Rekordhaushalt bekommt nicht nur Beifall
Aichacher Zahlenwerk mit einem Volumen von über 63 Millionen Euro wird nicht einstimmig verabschiedet. Freie Wählergemeinschaft stimmt zum vierten Mal in Folge dagegen. Bürgermeister will „sich nicht provozieren lassen“
Aichach Der Aichacher Rekordhaushalt ist unter Dach und Fach – aber nicht alle im „Haus“sind mit dem Zahlenwerk einverstanden. Der Stadtrat hat den Etat 2018 mit 21:7-Stimmen auf den Weg gebracht. Nein sagte geschlossen die Fraktion der Freien Wählergemeinschaft, die damit bereits zum vierten Mal in Folge ablehnte. Das war keine Überraschung, sondern die Beibehaltung der Linie in der gesamten Beratung. Auch Marion Zott (Grüne) und Edith Lotter (FDP) verweigerten ihre Zustimmung.
Die Verabschiedung des Haushalts, das Königsrecht eines jeden Parlaments oder kommunalen Ratsgremiums, war in der Sitzung am Donnerstagabend eine vergleichsweise kurze und schmerzlose Angelegenheit. Zuvor wurden die Windkraft-Konzentrationsflächen aufgehoben (siehe Seite 1) – das deutlich emotionalere Thema und damit war die Spannung auch spürbar raus. Bürgermeister Klaus Habermann (SPD) verzichtete komplett auf eine Etatrede. Er beschränkte sich auf zwei kurze Erwiderungen zu Beiträgen und Kritik der FW-Räte. Georg Robert Jung sprach von einem „zwar seriösen, aber nicht ganz seriösen“Etat und forderte höhere Sparsamkeit – Habermann: „Da sage ich jetzt mal nichts dazu.“Lothar Bahn wollte wissen, ob der Haushalt wegen der eingeplanten Neuverschuldung rechtsaufsichtlich geprüft werden muss – Habermann: „Sie werden mich auch dadurch nicht provozieren.“
Kämmerer Wilhelm Rottenkolber hatte zuvor sein „Werk“mit einem Gesamtvolumen von 63,5 Millionen Euro, über acht Millionen mehr als 2017, noch mal präzise und dennoch kurz und knapp vorgestellt (siehe Grafik). Mit der frühen Verabschiedung kann die Stadt ab sofort in die geplanten Projekte einsteigen. Der Etat der Kommune mit rund 21000 Einwohnern ist fast halb so groß wie der des Kreises (rund 138 Millionen) mit fast 130 000 Einwohnern. Wobei die Aufgaben der Gebietskörperschaften nicht vergleichbar sind. Heuer reicht die Stadt 10,9 Millionen Euro an Kreisumlage an das Wittelsbacher Land weiter. Rottenkolber geht davon aus, dass die Umlage in den nächsten Jahren noch darüberliegen wird. Der Leiter der Finanzverwaltung freute sich über die hohen Steuereinnahmen und die Zuführung vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt. Die fällt mit 6,3 Millionen Euro laut Rottenkolber so hoch wie noch nie aus. Diese Summe steht der Stadt für Investitionen zur Verfügung. Das ist ähnlich wie bei einem Privathaushalt. Wenn nach Abzug der laufenden Kosten wie Miete, Versicherungen und Lebensmitteleinkauf nichts übrig bleibt, dann geht das Rad gerade so um. Wer aber Geld auf die Seite bringt, kann auch mal ein Auto kaufen oder eine Waschmaschine, wenn die alte kaputt geht.
Rottenkolber ging auf einige Positionen näher ein. So wächst das Defizit im Bereich Kinderbetreuung heuer voraussichtlich auf 2,8 Millionen Euro. Die Personalkosten machen mit rund 11,4 Millionen Euro gut 24 Prozent des Verwaltungshaushalts aus. Das Bauprogramm ist mit einem Umfang von 11,2 Millio- nen Euro umfangreich. Große Posten darin sind zum Beispiel die Neugestaltung der Oberen Vorstadt, die heuer beginnt, und der Bau eines Kreisverkehrs an der Bahnhofstraße. Die Projekte, die sich über mehrere Jahre hinziehen, wie zum Beispiel auch die Erweiterung des Verwaltungsgebäudes, schlagen sich auch in der mittelfristigen Finanzplanung nieder.
Für die CSU-Fraktion erinnerte Peter Meitinger daran, dass die Stadt heuer schon fast mehr Kreisumlage abführt, als die Gewerbesteuer einbringt. SPD-Fraktionschef Karl-Heinz Schindler sprach von einem „solide finanzierten“Rekordetat. Die Ausgaben seien alle notwendig: „Da ist nix aus Jux und Tollerei dabei.“Damit hob er auf die FW-Kritik ab, die Stadt könne mehr sparen und ein Bauprogramm in dieser Größe sei eh nicht abzuwickeln. In Sachen Schuldenabbau sieht er die Stadt auf einem guten Weg. In 20 Jahren wurden die Kredite von rund 18 Millionen auf neun Millionen Euro halbiert. Würde der Kaufkraftverlust eingerechnet, dann liegt die Schuldenlast sogar nur noch bei einem Drittel im Vergleich zum Stand vor zwei Jahrzehnten. In Sachen Ganztagsbetreuung in Schulen sieht Schindler den Bund in der Pflicht. Es könne nicht sein, dass der Gesetzgeber bestelle und die Kommunen müssten dafür bezahlen. Trotz aller Beteuerungen gehe er nach allen Erfahrungen davon aus, dass die Stadt für diese neuen Angebote wieder auf einem Teil der Kosten sitzen bleibe. FW-Fraktionschef Georg-Robert Jung sagte voraus, dass das Bauprogramm nicht umgesetzt wird: „Über elf Millionen Euro werden Sie in acht Monaten nicht verbauen.“Eine Kreditaufnahme sei also gar nicht nötig. Er warf Schindler vor, „alternative Fakten“zu verbreiten. Der Schuldenstand sei schon mal etwas niedriger gewesen als jetzt, er sinke also nicht kontinuierlich. Und wenn sich der Stadtrat den Einsparungsvorschlägen seiner Fraktion in den vergangenen vier Jahren angeschlossen hätte, dann stünde die Stadt heute um 4,5 Millionen Euro weniger in der Kreide, kritisierte Jung.