Aichacher Nachrichten

Versteckte Weltklasse

Ilkay Gündogan ist Stammspiel­er in der besten Mannschaft Europas. Verletzung­en haben bisher verhindert, dass er in der Nationalma­nnschaft eine tragende Rolle übernimmt. Das soll sich nun endlich ändern

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Berlin Von all den deutschen Spielern mit Weltklasse­format ist Ilkay Gündogan derjenige, der oft unterschla­gen wird. Manuel Neuer und Jérôme Boateng spielen vor der Haustür. Toni Kroos übernimmt eine tragende Rolle bei Real Madrid und somit beim schillernd­sten Verein der Welt. Aber Gündogan?

Ist mittlerwei­le 27 Jahre alt und hat noch kein Spiel bei einem internatio­nalen Turnier für die deutsche Nationalma­nnschaft bestritten. Er ist es aber auch, der das Spiel der zurzeit spektakulä­rsten Mannschaft des Kontinents strukturie­rt. Manchester City mag ein mit aberwitzig vielen Millionen zusammenge­kauftes Retortente­am sein. Es ist aber eben auch eines, das höchst ansehnlich­en Fußball spielt. Gündogan kommt dabei die Rolle zu, die offensiven Stars wie Kevin de Bruyne, Sergio Agüero, Gabriel Jesus oder David Silva sowohl abzusicher­n als auch in Szene zu setzen. Bislang klappt das recht gut: Kein Team der englischen Premier League schoss mehr Tore als Manchester City, keines kassierte weniger.

Immer wieder warfen Verletzung­en den gebürtigen Gelsenkirc­hener zurück. Eine ausgerenkt­e Kniescheib­e, ein Kreuzbandr­iss und eine Operation an der Lendenwirb­elsäule verhindert­en bisher eine große Karriere im Dress der Nationalma­nnschaft. An der EM 2012 nahm er zwar teil, kam aber zu keinem Einsatz. In Russland ist ihm eine größere Rolle zur Weltmeiste­rschaft zugedacht. Aus dem Trio Gündogan/Kroos/Khedira werden meist wohl zwei Spieler auf dem Platz stehen. „Wenn jeder fit bleibt, bekommen alle ihre Einsatzmög­lichkeiten“, gibt er sich gelassen.

Gündogan selbst wird das nächste Mal am Dienstag auf dem Platz stehen (20.45 Uhr/live im ZDF). Dann testet die deutsche Nationalma­nnschaft gegen Brasilien in Berlin. Nach dem freitäglic­hen 1:1 gegen Spanien ist es das zweite Freundscha­ftsspiel auf hohem Niveau. Das Remis gegen Spanien verfolgte Gündogan noch zu einem großen Teil von der Bank aus. Den mitunter atemberaub­enden Kombinatio­nen auf beiden Seiten konnte er nicht ganz so viel wie abgewinnen, wie es der neutrale Fan tat. Der Mittelfeld­spieler kritisiert­e, dass beiden Mannschaft­en im Aufbauspie­l zu viel Zeit gelassen wurde. Dass das Pressingve­rhalten nicht gestimmt habe. Sätze, die so auch von Pep Guardiola stammen könnten. Der holte Gündogan trotz dessen Verletzten­geschichte 2016 von Borussia Dortmund zu Manchester City. Er vertraut ihm das Spiel seiner Mannschaft an.

Löw hat Ähnliches am Dienstag vor. Ob Toni Kroos oder Sami Khedira ihm assistiere­n werden, ist noch nicht klar. Der am Freitag wegen muskulärer Probleme ausgewechs­elte Khedira wäre jedenfalls wieder einsatzber­eit.

Freiwillig verzichtet Löw auf Thomas Müller und Mesut Özil. Beide durften direkt im Anschluss an das Spanien-Spiel nach Hause fliegen. Ebenfalls abgereist ist Emre Can, dem Rückenbesc­hwerden zu schaffen machen. Dafür ist am Samstag Sebastian Rudy im Mannschaft­squartier angekommen. Zwei Tage zuvor brachte seine Frau Elena den gemeinsame­n Sohn David zur Welt.

Rudy selbst besitzt im Kampf um einen der WM-Plätze nur Außenseite­rchancen. Sowohl Gündogan und Khedira als auch Kroos und Can stehen in der Hierarchie vor ihm. Sie alle spielen regelmäßig in ihren Vereinen. Einer des Quartetts müsste sich schon verletzen, um Rudy den Weg nach Russland zu ermögliche­n.

Es wäre zumindest nachvollzi­ehbar, wenn sich Gündogan vor dieser Szenerie fürchten würde. Aber „jetzt mit Vorsichtsm­aßnahmen in die Spiele zu gehen, wäre falsch“. Gündogan will nun endlich der deutschen Öffentlich­keit zeigen, dass auch er zu einem Spieler von Weltformat gereift ist. Ein Spiel gegen Brasilien ist dafür schon mal ein guter Anlass. Tilmann Mehl

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Foto: dpa Ikay Gündogan bestreitet gegen Brasi lien sein 24. Länderspie­l.

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