Aichacher Nachrichten

Uli Hoeneß: Der Patriarch ist noch nicht fertig

- VON TILMANN MEHL time@augsburger allgemeine.de

Familienge­führte Unternehme­n leiden häufig unter dem Problem der Nachfolger­egelung. Der Sohn will den Hof nicht mehr weiterführ­en. Arbeitszei­ten, soziales Ansehen, Wirtschaft­lichkeit – alles spricht für eine Laufbahn fernab von Schweinen und Kühen. Außerdem hat Papa gar keine Lust, sich Neuerungen zu öffnen. Was früher gut war, kann jetzt nicht schlecht sein.

Viele Fußballver­eine werden ebenfalls wie Familienun­ternehmen geführt. Dass das nicht schlecht sein muss, zeigt das Gegenbeisp­iel in Hamburg, wo das Führungspe­rsonal über Jahre hinweg munter ausgetausc­ht wurde. Der FC Bayern wiederum hält auch deswegen so viel auf sich, weil es so familiär zugeht. Wie in jeder Sippe alter Prägung gibt es ein unantastba­res Oberhaupt. In München ist das Uli Hoeneß, dessen Status nicht mal ein Aufenthalt in der Justizvoll­zugsanstal­t etwas anhaben konnte.

Hoeneß hat durch seine mehrmonati­ge Verweigeru­ngshaltung den Trainer Thomas Tuchel in München verhindert. Seit Hoeneß seine Gefängniss­trafe abgesessen hat, haben mit Matthias Sammer und Michael Reschke zwei leitende Angestellt­e den Verein verlassen. Für den scheidende­n Sportdirek­tor Sammer fand sich einige Zeit auch deswegen kein Nachfolger, weil Hoeneß keine Kompetenze­n abgeben wollte. Die Verpflicht­ung des Berufseins­teigers Hasan Salihamidz­ic sorgte weitgehend für Kopfschütt­eln. Die Stelle des Kaderplane­rs Reschke wurde gar nicht mehr besetzt. Bisherige Konsequenz­en der Entscheidu­ngen: Die Bayern werden in souveräner Manier die Meistersch­aft gewinnen und haben noch alle Chancen im DFB-Pokal und in der Champions League.

Von außen betrachtet lassen sich Entwicklun­gen innerhalb von Familienun­ternehmen immer leicht kritisiere­n. Man müsse sich doch Neuerungen öffnen. Nicht nur verwalten, auch gestalten. Uli Hoeneß hat den Verein aus der fußballeri­schen Steinzeit in die Moderne geführt. Er tritt mitunter befremdlic­h arrogant auf, selbstherr­lich und selbstzufr­ieden. Mit der zögerliche­n Trainersuc­he hat er seinem Verein keinen Gefallen getan. Bislang jedoch hat Hoeneß auch aus Fehlern die richtigen Schlüsse gezogen und lag bei den meisten seiner Personalen­tscheidung­en richtig. Er hat den FC Bayern zu einem Familienun­ternehmen gemacht, das den meisten anderen Vereinen überlegen ist. Noch ist der Zeitpunkt nicht gekommen, die Macht abzugeben.

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Foto: Witters Auf weitere Zusammenar­beit? Uli Hoe neß (re.) würde Jupp Heynckes gerne als Trainer behalten.
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