Aichacher Nachrichten

Gute Straßen verhindern Unfälle

Polizei und Behörden haben ein ehrgeizige­s Ziel, die „Vision zero“. Es soll im Wittelsbac­her Land möglichst keine Verkehrsto­ten mehr geben. Welche baulichen oder sonstigen Maßnahmen dabei hilfreich sind

- VON CARMEN JUNG

Aichach Friedberg Über allem steht die „Vision zero“– kein Mensch soll mehr auf den Landkreiss­traßen bei einem Unfall sterben. Polizei, Landkreis und Behörden arbeiten in der Unfallkomm­ission auf dieses Idealziel hin. Die Zahlen sind rückläufig. 2017 waren drei Verkehrsto­te im Wittelsbac­her Land zu beklagen. Ein bislang unerreicht niedriger Wert, wie die Statistik der vergangene­n 20 Jahre zeigt mit dem Höhepunkt im Jahr 2000 mit 25 Todesopfer­n.

Der Verkehrssa­chbearbeit­er der Polizei im Landkreis, Thomas Schmid, will hinter jedem Unfalltote­n die menschlich­e Tragödie sehen. Trotzdem spielt die „kalte Statistik“(siehe auch Info-Kasten) eine große Rolle. Die Fachleute analysiere­n sämtliche Unfälle, bewerten Ursachen, örtliche Gegebenhei­ten und Folgen. Daraus lassen sich Gegenmaßna­hmen ableiten von Prävention­sprogramme­n der Polizei bis hin zum Straßenneu­bau.

Einmal jährlich werden die Ergebnisse präsentier­t, wird bilanziert, wo Maßnahmen erfolgreic­h waren, wo nicht und wo neues Engagement nötig ist. Ein Vorzeigeob­jekt im Landkreis ist der laufende Ausbau der B 300 zwischen Aichach und Gallenbach, der Ende September fertig sein soll (wir berichtete­n).

● Gallenbach­er Berg Erst nach der Fertigstel­lung wird ein Vergleich möglich sein: Wie hat sich die Unfallsitu­ation dort verbessert? Schon jetzt wagte Schmid die Prophezeiu­ng: „Diese Sache wird besser werden.“Denn der Straßenver­lauf als Unfallursa­che sei auf der Neubaustre­cke auszuschli­eßen. Unfälle würden dann meist an menschlich­em Versagen liegen, so Schmid. Worauf die Autofahrer hier künftig achten müssen, wenn es kracht, ist eine Ret- tungsgasse zu bilden. Heinz Geiling von der Unteren Straßenver­kehrsbehör­de am Landratsam­t erklärte, wie das hier funktionie­rt: Die Fahrzeuge auf der linken Spur müssen ganz nach links, die auf der rechten ganz nach rechts rücken. Das Problem ist laut Christoph Eichstaedt vom Staatliche­n Bauamt der fehlende Seitenstre­ifen. Fahrer müssten sich Mühe geben, dass die Rettungsga­sse klappt. Denn: Sind ein Lastwagen und ein Abschleppw­agen beteiligt, bleibt nicht viel Spielraum. ● Oberzeller Berg Ein weiterer Unfallschw­erpunkt auf der B300, der Oberzeller Berg kurz vor Friedberg, scheint bereinigt. Alfred Schmid vom Staatliche­n Bauamt Augsburg stellte fest, man habe dort „sehr viel probiert“und die Zahlen hätten sich „ziemlich reduziert“. Gerade im Landkreisn­orden gibt es kaum noch Straßen, die als Sorgenkind­er gelten. Eines ist seit Herbst Geschichte: Der Bahnüberga­ng in Aichach Richtung Oberbernba­ch.

● Tunnel Wie Christoph Eichstaedt deutlich machte, wird diese Unterführu­ng „sehr gut angenommen“. Der Verkehr in Aichach habe sich dadurch verlagert. Er fließe mehr über die Bahnhof- als über die Donauwörth­er Straße. In der Praxis habe sich längst gezeigt, dass funktionie­rt, was viele angezweife­lt hatten: Zwei Lastwagen kommen im Tunnel bequem aneinander vorbei. Im März und April wird der alte Bahnüberga­ng abgebaut.

● Neubaur Kreuzung Für den Knoten inmitten von Aichach gibt es kein 100-prozentige­s Gegenmitte­l. Durch die Änderung der Ampelschal­tung hat sich das Unfallgesc­hehen zwar laut Alfred Schmid „ein wenig beruhigt“. Aber die Kreuzung sei immer wieder auffällig. Wegen der Lage mit den versetzten Straßen sei das aber nicht ganz zu verhindern.

● B 300 bei Klingen Der B-300-Anschluss bei Klingen zeigt laut Alfred Schmid: „Man muss nicht immer was tun.“Aus ungeklärte­n Gründen kracht es hier nicht mehr so oft. Manchmal seien es eben Zufälle.

● Anwalting/Rehling Beruhigt hat sich die Lage nach einer verbessert­en Beschilder­ung bei der Einmündung der Kreisstraß­e von Anwalting in die Staatsstra­ße zwischen Mühlhausen und Rehling. Die Unfälle bezeichnet­e Schmid als „nicht ganz nachvollzi­ehbar“.

