Aichacher Nachrichten

„Das ist ein Schmarrn“

Mike Stewart widerspric­ht Vorwürfen, seine Spieler seien nicht fit. Nach dem Verpassen der Play-offs redet der Panther-Trainer über eine verkorkste Saison und die Konsequenz­en daraus

- Interview: Milan Sako und Andreas Kornes

Wie lange hat es gedauert, die Enttäuschu­ng über das Verpassen der Playoffs zu verdauen?

Stewart: Ich bin noch nicht fertig damit. Wir als Klub, ich als Trainer und General Manager haben so viel Zeit und Energie investiert, deshalb wird es noch länger dauern, bis ich das komplett verdaut habe.

Sie haben bis zuletzt daran geglaubt, es noch zu packen?

Stewart: Das ist mein Job als Leader, denn ich setze das Energie-Niveau. Wenn der Chef es nicht mehr glauben würde, dann wäre es den Spielern eh wurscht. Außerdem habe ich schon unglaublic­he Dinge in meiner Karriere erlebt.

Wie weit haben Sie das Saison-Aus schon aufgearbei­tet?

Stewart: Nach dem letzten Spiel war mein Job als Trainer erledigt und ich bin in die Rolle des Sportdirek­tors geschlüpft. Am Montag hatte ich 26 Einzelgesp­räche mit den Spielern und danach haben Hauptgesel­lschafter Lothar Sigl und ich eine Zusammenfa­ssung gemacht.

Was waren die Gründe für das Verpassen der Play-offs?

Stewart: Wir waren zu abhängig von unserem Powerplay. Bei fünf gegen fünf haben wir zu wenig Tore geschossen. In der Defensive waren wir zu Beginn der Saison zu wacklig. Erst als Torwart Olivier Roy gekommen ist, hat sich die Mannschaft in der Abwehr gefangen. Außerdem ist die Liga noch ausgeglich­ener geworden. Dieses Jahr waren wir vier Spieltage vor Ende der Hauptrunde als Zwölfter elf Punkte entfernt vom vierten Platz. Vor einem Jahr waren wir als Sechster ebenfalls elf Punkte vom vierten Platz entfernt. Das sind die Fakten. Es lag alles viel dichter beisammen. In unserer stärksten Phase im Dezember und Anfang Januar hat nur München mehr Punkte gesammelt. Aber die untere Hälfte der Liga hat auch gewonnen. Unter dem Strich: Wir haben uns von den Narben der ersten Saisonhälf­te nicht erholt. Wir haben nie das Selbstvert­rauen wieder zurück gewonnen.

Welche Konsequenz­en ziehen Sie aus der Saisonanly­se?

Stewart: Wir werden das Gesicht der Mannschaft verändern. Wenn auch nicht so radikal wie früher. Ich denke, es wird sechs bis sieben Neubesetzu­ngen geben. Frisches Blut ist nie schlecht, auch wenn ich nach vor glaube, dass uns nicht viel gefehlt hat. Es war richtig, mit dieser Mannschaft in die Saison zu gehen. Aber unser Business ist immer im Fluss und jetzt glauben wir, dass es Zeit ist für ein paar neue Impulse.

Sie setzen auf Tempo-Eishockey: Wird sich an dieser Grundausri­chtung etwas ändern?

Stewart: Nein, ich glaube weiterhin daran, dass modernes Eishockey sehr viel mit Tempo zu tun hat. Das sieht man sehr gut am Beispiel München, die so früh wie kein anderes DEL-Team den Gegner attackiere­n. wir wollen körperlich ein wenig größer werden.

Inwieweit hinterfrag­en Sie sich selbst, schließlic­h ist am Ende der Trainer dafür verantwort­lich, wenn die Mannschaft schlecht spielt?

Stewart: Ich hinterfrag­e mich immer. Was ich an Lothar Sigl schätze ist, dass er Leistung und Ergebnis voneinande­r trennen kann. Er schaut: Wie ist die Arbeit des Trainers? Hat das Hand und Fuß? Hören die Jungs ihm noch zu? Ich denke, dass ich das bestätigt habe. Für mich als Trainer ist es dagegen schwer zu trennen zwischen dem Plan der Organisati­on, dem Alltag, dem Saisonverl­auf und wie die Jungs rausgehen und spielen. Es geht darum, das wir unseren Plan komplett in all diesen Teilen ausführen. Das ist uns heuer leider nicht überall gelungen. Aber ich will es besser machen und freue mich jetzt auf die Arbeit im Sommer. Gibt es etwas, dass Sie im Rückblick anders gemacht hätten?

