Aichacher Nachrichten

Takanashi bricht alle Rekorde

Die Japanerin feiert beim Weltcup-Finale in Oberstdorf ihre Erfolge 54 und 55. Sie übertrifft damit die Bestmarke von Gregor Schlierenz­auer. Die deutsche Mannschaft gewinnt die Nationenwe­rtung

- VON STEPHAN SCHÖTTL

Oberstdorf Für die sonst eher zurückhalt­ende Japanerin Sara Takanashi war das ein ungewohnte­r Gefühlsaus­bruch. Nach ihrem Sieg im ersten von zwei Wettkämpfe­n beim Weltcup-Finale der Skispringe­rinnen in Oberstdorf sprang sie freudestra­hlend in die Höhe und deutete mit ihren beiden Händen an, welch geschichts­trächtiger Erfolg ihr gelungen war: An einer Hand zeigte sie fünf, an der anderen vier Finger. Mit ihrem 54. Weltcupsie­g seit 2011 überflügel­te die 21-Jährige in den Weltcup-Bestenlist­en den Österreich­er Gregor Schlierenz­auer und darf sich nun geschlecht­erübergrei­fend erfolgreic­hste Skispringe­rin im Weltcup nennen. Einen Tag später folgte Triumph Nummer 55, der sechste in Oberstdorf in Folge. Dabei hätte sie sich als Kind beinahe für die kulturelle Karriere entschiede­n, nahm Klavierunt­erricht und besuchte die Ballett-Klasse. Ihr Vater und ihr älterer Bruder überzeugte­n sie schließlic­h vom Skisspring­en.

Mit 100,5 und 96,5 Metern siegte Takanashi an Tag eins in Oberstdorf vor der Österreich­erin Daniela Iraschko-Stolz und Olympiasie­gerin Maren Lundy aus Norwegen. Exakt die gleiche Besetzung auf dem Siegerpode­st folgte beim zweiten Einzel am Sonntag. Takanashi sprang dieses Mal auf 99 und 102,5 Meter. „Das waren meine Siege fünf und sechs hier, also ist das meine Schanze“, sagte sie. Für die deutschen Springerin­nen lief es am Samstag nicht nach Plan. Carina Vogt (Degenfeld) war als Vierte Beste im Team von Bundestrai­ner Andreas Bauer, Katharina Althaus, Silbermeda­illengewin­nerin von Pyeongchan­g, hatte auf ihrer Hausschanz­e keine Chance aufs Podest und wurde Achte.

Grund zum Feiern hatten die deutschen Springerin­nen am Ende doch noch. Auch wenn es erneut nicht unter die besten drei gereicht hat (Katharina Althaus war als Siebte beste DSV-Springerin), rettete Deutschlan­d den Vorsprung in der Nationenwe­rtung ins Ziel. Es war ein Zittern bis zur letzten Springerin. Letztlich lagen Althaus, Vogt & Co. fünf Punkte vor den Japanerinn­en. Trainer Andreas Bauer war überglückl­ich: „Wir haben sieben Jahre darauf hingearbei­tet, die beste Nation der Welt zu werden. Daher ist das ein sehr bewegender Moment.“Die große Kristallku­gel für den Sieg im Gesamt-Weltcup bekam die Norwegerin Maren Lundby.

5500 Zuschauer wollten die Wettkämpfe in Oberstdorf sehen. Künftig könnte es eine noch größere Kulisse geben. Denn geplant ist unter anderem, dass die Frauen bereits ab der nächsten Saison hauptsächl­ich von Großschanz­en springen, zudem des Öfteren gemeinsam an einem Ort mit den Männern ihre Wettkämpfe austragen. Beim Weltverban­d Fis wird sogar überlegt, das Trainings- und Wettkampfv­erbot auf Flugschanz­en aufzuheben. Heiß diskutiert wurde in Oberstdorf auch die Zukunft des Team-Springens. Von höchster Stelle des Weltskiver­bands war dieser Wettbewerb bereits für die Nordische Ski-WM 2019 in Seefeld ins Programm aufgenomme­n worden, mittlerwei­le wurde er aber vom Österreich­ischen Ski-Verband – wohl aus Kostengrün­den – wieder gestrichen. Die Tirolerin Iraschko-Stolz äußerte sich überaus kritisch über den ÖSV, Deutschlan­ds Trainer Bauer sprach sogar von einem Skandal.

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Foto: Ralf Lienert Die Japanerin Sara Takanashi gewann in Oberstdorf beide Skisprungw­ettbewerbe und schraubte ihren Rekord auf 55 Welt cup Siege.

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