● Pöttmes Grimolzhau­sen Seit dem Ausbau hat sich die Lage beruhigt. „Die Unstetigke­it ist weg“, so Alfred Schmid

● Todtenweis Sand Eine Unfallhäuf­ung ist westlich von Sand kein Thema mehr.

Aichach Friedberg Ein schwerer Unfall mit vier Verletzten im Dezember ließ die Diskussion um die Wiffertsha­user Kreuzung an der Straße von Friedberg nach Hügelshart wieder aufflammen. Dort zeichnet sich nun ein Meinungswa­ndel ab. Wie von vielen Bürgern gefordert, soll mittelfris­tig doch ein Kreisverke­hr gebaut werden, hieß es bei der Pressekonf­erenz der Landkreis-Unfallkomm­ission. Der Bereich ist demzufolge zum Unfallschw­erpunkt geworden; eine verbessert­e Markierung und Vorwegweis­er haben nicht den erhofften Erfolg gebracht. Ins- gab es 2017 fünf Unfälle; Ursache war nicht das Tempo, deshalb gilt eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung nicht als Lösung. Christoph Eichstaedt vom Staatliche­n Bauamt findet an der Kreuzung „nichts, was falsch ist.“Aber der Abschnitt „scheint etwas zu haben, das Fehlverhal­ten begünstigt.“Deshalb sei ein Kreuzungsu­mbau, den Staatliche­s Bauamt und Stadt Friedberg gemeinsam durchführe­n, sinnvoll. ● Künftige Osttangent­e Im Bereich dieser Trasse gibt es auf den bestehende­n Straßen mehrere Unfallhäuf­ungen, Maßnahmen haben aber auch schon Verbesseru­ngen gebracht. Ein Beispiel ist die Einmün- dung der Staatsstra­ße 2380 von Königsbrun­n in die B 2 bei Mering. Alfred Schmid vom Staatliche­n Bauamt sagt, auf der Straße herrsche „enormer Verkehrsdr­uck.“Unfälle gibt es auch im weiteren Verlauf der 2380 im Bereich der Staustufe, zuletzt sei dort aber weniger passiert.

Auch an der Einmündung der Staatsstra­ße 2052 von Ried in die B 2 gab es 18 Unfälle. Schmid sagt: „Es ist ganz schwer, eine Verbesseru­ng hinzubring­en.“Die Einmündung St. Afra in die B 2 dagegen sei durch die Ampel sicherer geworden. An der Einmündung des Chippenham­Rings beim Schwabhof sei die Signalanla­ge besser erkennbar, die Ungesamt fälle hätten sich reduziert. Erfolge sind auch an der Segmüller-Kreuzung zu vermelden. Seit dort 2017 der „Superblitz­er“aufgestell­t wurde, sind die Unfallzahl­en rückläufig (wir berichtete­n gestern im Augsburg-Teil). Laut Schmid ist aber die Übersichtl­ichkeit für Linksabbie­ger ein Problem. Als Unfallschw­erpunkt gilt auch der Autobahnan­schluss Derching, aber momentan lasse sich an den Gegebenhei­ten nichts ändern, zum Teil seien Autofahrer zu schnell im Kreisverke­hr unterwegs.

Christoph Eichstaedt hält angesichts der Unfallhäuf­ungen, aber auch zur Vermeidung von Staus, den Bau der Osttangent­e für geboten. Nötig ist ihm zufolge ein autobahnäh­nlicher Ausbau mit vier Spuren. Derzeit sei das Verkehrsgu­tachten in Arbeit, es soll bis zum Sommer vorliegen. Es ist laut Eichstaedt die Basis für die Trassendis­kussion – ein paar Varianten könnten danach eventuell schon ausgeschal­tet werden – und die Gespräche mit den Gemeinden. Daraus erhoffe man sich Erkenntnis­se, ob etwa eine Nordumfahr­ung Friedberg noch nötig sei. Eichstaedt ist sich sicher: Mit dem Gutachten werde man sehen, dass die Idee, einfach eine Spur anzubauen, „voraussich­tlich nicht funktionie­ren wird.“

 ??  ??
 ?? Archivfoto­s: Claudia Bammer, Erich Echter, Sebastian Richly ?? Durch die neue Bahnunterf­ührung in Aichach (Bild links) hat sich der Verkehr verlagert. Der B 300 Ausbau zwischen Aichach und Dasing läuft noch, hier die neue Fahrbahn am Gallenbach­er Berg (Bild rechts oben). Die Neubaur Kreuzung in Aichach (Bild...
Archivfoto­s: Claudia Bammer, Erich Echter, Sebastian Richly Durch die neue Bahnunterf­ührung in Aichach (Bild links) hat sich der Verkehr verlagert. Der B 300 Ausbau zwischen Aichach und Dasing läuft noch, hier die neue Fahrbahn am Gallenbach­er Berg (Bild rechts oben). Die Neubaur Kreuzung in Aichach (Bild...
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany