Geschichtsunterricht in der Praxis
Wie anfällig sind wir für Faschismus? Theatergruppe des Gymnasiums Friedberg gibt mit „Die Welle“Antworten
Friedberg „Disziplin ist Macht“steht in Großbuchstaben auf der Schultafel. Darunter ist ein Wellensymbol gezeichnet. Die Schüler, alle schwarz-weiß gekleidet, sitzen stramm auf ihren Plätzen. Sie gehorchen ihrem Führer, dem Lehrer Ben Ross, aufs Wort.
Wer nicht gehorcht oder kritisiert, wie Schulreporterin Laurie, wird von der Gruppe geächtet. Bei diesem bedrückenden Geschehen handelt es sich glücklicherweise nicht um die Realität, sondern um eine gespielte Szene. Denn die Theatergruppe des Staatlichen Gymnasiums Friedberg führt dieses Jahr Morton Rhues Werk „Die Welle“auf, beziehungsweise die Theaterbearbeitung von Reinhold Tritt. Diese unterscheidet sich vom Roman vor allem darin, dass sie sich auf das Wesentliche beschränkt. So wurde aus dem Buch mit insgesamt 186 Seiten ein 50-seitiges Skript. Die Thematik ist aber die gleiche geblieben.
Ben Ross zeigt seinen Schülern im Geschichtsunterricht einen Film über den Holocaust. Sie sind schockiert und können nicht glauben, dass Menschen zu so einem grausamen Verhalten fähig sind. Um ihnen zu verdeutlichen, dass faschistisches Denken und Handeln immer und überall vorhanden ist, startet er ein Experiment. Doch dieses gerät schnell aus den Fugen und Ross sieht sich plötzlich als Führer vielen Anhängern gegenüber.
Diese Geschichte ist aber nicht fiktiv. „Die Welle“basiert auf den Erfahrungen des Lehrers Ron Jones, der im Jahr 1967 an einer kalifornischen Highschool in seinem Geschichtsunterricht ein Experiment durchführte, um den Schülern vor Augen zu führen, dass auch heute Pluralität und Toleranz in der Gesellschaft noch gefährdet sind und immer wieder aufs Neue verteidigt werden müssen.
Mit diesem Text nimmt sich die Schultheatergruppe eines schwierigen Themas an. Theaterleiter Andreas Schriefer sagt: „Der Stoff verlangt viel Fingerspitzengefühl. Wir wollen mit der Geschichte und den Opfern des Dritten Reichs respektvoll umgehen, gleichzeitig hat das Stück humoristische Momente.“
Schriefer leitet dieses Jahr das erste Mal das Schultheater und hat sich bewusst für diese schwierige Thematik entschieden. Viele der schauspielenden Schüler behandeln ihm zufolge sowieso gerade den Nationalsozialismus im Geschichtsunterricht. Gleichzeitig sei dieses Thema nicht nur unterrichtsrelevant, sondern gehe alle an. Das mache das Stück so spannend.
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Termin Dieser Geschichtsunterricht in der Praxis wird am 20. und 22. März in der Sporthalle des Gymnasiums Friedberg an der Rothenbergstraße um 19 Uhr aufgeführt. Karten an der Abendkasse.