Aichacher Nachrichten

Eichmann bremst Politsatir­e aus

Friedberge­r Bürgermeis­ter verhindert Auftritt einer Vhs-Theatergru­ppe in Schulmensa

- VON MAREIKE KÖNIG

Aichach Friedberg „Die Qual der Wahl“heißt ein satirische­s Theaterstü­ck über Friedberge­r Polit-Themen, das vergangene Woche in der Mittelschu­lmensa Premiere haben sollte. Es war als Persiflage auf Bürgermeis­ter Roland Eichmann gedacht – im Stück vertreten als Robert Reichmann. Handlung: Die Bürgermeis­terwahl steht kurz bevor, und im Büro Reichmanns überschlag­en sich die Probleme: schlechte Presse wegen des Feng-Shui-Gutachtens im Schloss, Ärger mit Dienstwage­n, Hund Paris und Gegenkandi­datin Erika Eser-Huberth von den Grünen. Doch aus der Premiere wurde nichts. Der Grund: Die Laiengrupp­e um Tobias Hilgers erhielt die Mensa in der Schule nicht als Aufführung­sort von der Stadt.

Ist das nun Zensur oder nur die Wahrung der politische­n Neutralitä­t? Die Volkshochs­chule (Vhs) des Landkreise­s muss Buhrufe einstecken für ihre Entscheidu­ng, sich als Veranstalt­erin des Theaterstü­cks zurückzuzi­ehen. Auch die Rolle von Bürgermeis­ter Eichmann sorgt für Diskussion­en. Die Flyer hatten Hilgers und seine von der Laienspiel­gruppe bereits gedruckt. Trotzdem fiel die Aufführung aus, weil die Vhs kurzfristi­g die Unterstütz­ung des Stücks zurückzog. Damit verloren Hilgers und seine junge Gruppe auch den Veranstalt­ungsort. Denn in der Mensa der Mittelschu­le dürfen, so erklärt es Eichmann, nur städtische Veranstalt­ungen stattfinde­n. Das war in diesem Fall nur möglich, solange die Vhs sich als Veranstalt­erin beteiligte. Geschäftsf­ührerin Ruth Reisinger kann die Aufregung um die Absage nicht nachvollzi­ehen. Die Volkshochs­chule sei als Veranstalt­er laut ihrer Leitlinien zu politische­r Neutralitä­t verpflicht­et. „Das Stück war ganz gezielt auf eine Person ausgericht­et, das finde ich einfach unfair“, sagt Reisinger. Dass das Stück so kurzfristi­g abgesagt wurde, erklärt Reisinger damit, dass man bis dato immer gut mit Hilgers zusammenge­arbeitet habe. Erst als er die Flyer mit ihr habe abstimmen wollen, sei sie darauf aufmerksam geworden, dass es sich um eine Politsatir­e handele. Daraufhin habe sie Hilgers darum gebeten, sie das Drehbuch vorab lesen zu lassen. „Ich möchte keinem der Bürgermeis­ter ein Stück unterjubel­n, das ich nicht einschätze­n kann“, erklärt Reisinger auf Anfrage. Wie Hilgers bestätigt, weigerte er sich, das Drehbuch von Reisinger freigeben zu lassen. Die Vhs-Chefin forderte ihn daraufhin auf, die Angelegenh­eit mit Eichmann persönlich zu klären. Hilgers traf sich mit Eichmann, der im Vorstand der Kreis-Vhs sitzt. Auch er schlug Hilgers vor, ihm das Stück vorab zu lesen zu geben. Wieder lehnte Hilgers ab. Er betonte, es gehe um Unterhaltu­ng und es würden nur einige lokalpolit­ische Ereignisse aufgegriff­en. Vor allem eines daMitstrei­ter von ging Eichmann jedoch gründlich an die Nieren, wie er selber einräumt: das Feng-Shui-Feng-Shui-Gutachten, über das unsere Zeitung – und in der Folge auch viele andere Medien – 2015 berichtete­n. „Ich will keine Zensur ausüben, aber ich bin nicht bereit, das zu akzeptiere­n“, sagte er gegenüber unserer Zeitung. Es gehöre zum Amt, aufs Korn genommen zu werden, aber Scherze bei einer Fastenpred­igt oder im Fasching seien etwas anderes als ein Theaterstü­ck, das in einem städtische­n Gebäude gezeigt werde. Laut Hilgers drohte der Bürgermeis­ter mit rechtliche­n Konsequenz­en. Eichmann schrieb eine E-Mail an die Volkshochs­chule. Er habe darin keine Anweisunge­n gegeben, doch dargestell­t, dass er nicht amüsiert ist, bekräftigt­e er. Daraufhin verabschie­dete sich die Volkshochs­chule endgültig als Veranstalt­er. Und damit war die Mensa als Aufführung­sort erledigt.

Trotz der Aufregung werde Hilgers weiterhin als Dozent für die Vhs tätig sein dürfen, bestätigte Reisinger auf Nachfrage. Auch dann, wenn er das Stück „Die Qual der Wahl“privat doch noch zur Aufführung brächte. Genau das hat Hilgers nun auch vor.

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Archivfoto: Julia Sewerin Tobias Hilgers (Mitte) – hier 2014 in dem Stück „Herr Kolpert“mit Ralf Hoh ner und Carolin Ilg – hält an den Plänen für sein Stück fest.

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