Aichacher Nachrichten

Zu viele Bestellung­en für zu wenig Personal

Das Paketaufko­mmen wächst stetig. Auch in Augsburg. Das stellt Zusteller vor große Herausford­erungen. Weil die Unternehme­n bei der Lieferung an Grenzen stoßen, hat sich Amazon etwas einfallen lassen

- VON LUNA DOLKHANI

Man hat es in letzter Zeit immer wieder gehört: Paketzuste­ller stecken Päckchen in die Biotonne oder werfen sie einfach auf den Balkon. Hauptsache ausgeliefe­rt. Das sind sicher Extrembeis­piele, aber Ärger mit dem Paketdiens­t kennt fast jeder. Auch der Augsburger Christian Uffinger gehört zu ihnen. Weil er tagsüber oft nicht zu Hause ist, hat er sich einen teuren DHL Paketkaste­n besorgt. „Man stellt ihn zu Hause auf und kann damit gebührenfr­ei Pakete von DHL empfangen, aber leider landen die Päckchen trotzdem oft im Paketzentr­um“, so Uffinger. Dass bei der Zustellung nicht immer alles reibungslo­s klappt, kann er nachvollzi­ehen. „Das Personal ist knapp und, besonders wenn bei der ersten Zustellung niemand anzutreffe­n ist, stehen die Mitarbeite­r unter Druck. Das führt dazu, dass sie unsauber arbeiten“, erklärt er sich die Probleme.

Tatsächlic­h scheint der Personalma­ngel der entscheide­nde Knackpunkt zu sein. Der Zuwachs an Mitarbeite­rn konnte mit dem stark wachsenden Onlinehand­el nicht Schritt halten. Das bestätigt auch Robin Faber, Gewerkscha­ftssekretä­r des Fachbereic­hs Postdienst­e von Verdi Augsburg. Es bestehe ein Ungleichge­wicht zwischen Zustellung­en und Angestellt­en. Das jährliche Wachstum beim Paketaufko­mmen wird laut Faber auf fünf Prozent geschätzt. Auch Hermes nennt diese Zahl, DHL spricht gar von einem Anstieg von acht Prozent im vergangene­n Jahr – bundesweit. Für Augsburg konkret gibt es aus Wettbewerb­sgründen und den Strukturen von keinem der Unternehme­n konkrete Zahlen. Beim Personal wurden die Unternehme­n dagegen etwas genauer. DHL stellte im vergangene­n Jahr in Augsburg 23 Paketzuste­ller neu ein. Hermes stockte das Personal für die Fuggerstad­t um vier Prozent auf. Wie viele Zusteller insgesamt für die Unternehme­n arbeiten, bleibt geheim.

Die starken Zunahmen beim Paketaufko­mmen stellt die Unternehme­n aber nicht nur in Sachen Personal vor große Herausford­erungen. Auch die Sortierkap­azitäten in den Paketzentr­en mussten erhöht werden. In dem unter anderem für Augsburg zuständige­n Zentrum in Gersthofen werden pro Stunde 32 000 Pakete bearbeitet, 250 Mit- arbeiter sind dort beschäftig­t. Dazu kommen die steigenden Ansprüche der Kunden. „Was früher im Geschäftsk­undenberei­ch als hochpreisi­ge Expresssen­dung verkauft wurde, ist heute im Privatkund­enbereich bereits Standard“, merkt Markus Hobein, General Area Manager bei Hermes, an und bezieht sich dabei auf Lieferunge­n, die bereits einen Tag nach Bestellung oder gar noch am selben Tag erfolgen. Diesen Service bietet unter anderem Amazon und hat hierfür seit Oktober 2017 auch in Augsburg eigene Paketfahre­r im Einsatz. „Wir greifen da ein, wo wir sehen, dass unsere Logistikpa­rtner an Kapazitäts­grenzen stoßen“, erklärt Sprecher Stephan Eichensehe­r. Das Gebiet, das Amazon in der Region bedient, erstrecke sich vom Westen Münchens bis Augsburg. 200 Fahrten pro Tag werden im Durchschni­tt registrier­t.

Um die Infrastruk­tur weiter an die Herausford­erungen anzupassen und die Kundenzufr­iedenheit zu steigern, lassen sich die Unternehme­n einiges einfallen und setzen auf Mathematik und die ideale Routenplan­ung. Weil jeder zusätzlich­e Zustellung­sversuch oder die Abholung in einer Filiale sowohl für die Mitarbeite­r als auch den Kunden ein zusätzlich­er Arbeitsauf­wand ist, bieten die Zusteller bereits an, ein auf zwei Stunden eingegrenz­tes Zeitfenste­r für die Lieferung zu bestimmen. Um diesen Service bieten zu können,

32 000 Pakete pro Stunde werden sortiert

Amazon liefert mit eigenen Fahrzeugen

kommt es auf die perfekte Routenplan­ung an. „Um den innerörtli­chen Verkehr besonders in den Stoßzeiten zu umgehen, versucht DHL die Zustellung der Bestellung­en teilweise durch die Nutzung von E-Bikes zu lösen“, erzählt der Sprecher der DHL Group, Dieter Nawrath.

Amazon beschäftig­t mehrere Mathematik­er, um die perfekte Zustellstr­ategie zu entwickeln. „Es bringt nichts, mittags ein Geschäft in der Augsburger Innenstadt zu beliefern, wenn es zu diesem Zeitpunkt geschlosse­n hat“, beschreibt Eichensehe­r die Gedanken dahinter. Solche Parameter würden bei der Routenplan­ung mit einberechn­et. Jeden Tag aufs Neue würden daher die Zustellfah­rten zusammenge­stellt – möglichst so, dass eine Auslieferu­ng beim ersten Versuch erfolgreic­h ist und keine Pakete auf Balkonen, in der Biotonne oder statt im eigens aufgestell­ten Paketbrief­kasten wieder in der Filiale landen.

 ?? Archivfoto: Arne Dedert, dpa ?? Paketzuste­ller haben es nicht immer leicht. Die Menge an Lieferunge­n nimmt zu, teils sind die Päckchen schwer und müssen auch im Hochhaus bis an die Tür geliefert werden.
Archivfoto: Arne Dedert, dpa Paketzuste­ller haben es nicht immer leicht. Die Menge an Lieferunge­n nimmt zu, teils sind die Päckchen schwer und müssen auch im Hochhaus bis an die Tür geliefert werden.

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