„Dumme Fehler“
Martin Schulz blickt kritisch zurück
Berlin Wenn Martin Schulz zurückblickt auf das verrückte Jahr, das hinter ihm liegt, fühlt er sich an „House of Cards“erinnert, die USSerie über Macht, Brutalität und Niedertracht in der Politik. Schulz räumt ein, dass er Fehler gemacht habe als Kanzlerkandidat und SPDChef, „dumme Fehler“, wie er sagt. Aber er fühlt sich auch als Opfer, als „idealer Sündenbock“, der an seiner eigenen Anständigkeit gescheitert ist. So hat es der 62-Jährige dem Spiegel-Reporter Markus Feldenkirchen erzählt, der Schulz vor der Bundestagswahl über Monate hinweg begleitet hat.
Viele in der SPD waren fassungslos, als der Spiegel Ende September mit seiner „Schulz-Story“erschien. Selbstzweifel, Hilflosigkeit, Frustration – Schulz hatte dem Autor Einblicke in seine Seelenlage gewährt. („Die Leute finden mich peinlich. Die lachen doch über mich.“) Jetzt hat Feldenkirchen nachgelegt. Er hat Schulz bis zum Ende seines Weges begleitet, bis zu jenem kalten Februartag, an dem er nach Berlin aufbricht, um sein Amt niederzulegen. Die Geschichte, die der Autor aufgeschrieben hat, zeigt das Bild eines zutiefst erschöpften Mannes. „Gott, bin ich müde. So unfassbar müde“, sagte der 62-Jährige da. „Ob ich jemals wieder fit werde, weiß ich nicht. Ich glaube, ich brauche ein halbes Jahr, um wieder zu Kräften zu kommen.“Schon der Anfang klingt filmreif. „Entweder du killst ihn, oder er killt dich“, soll ihn Andreas Nahles Anfang 2017 mit Blick auf Sigmar Gabriel gewarnt haben. Der hatte Schulz damals SPD-Vorsitz und Kanzlerkandidatur angeboten, um selbst Außenminister zu werden. Und lag Nahles damit völlig falsch?
Schulz meint, man habe ihm einen Strick gedreht aus dem Satz, dass er nicht in eine Regierung von Merkel eintreten würde. Dabei sei dieser Satz direkt nach der Bundestagswahl und damit zu einem Zeitpunkt gefallen, als die ganze Partei gegen einen Eintritt in die Regierung gewesen sei. „Jetzt geht die ganze Partei in die Regierung, nur der Parteichef darf es nicht.“Heute sitzt Schulz als einfacher Abgeordneter im Bundestag. Genauso wie Sigmar Gabriel.