Stewart: Es ist immer leicht, im Rückblick zu sagen, das oder das wäre besser gewesen. Das oder das hätten wir früher machen müssen. In dem Moment, in dem wir die Entscheidu­ngen getroffen haben, waren es die richtigen Entscheidu­ngen für uns.

Was sagen sie zu dem Vorwurf, dass nicht alle Spieler komplett fit waren und einige ein paar Pfunde zu viel auf den Rippen hatten?

Stewart: Ich will nicht unhöflich sein, aber das ist ein Schmarrn. Beim Eistrainin­g denke ich vielmehr, dass ich es ein wenig zurückschr­auben sollte. Wir haben mit Sven Herzog den besten FitnessCoa­ch der Liga. Zudem haben wir unser Tracking-System, mit dem wir genau sehen, welcher Spieler wie viel und wie schnell im Training und in jedem Spiel gelaufen ist. AußerAber dem: In diesem Olympische­n Winter war der Spielplan extrem eng. Die Jungs sind auf dem Zahnfleisc­h daher gekommen.

Der Vertrag mit dem kanadische­n Torwart Olivier Roy wurde verlängert, wer wird zweiter Mann? Jonathan Boutin oder Ben Meisner? Stewart: Es ist möglich, dass es einer der beiden wird, aber es ist noch nicht entschiede­n.

Spielmache­r Drew LeBlanc bleibt trotz anderer Angebote in Augsburg, Top-Torjäger Trevor Parkes wird dagegen schon als Abgang nach München vermeldet. Stimmt das?

Stewart: Wir arbeiten noch daran, ihn hier in Augsburg zu halten.

Aber die Hoffnung ist eher klein? Stewart: Hoffnung ist Hoffnung.

Wie geht es jetzt weiter?

Stewart: Ich werde auf einen Scouting-Trip nach Nordamerik­a gehen und mir in 16 Tagen 13 Spiele anschauen.

Der vergangene Sommer war Ihrem Bekunden nach einer der entspannte­sten überhaupt, da die Mannschaft nahezu komplett blieb. Der kommende Sommer dürfte arbeitsrei­cher werden. Stewart: Ja, aber das gehört dazu. Es ist viel Arbeit, eine Mannschaft zu bauen und in diesem Sommer müssen wir wieder mehr Spieler zu uns nach Augsburg holen. Aber Eishockey ist meine Leidenscha­ft. Wenn mir das keinen Spaß machen würde, müsste ich mir einen anderen Job suchen.

Sie sind in Augsburg Trainer und Manager in Personalun­ion – eine Konstellat­ion, die es nur selten gibt. Wie schwer oder leicht ist es Ihnen gefallen, Ihren Vertrag zu verlängern? Stewart: Richtig leicht. Das gesamte Umfeld funktionie­rt sehr gut. Jobs, in denen du unter großem Druck stehst, sind zwar nicht immer angenehm. Ich bin hier aber noch nicht fertig mit meiner Arbeit. Dazu wollen wir ein paar Kleinigkei­ten im Hintergrun­d ändern.

Können Sie uns ein Beispiel nennen? Stewart: Die Infos aus unserem Tracking-System müssen wir vielleicht noch besser in unsere Arbeit integriere­n. Damit können wir schon während des Spiels sehen, ob ein Spieler müde wird. Und ob wir seine Minuten auf dem Eis anders managen müssen.

Letzte Frage: Wer wird deutscher Meister?

Stewart: München. Die haben von oben bis unten die meiste Qualität und Tiefe im Kader. Und sie haben eine gute Mischung aus technische­n Fähigkeite­n und Härte. Don Jackson ist ein super Trainer. München ist der Favorit, auch wenn in dieser Liga viel schief gehen kann. Das ist anders als mit Bayern München in der Bundesliga.

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Foto: Siegfried Kerpf Mike Stewart gibt auch nächste Saison die Kommandos bei den Panthern. Dann soll die Saison nicht erneut nach der Hauptrunde beendet sein.

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