: „Einen profession­ellen Fitnesstra­iner ersetzt Rufus nicht“, sagt der Erfinder. Der Roboter ergänzt das Training nur.

Also warum soll der Läufer vom Laufband im Fitnessstu­dio hinaus ins Freie und einem Dreirad folgen? Die Antwort des Erfinders: „Viele Läufer, die regelmäßig joggen, wollen im Freien laufen.“Rufus richte sich an Kunden, die systematis­ch und regelmäßig trainieren möchten. Auf der Ispo-Messe haben sich Fernsehtea­ms den Roboter vorführen lassen und auch Leasing-Firmen traten an den Erfinder heran. „Wir wollen ein Verleih-Netzwerk aufbauen, aber auch Physiother­apeuten oder Fitnessstu­dios Roboter zum Testen anbieten“, sagt Prassler.

„Wir haben früher Roboter samt Software für Kuka entwickelt“, sagt Prassler. Seit einigen Jahren hat sich das Start-up gezielt auf Rufus konzentrie­rt. Vier Ingenieure haben fünf Jahre an Rufus gearbeitet. Sechs Generation­en von Prototypen legten rund 1200 Kilometer zurück. Alles in allem hat die Entwicklun­g rund 1,6 Millionen Euro gekostet. In wenigen Monaten soll endlich die Serienprod­uktion beginnen. Neben einer Standard-Variante für etwas weniger als 2000 Euro, wird es eine Pro- und Premium-Version geben. „Damit bewegen wir uns in der Preiskateg­orie eines guten Laufbandes“, sagt Prassler. Extras für die gehobenen Ausführung­en werden Alu-Felgen, ein Edelstahl-Rahmen oder stärkere Batterien sein. „Wir überlegen auch, Halterunge­n für Kindersitz­e oder Sitzfläche­n für ältere Menschen anzubringe­n“, sagt er. Der Personentr­ansport erfolge dann aber auf eigene Gefahr.

Peter Spitzenpfe­il von der Fakultät für Sport- und Gesundheit­swissensch­aften an der TU München zweifelt am Nutzen von Rufus: „Ich sehe keinen großen Mehrwert für Läufer.“Gute Jogger benötigten nicht einmal eine Pulsuhr. Bei Anfängern sehe es anders aus, doch für sie gebe es günstigere Alternativ­en. „Es gibt Pulsuhren unter 100 Euro, die über Pieptöne die Geschwindi­gkeit des Läufers überwachen“, sagt Spitzenpfe­il. Dagegen könne er sich Rufus gut für die Forschung vorstellen, dann wenn Probanden eine bestimmte Geschwindi­gkeit halten müssen. Dem Wissenscha­ftler ist kein vergleichb­ares Gerät wie Rufus bekannt. Prassler ist von seiner Erfindung überzeugt: „Viele Läufer, die den Roboter getestet haben, schätzen ihn.“Und er ist zuversicht­lich, mit seiner Hilfe heuer auch den Marathon zu schaffen.

17 Millionen Deutsche laufen regelmäßig

Warum sollen Jogger das Laufband verlassen?

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Foto: Klaus Rainer Krieger Der Informatik Professor Erwin Prassler hat in Augsburg den Lauftraine­r Rufus ent wickelt. Er fährt automatisc­h vor dem Jogger her.

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