Ein transatlantisches Bläserfeuerwerk
80 junge Musiker der kanadischen St. George’s Boy School krönen ihren Aichach-Aufenthalt mit gemeinsamem Konzert mit der Stadtkapelle und dem Jugendblasorchester der Musikschule. Das Publikum erlebt viele Überraschungen
Aichach Ein transatlantisches Bündnis schlossen für ein gemeinsames Konzert Musiker aus Kanada und Aichach: Die 2018-Tour-Band der St. George’s Boy School aus Vancouver war zu Gast und stand mit der Stadtkapelle, den Stadtmusikanten und dem Jugendblasorchester der Musikschule Aichach auf der Bühne. Die Aula des Deutschherren-Gymnasiums war voll besetzt.
Die kanadischen Dirigenten Dean Markel und Mark Rnic hatten mit ihrem Kollegen Eduard Augsburger ein abwechslungsreiches und anspruchsvolles Programm einstudiert. Es reichte von der bayerischen und ungarischen Volksmusik über die Romantik, Kirchenmusik und Jazz-Musik bis zu konzertanter Blas- und Unterhaltungsmusik.
Als Vorband agierten die Aichacher Stadtmusikanten. Moderator Sepp Huber informierte humorvoll über die traditionelle bayerische Musik. Zünftig spielten die Musikanten auf mit dem Schottisch „Rehragout“im 2/4-Takt und dem Zwiefachen „Bayerischer Bauer“. Die erste Überraschung des Abends war die gelungene kanadisch-bayerische Interpretation der Polka „Klarinettenmuckl“durch die Solisten Jack Li und Joachim Janyga. Mit dem Trinklied „Auf der Vogelwiese“von Josef Poncar brachte das Gesangsduo Wolfgang Glas und Luca Ostermeier die Zuhörer zum Schmunzeln. Die zweite Überraschung war die Premiere des Landler-Potpourries „Landlerisch für die Stadtmusikanten“, arrangiert von Wolfgang Glas. Bei der Polka „Trompetenecho“von Slavko Avsenik profilierten sich die Trompeter.
Dann übernahmen Lucia Brummer und Cristoforo Calabró die Moderation und kündigten die Stücke charmant und mit wissenswerten Informationen an. Die Stadtkapelle und das Jugendblasorchester der Musikschule Aichach mit 45 Musikern eröffneten mit der hymnischen Fanfare „The Olympic Spirit“von John Williams. Ein Glanzstück war das Concertino op. 26 für Klarinette und Orchester von Carl Maria von Weber. Als jüngster Solist interpretierte der 16-jährige Tizian Pollanka das Werk nicht nur mit technischer Finesse, sondern ebenso mit emotionaler Tiefe. Das Orchester begleitete ihn zurückhaltend. Das Publikum applaudierte stürmisch.
Zum Trompetensolo „Cherry Pink and Apple Blossom White“von Pérez Prado ertönten überraschend zwei Trompeten – von den Balkonen beidseits der Bühne: Luca Ostermeier und Francesco Calabró tra- ten in einen leidenschaftlichen Wettstreit, wer die Noten des auch Gummi-Mambo genannten Stücks auf der Trompete am besten langziehen kann. Ein kleiner Gag, der das Publikum sichtlich erheiterte. Es folgte das Medley „Movie Milestones“mit Filmmusik von Hans Zimmer. Das Orchester arbeitete die Effekte der Melodien aus „Gladiator“, „Madagascar“, „Der König der Löwen“und „Fluch der Karibik“gut heraus, von aufregend und intensiv bis zart und skurril. Die Spannung steigerte sich bis zum Finale mit dem Titel „Sparkling Drums“von Ted Huggens. Ein Stück für Schlagzeugvirtuosen, das ein fulminantes Feuerwerk beinhaltete Alex Gilliar die Möglichkeit gab die grandiose Beherrschung seines Instrumentes voll zu entfalten. Zu Beginn des Solos ging das Licht aus, die Noten wurden nur von Pultleuchten beleuchtet und minutenlang waren nur noch die wirbelnden blau-fluoreszierenden Schlagzeugsticks zu sehen und die schnell wechselnden Rhythmen zu hören.
Im zweiten Teil des Konzerts griffen die beiden kanadischen Dirigenten Dean Markel und Mark Rnic abwechselnd zum Taktstock und erzählten charmant und humorvoll Wissenswertes über die Werke. Ergreifend dargeboten wurde die Vertonung von Josef Rheinbergers Choral „Herr bleibe bei uns, denn es will Abend werden“. Höhepunkt des umfangreichen kanadischen Beitrags war das brillante, mit großer Leidenschaft gespielte Klarinettensolo von Jack Li mit den RossiniVariationen „Introduction, Theme and Variations“. Die solistischen Passagen waren perfekt mit dem Orchester abgestimmt. Aufbrausender, lang anhaltender Applaus für eine fast professionelle Darbietung von Li mit ausgezeichneter Technik und Tongebung.
Eine weitere Überraschung war „Csárdás“von Vittorio Monti, einer Komposition für Violine und Klavier, die die Kanadier in der außergewöhnlichen Besetzung für Violine und Blasorchester neu arrangiert und dann an Swetlana Augsburger geschickt hatten. Eine einzige gemeinsame Probe genügte der Profimusikerin. Swetlana Augsburger demonstrierte ihr instrumentales Topniveau und setzte sich mit Leichtigkeit gegen die sensibel begleitenden 80 Kanadier durch. Das hört man nicht alle Tage.
Ungewohnt Rhythmisches boten sie dann mit der „Serenade for Windband, op: 22“von Daniel Bourgeois. Der Komponist schrieb das Werk im 11/8-Takt und änderte ihn in der Mitte des Stücks zum 13/8-Takt. Bei „Air for Band“von Frank Erickson gab es einen überraschenden Dirigentenwechsel: Bereits beim ersten Konzert 1994 hatte Amateurdirigentin Hildegard Rindfleisch den Taktstock übernommen.
Zur Auflockerung durfte das Publikum zusammen mit dem Dirigenten schon mal mit Sprechsilben den Rhythmus des Jazz-Stückes „Sang“von Dana Wilson einüben, den die Musiker danach mit sichtlicher Begeisterung vokal und instrumental ausbauten. Eine tolle Idee. Bei dem rasant vorgetragenen Marsch „Storm and Sunshine“von John Phillip Sousa zogen die jungen Musiker nochmal alle Register.
Zum Schluss ein überraschendes Joint-Venture mit 120 Musikern aller drei Gruppen: Die „Bohemian Rhapsodie“von Freddie Mercury wurde auf anspruchsvollem Niveau präsentiert. Der Applaus wollte fast nicht enden.