Ihr Briefträger weiß zu viel
Der Skandal um die Post wirft unangenehme Fragen auf
Augsburg Kaum jemand trägt so viele Geheimnisse mit sich herum wie Postboten. Und damit meinen wir nicht nur das Briefgeheimnis. Die Damen und Herren in Gelb und Blau wissen viel mehr über uns, als das Einschreiben vom Finanzamt oder die Karte von der Tante aus New York je verraten könnte. Sie wissen, bei wem es im Hausflur aussieht wie auf der Wertstoffsammelstelle. Sie wissen, wer um 11 Uhr noch im Bademantel die Tür aufmacht und wer vor dem Mittagsläuten gar nicht erst die Rollläden hochzieht. Und natürlich können sich Postboten auch denken, warum der Herr aus Hausnummer 13 morgens auffallend gut gelaunt die Haustüre der Dame von Nummer 16 öffnet. Von innen wohlgemerkt. Und im Pyjama.
Auf den ersten Blick mag dieses Wissen harmlos erscheinen. Kompliziert wird es aber, wenn all die Informationen an die falsche Adresse gelangen. Und da gibt uns folgende Nachricht zu denken: Die Deutsche
Post soll Daten ihrer Kunden an CDU und FDP verscherbelt haben. So, und jetzt fragen Sie sich mal, was Ihr Postbote alles über Sie weiß – und was die Parteien damit anfangen könnten. Haben
Sie neulich Prospekte für eine Reise nach Jamaika bestellt? Dann sind Sie beim FDP-Chef jetzt wohl unten durch („Lieber nicht Urlaub machen als falsch“). Haben Sie einen Tonträger von Xavier Naidoo bestellt („Was wir alleine nicht schaffen, das schaffen wir dann zusammen“)? Dann wird Sie die Kanzlerin möglicherweise bald um Rat fragen. Oder haben Sie einen Hund? Dann weiß der Postbote wohl wenig über Sie – weil ihn das Gebell immer so schnell vertreibt. Das Haustier fungiert quasi als Datenschützer. Warum die Sache mit der Post in Wahrheit nicht ganz so lustig ist, erfahren Sie in der Politik.