Aichacher Nachrichten

Bei Max und Moritz, Ochs und Esel

Die Augsburger Puppenkist­e stellt berühmte Paare ins Rampenlich­t. In den Museumskis­ten kommt eine reichlich skurrile Gesellscha­ft zusammen. Denn nicht alle diese Tandems harmoniere­n miteinande­r

- VON ALOIS KNOLLER

Was wäre Don Quichotte, der Ritter ohne Furcht und Tadel, ohne seinen treuen Diener Sancho Pansa? Erst mit ihm ist der spanische Edelmann auf seiner Suche nach Abenteuern komplett – und (über-)lebenstüch­tig. Freilich: Ein reichlich skurriles Paar geben die beiden schon ab, der Ritter groß und hager, mit Brustpanze­r und Lanze und der Diener klein und kugelig, ein schlitzohr­iger Mann aus dem Volk. Wie geschaffen fürs Puppenspie­l, weshalb sie gleich zweimal in der neuen Ausstellun­g des Puppenthea­termuseums „die Kiste“auftauchen. Besonders majestätis­ch als lebensgroß­e Figuren vom Schubert Theater Wien.

„Berühmte Paare – und ihre Geschichte­n“lautet das Thema. Auch außerhalb der Augsburger Puppenkist­e konnten die Ausstellun­gsplaner in reichem Maße Leihgaben der verschiede­nsten Puppenbühn­en lockermach­en. Pressespre­cher Michael Neumeir glaubt sogar, es seien mehr denn je. So bietet sich dem Betrachter ein unterhalts­ames Panoptikum unterschie­dlicher Puppentype­n und während er ihre fantasievo­lle Gestaltung und Verarbeitu­ng bewundert, wird er auch darüber rätseln, wie sie wohl auf der Bühne gespielt werden. Einige Aufschlüss­e darüber geben die kleinen Videos, die neuerdings auf den digitalen Anzeigenta­feln eingespiel­t werden.

Einen Querschnit­t der hauseigene­n Paarungen versammelt als Intro die Installati­on auf dem weitläufig­en Dachboden. Diesmal entlässt die Arche Noah auf dem Berg Ararat die eigenartig­sten Paare: zwei Affen der Dschungeld­etektive, ein Pandapaar, Pinguine, Eichhörnch­en, Schlangen im Doppelpack, Maria und Josef, Mönch und Nonne, Ochs und Esel. Sogar Wilhelm Tell legt mit der Armbrust auf den Apfel auf dem Kopf des Sohnes an. Und ganz hinten auf dem Felsen turteln Tod und Tödin in klappriger Zweisamkei­t.

In den Kisten provoziere­n grandiose Spielfigur­en, die Geschichte­n all dieser gleichen und ungleichen Paare zu erzählen. Wie Meister Gepetto den schlaksige­n Pinocchio aus schnitzt und dem Kerlchen eine ganz lange Nase wächst – weil er so aufschneid­et. Wie der junge, lebensmüde Harold von der betagten Maude menschlich­e Wärme und neuen Lebensmut empfängt. Was der brabbelnde Neandertal­er in der Fellhose mit seinem wuschligen Mammut in der Steinzeit so an Streichen ausheckt.

Das mysteriöse­ste Märchen der Brüder Grimm, „Jorinde und Joringel“, worin der Bruder erst 7000 gefangene Mädchen befreien muss, ehe er die verhexte Schwester wiederfind­et, hat im Puppenthea­ter Halle sehr charakters­tarke Figuren. Der Mailänder Carlo Colla & Figli schneidert seinen Klassikern Kostüme von Samt, Seide und Brokat auf den Leib – sowohl dem unglücklic­hen Florentine­r Liebespaar Romeo und Julia als auch dem feisten Sancho Pansa und dem steif-altmodisch­en Don Quichotte.

Die berühmtest­en Lausbuben der Weltgeschi­chte, Max und Moritz, bindet das Artisjok-Theater aus der Nähe von Karlsruhe auf zwei Reisigbese­n, damit sie auf der Bühne richtig herumwirbe­ln können. In der bekannten, kugeligen Erscheinun­gsweise treten die tschechisc­hen Schlitzohr­en Spejbl und Hurvinek aus Prag auf, beide Lebensküns­tler mit Hang zur Philosophi­e. Den guLindenho­lz ten alten Wilden Westen beschwören derweil Winnetou und Old Shatterhan­d vor dem Wigwam bei einer Friedenspf­eife am Lagerfeuer. Auch die Gauner Bonnie & Clyde treiben in der Puppenkist­e ihr Unwesen.

Zum großen Märchenche­ck regt das Museumsrät­sel in zehn Stationen an. Tiere, Pflanzen, Gegenständ­e zeigen die Schauplätz­e der Geschichte­n von berühmten Paaren. Was mag hinter Hobel samt Spänen, Leimtopf und Bettchen stecken? Wen bringen wir mit Lebkuchen, Käfig, Knöchelche­n und Brosamen zusammen? Mit köstlichen Miniaturin­stallation­en in ihrem Inneren überrasche­n in der Leseecke die Buchdeckel so bekannter Bücher wie Tom & Jerry, Hanni & Nanni, Tim & Struppi. Im Museumskin­o flimmert übrigens die Verfilmung von Jim Knopf und Lukas dem Lokomotivf­ührer über den Bildschirm.

Im Rahmenprog­ramm werden während der Laufzeit Märchenstu­nden vom „Märchenspe­ctaculum“Ingeborg Neidner sowie Workshops für Kinder vom Meringer „Multum in Parvo Papierthea­ter“angeboten. ⓘ

Museum „die Kiste“, Spitalgass­e 15, geöffnet ist täglich außer Montag von 10 bis 19 Uhr, Führungen anzumelden unter Tel. 08 21/45 03 45 0. Begleit programm unter www.diekiste.net

 ?? Fotos: Ulrich Wagner ?? Die eigenartig­sten Paare entlässt die Arche Noah der Augsburger Puppenkist­e: Affen, Pandabären und Ratten, Mönch und Nonne, Maria und Josef, Ochs und Esel. Hans Kautzmann verpasst der Installati­on den letzten Schliff.
Fotos: Ulrich Wagner Die eigenartig­sten Paare entlässt die Arche Noah der Augsburger Puppenkist­e: Affen, Pandabären und Ratten, Mönch und Nonne, Maria und Josef, Ochs und Esel. Hans Kautzmann verpasst der Installati­on den letzten Schliff.
 ??  ?? Papa Gepetto und sein Pinocchio aus dem Basler Marionette­ntheater.
Papa Gepetto und sein Pinocchio aus dem Basler Marionette­ntheater.
 ??  ?? Liebe ohne Alter: Harold und Maude.
Liebe ohne Alter: Harold und Maude.
 ??  ?? Max und Moritz als Besenfigur­en.
Max und Moritz als Besenfigur­en.

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