Sensation, die zweite
Virginie Despentes legt umwerfend nach
Womöglich wird es dieses Jahr bei uns kein besseres Buch zu lesen geben als dieses: temporeich und gnadenlos, witzig und abgründig, wahrhaftig und absurd zugleich. Und dabei ist es doch eigentlich nur der mittlere Teil einer ganzen RomanTrilogie über den Absturz eines Schallplattenverkäufers in Paris.
„Das Leben des Vernon Subutex“, so heißt die Serie bei uns. In Frankreich hat sie die Autorin Virginie Despentes (bis dahin als ExProstituierte trotz Bucherfolgen wie dem fürs Kino verfilmten „Baisemoi“und „Apokalypse Baby“noch etwas zu skandalumwittert) endgültig zu einer der bedeutendsten Autorinnen der Gegenwart gemacht. Warum, das wurde bereits im ersten Teil erahnbar. Denn der Sturz ihres Vernon durch die sozialen Netze ist für Despentes Anlass zu einem Schnitt durch eine von Individualismus und Kapitalismus entseelte Gesellschaft.
Nun, in Teil zwei, bleibt auch das zum Auftakt mit viel Koks und ordentlich Exzess etwas zu schrill Inszenierte draußen. Subutex lebt auf der Straße, ein seltsamer Kreis ehemaliger Bekannter findet durch die Suche nach ihm zusammen: Politischer Rechtsausleger trifft auf ExPorno-Queen, trifft auf lesbische Muslima, trifft auf Lottogewinner im Gewand eines heruntergekommenen Säufers … Großartige Lebensstudien. Wer Michel Houellebecq oder Sibylle Berg mag, wird das hier lieben.