Paketfahrer fangen 100 Sendungen ab
Sechs Männer bestellen unter falschem Namen und behalten die Päckchen für sich. Einer nimmt 82 Sendungen an sich – und liefert vor Gericht die Erklärung dafür
Betrügern wird es im Internet leicht gemacht. Man ist anonym unterwegs, kann Namen, Daten und E-Mail-Adressen fingieren, Waren bestellen und dann nicht bezahlen. Noch einfacher geht’s, wenn man quasi an der Quelle sitzt. Sechs Paketfahrer eines Lieferdienstes sind jetzt wegen Betrugs und Datenfälschung verurteilt worden. Sie hatten sich von Online-Händlern insgesamt weit über 100 Pakete mit Bekleidung, Haushalts- und Elektroartikel im Wert von zusammengerechnet über 18000 Euro schicken lassen und die Sendungen dann selbst abgefangen.
Die sechs Rumänen im Alter zwischen 23 und 33 Jahren waren beim Subunternehmer eines großen Paketdienstes beschäftigt. Die Masche war simpel: Sie bestellten die Waren an Lieferadressen, die auf ihrer täglichen Ausliefertour tatsächlich existent waren. Die Namen und Daten der Empfänger waren allerdings frei erfunden. Als die Pakete in Augsburg eintrafen, unterschrieben sie mit den falschen Namen auf ihrem Handscanner und behielten die Sendungen für sich. Die Rechnungen blieben sie freilich schuldig. Ein Online-Händler ließ nachforschen. Der Sicherheitsmitarbeiterin des Paketdienstes konnte die sechs ungetreuen Fahrer nach und nach ausfindig machen und die Polizei einschalten.
Im Prozess vor einem Schöffengericht unter Vorsitz von Ulrike Ebel-Scheufele kam es hinter verschlossenen Türen zu einer Verfahrensabsprache mit Staatsanwalt Konstantin Huber und den Verteidigern Frank Thaler, Florian Engert,
Jörg Seubert, Werner Ruisinger, Helmut Linck und Michael Bauer. Die Beteiligung der einzelnen Angeklagten an den Betrügereien war völlig unterschiedlich. Ein 26-Jähriger hatte nur ein einziges Mal bestellt, ein anderer Rumäne fing gleich 82 Pakete ab. Der Grund: Die Wohnung seiner Eltern in Rumänien sei ausgebrannt, wie er erklärte. Er habe Bekleidung, Hausrat und Elektroartikel (Wert: über 12 000 Euro) für einen Neugroßer anfang in seine Heimat geschickt. Alle sechs Fahrer räumten die Vorwürfe ein, sie haben teils bereits Schadenswiedergutmachung geleistet. Die vom Schöffengericht ausgesprochenen Sanktionen reichten von einer Geldstrafe in Höhe von 1035 Euro (70 Tagessätze zu je 15 Euro) bis zu Bewährungsstrafen zwischen acht und 22 Monaten. Das Gericht habe die Geständnisse „extrem strafmildernd“gewertet, sagte Richterin Ulrike Ebel-Scheufele. Damit sei wohl allen Beteiligten ein mehrtägiger Prozess erspart worden. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.