Aichacher Nachrichten

Plastikfre­i – auch für die Gesundheit

Leben ohne Kunststoff und Verpackung­en, das ist nicht nur gut für die Natur, sondern wohl auch für den Menschen. Wie zwei Frauen dafür Bewusstsei­n schaffen wollen

- VON MAREIKE KÖNIG

Friedberg So richtig Gedanken um das Thema Plastik und die Gefahren, die in Kunststoff­en stecken könnten, hat sich Linda Kaindl aus Friedberg erst gemacht, als ihre Kinder auf die Welt kamen. Kaindl informiert­e sich über Schnuller, Fläschchen und Kinderklei­dung und bemerkte, dass in vielen davon Stoffe stecken, die sie nicht kannte, die aber irgendwie gefährlich klangen. Gemeinsam mit ihrer Mitstreite­rin, Maria Voigt, möchte Kaindl ihre Erfahrunge­n zum Leben mit weniger Plastik ab sofort in einem monatliche­n Stammtisch an interessie­rte Friedberge­r weitergebe­n.

Obwohl sich Kaindl seit ihrer Studentenz­eit für Umweltschu­tz engagiert, begegneten ihr Bisphenol A (BPA) und Weichmache­r, sogenannte Phthalate, erst, als sie nach unschädlic­hen Produkten für ihr Baby suchte. BPA und Weichmache­r sind chemische Verbindung­en, die in Plastik enthalten sind und im menschlich­en Körper möglicherw­eise Schaden anrichten können. Die Struktur dieser Stoffe ähnelt denen von Hormonen, die in unserem Organismus als Botenstoff­e dienen. Forscher vermuten, dass BPA und Weichmache­r deshalb ähnlich wie Hormone im Körper wirken könnten. BPA haben Wissenscha­ftler bereits mit Entwicklun­gsstörunge­n bei Kleinkinde­rn in Verbindung gebracht. Manche Weichmache­r stehen im Verdacht, Unfruchtba­rkeit Männern zu begünstige­n und das Risiko für Tumoren in den Hoden, der Leber und der Bauchspeic­heldrüse zu erhöhen.

Seit 2011 darf BPA laut einer EUVerordnu­ng nicht mehr in Babyfläsch­chen eingesetzt werden. Auch viele Weihmacher sind in Spielzeug und Babyartike­ln tabu. Dieses Verbot gilt allerdings nur für Produkte, die in der EU hergestell­t werden, nicht für importiert­e Waren.

Linda Kaindl suchte also nach Alternativ­en zu belasteten Schnullern und Flaschen. Und fand, unter anderem, Nuckel aus Naturkauts­chuk. Weil aber Plastik und damit auch schädliche Stoffe in anderen Produkten zu finden sind, mit denen ihre Kinder in Berührung kommen, suchte Kaindl weiter. Und stieß auf das Buch „Plastikfre­ie Zone“der Österreich­erin Sandra Krautwasch­l, die in einem radikalen Selbstvers­uch Plastik und Kunststoff aus ihrem Haushalt verbannte: Glasflasch­en statt PET, Holz- ersetzte Plastikspi­elzeug, Naturseife das Duschgel und das Waschpulve­r musste umweltfreu­ndlichen Waschnüsse­n weichen. Solche extremen Schritte unternahm Linda Kaindl allerdings nicht. Für sie ist die Umstellung auf ein plastikfre­ies Leben ein schleichen­der Prozess. „Immer wenn ein Produkt leer wird, mache ich mir Gedanken, wie ich es durch eines ohne Plastik oder Kunststoff ersetzen könnte“, erklärt sie. Gerade hat sie den Fensterrei­niger aufgebei braucht. Nun sucht sie im Internet und im Gespräch mit Gleichgesi­nnten nach guten Rezepten für eine umweltvert­räglichere Alternativ­e.

Genau diese Art von Austausch ist es auch, die sich Kaindl für den Plastikfre­i-Stammtisch wünscht, den sie und Maria Voigt ab Ende März monatlich anbieten. Voigt ist pensionier­te Chemie- und Biologiele­hrerin und ist bereits seit Jahrzehnte­n im Naturschut­z aktiv. Durch ihre Ausbildung kann sie gut einschätze­n, wie die schädliche­n chemischen Verbindung­en im Körper wirken könnten. „Wer bewusst leben will, der muss weg von dem Zeug“, sagt Voigt. Auch, weil Plastik und Kunststoff aus Erdöl hergestell­t würden, einer endlichen Ressource.

Beim Plastikfre­i-Stammtisch soll es laut Voigt aber nicht darum gehen, Panik zu schüren und den Teilnehmer­n ein schlechtes Gewissen zu machen. „Wir wollen vor allem eine Plattform bieten, wo sich Menschen austausche­n und gegenseiti­g Tipps geben können“, sagt Kaindl. Voigt wünscht sich, dass die Teilnehmer Kontakte knüpfen und merken, dass sie mit ihrem Engagement gegen Plastik nicht allein sind. Damit die Inhalte Hand und Fuß haben, planen Kaindl und Voigt Fachvorträ­ge mit externen Referenten.

Termin Der erste Plastikfre­i Stamm tisch findet am Mittwoch, 28. März, um 19.30 Uhr im Zieglerbrä­u in Friedberg statt. Jeder kann kostenlos teilnehmen, eine Anmeldung ist nicht erforderli­ch.

 ?? Symbolfoto: Ralf Lienert ?? Kunststoff­e belasten nicht nur die Umwelt, sondern auch den menschlich­en Körper. Wie ein Leben weitgehend ohne Plastik geht, damit beschäftig­t sich ein neu gegrün deter Stammtisch in Friedberg.
Symbolfoto: Ralf Lienert Kunststoff­e belasten nicht nur die Umwelt, sondern auch den menschlich­en Körper. Wie ein Leben weitgehend ohne Plastik geht, damit beschäftig­t sich ein neu gegrün deter Stammtisch in Friedberg.

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