Projekt „Elternsein in Deutschland“erfolgreich
Damit Asylfamilien das Leben hierzulande besser verstehen können: Drei Organisationen beteiligen sich an Pilotprojekt im Landkreis. Es geht um Gesetze, um Sicherheit im Haushalt oder Freizeitbeschäftigungen für Kinder
Aichach Die Kooperation des Kreisjugendamts mit dem Verein „Eltern für Afrika“, der Caritas-Asylsozialberatung und der Ausländerbehörde hat bestens geklappt. Das im September angelaufene Projekt „Elternsein in Deutschland“mit dem Ziel, Asylfamilien beim Integrationsprozess zu unterstützen, hat die Erwartungen und Hoffnungen aller Beteiligten erfüllt. Beim Pressegespräch im Landratsamt erläuterten die Organisatoren jetzt das Projekt. Mit eingeladen war eine afghanische Familie, die an dem Kurs teilgenommen hatte.
Kann man Integration überhaupt lernen? Wie schaffe ich mit meiner Familie den Schritt in eine Gesellschaft, die in vielen Bereichen mit meinen Traditionen nicht konform geht? Mit diesen und anderen Problemen, die Asylfamilien und Alleinreisende täglich bewegen, setzten sich die Diplom-Sozialpädagoginnen Elisabeth Peter und Daniela Reindl vom Kreisjugendamt Aichach auseinander.
Das von ihnen initiierte Projekt „Elternsein in Deutschland“fand beim Verein „Eltern für Afrika“mit Susanne Fuchs und Judith Marz fachliche-pädagogische Unterstützung. Kathrin Stachon von der Caritas-Asylsozialberatung übernahm mit ehrenamtlichen Helfern die Kinderbetreuung während der Seminarstunden. Sie war zudem für logisti- Fragen zuständig. „Das Angebot hat sich aus dem Bedarf ergeben“, bestätigte Elisabeth Peter. Dass die Familien nach Hilfe und Unterstützung in Sachen Integration und Alltagsbewältigung suchen, sei bekannt. Das als Elternseminar angelegte Projekt fand erstmalig in Friedberg statt. Die nötigen Räumlichkeiten befanden sich in einer Unterkunft vor Ort, hier wohnte die Hälfte der Teilnehmer. Die maximal 16 Personen aus dem Stadtgebiet Friedberg waren ausnahmslos afghanischer Herkunft und wurden von einem Dolmetscher betreut. Insge- samt fünf Sitzungen fanden jeweils ein Mal pro Woche in den Abendstunden statt und waren auf zwei bis drei Stunden angelegt. Modulmäßig aufgearbeitet wurden Themen zu gesetzlichen Grundlagen, zu Gewaltformen und -folgen, zur Traumabewältigung und zu Grundbedürfnissen von Eltern und Kindern. Ein letztes Modul war der Evaluation und Reflexion seitens der Teilnehmer vorbehalten. Susanne Fuchs und Judith Marz waren laut eigenen Aussagen gerührt, „wie interessiert die Leute waren und wie aktiv sie bei allem mitgemacht haben“. Viele hätsche ten nach den Kursstunden in Einzelgesprächen um Rat gebeten. Die anfängliche Skepsis, dass es Fehlzeiten geben würde oder die Betroffenen nicht bei der Stange blieben, habe sich nicht bewahrheitet. „Uns kam es darauf an, eine Beziehung zu den Kursteilnehmern aufzubauen und Vertrauen zu schaffen“, sagte Fuchs. Das funktionierte auch deshalb so reibungslos, weil Kathrin Stachon als zuständige Betreuerin einen guten Draht zu sämtlichen Familien hatte und sie alle persönlich eingeladen hatte. Zudem war das Kurskonzept sehr praxisnah angelegt und vertraute auf die Mitarbeiter der Teilnehmer. „Das hat bei den Frauen manchmal länger gedauert als bei den Männern“, so Fuchs. Mit der Zeit und je nach Modul häuften sich die Fragen. Zum Thema Sicherheit im Haushalt kamen Aufbewahrung der Putzmittel und Steckdosen genauso zur Sprache wie eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung der Kinder. Eine Polizistin referierte über gesetzliche Grundlagen, über Gewalt und Schutzmöglichkeiten. Mithilfe eines fachspezifisch konzipierten Bilderbuchs ging man das Thema Traumabewältigung an. Im Rahmen von Gruppenübungen sollten Emotionen dargestellt und verbalisiert werden. „Das war für die afghanischen Kursteilnehmer genauso herausfordernd, wie es für deutsche Teilnehmer gewesen wäre“, vermutete Fuchs.
Der fünffache Familienvater Mohammed Asgharzada, der mit seiner Frau Marzia und dem jüngsten Sohn Yasin in der Runde saß, sagte: „Für meine Familie und auch die anderen war es super.“Asylleute würden nicht verstehen, wie man in Deutschland lebt, erklärte er. Ihn bewegten vor allem Fragen zur Kindererziehung und Gleichberechtigung. „Wenn die Eltern gut lernen, dann machen das die Kinder auch“, stellte er fest. Kathrin Stachon war restlos begeistert: „Die Teilnehmer haben alles aufgesogen, was es hier so gibt. Sie haben Lust, sich zu integrieren“, sagte sie. Die Dynamik innerhalb der Familien sei spürbar gewesen. „Andere Familien waren regelrecht eifersüchtig“, meinte sie. Nicht nur auf die Zertifikate. Denn in den Genuss der Seminare kommen bislang nur Familien mit sicherem Aufenthaltsstatus. Judith Marz, Leiterin des Vereins „Eltern für Afrika“, sprach von der gesteigerten „Achtsamkeit und dem Selbstwertgefühl“, das gerade die Frauen darin bestätigt habe, dass, wenn es ihnen gut gehe, es auch der Familie gut gehe. Entsprechend positiv fiel die Evaluation des Kreisjugendamtes aus. „Wir werden weiter machen“, hieß es. Zeitnah sollen in Aichach zwei Parallelseminare angeboten werden, verlautete Susanne Fuchs. Mindestens ein Kurs wird für Asylfamilien aus Nigeria sein. Unter anderem werden die Themenbereiche Schule und Erziehung, Familienplanung und Pubertät miteinfließen, sagte Elisabeth Peter.