Aichacher Nachrichten

Von der Römerzeit zu „Game of Thrones“

Dalmatiens Küstenstäd­te haben ein wunderschö­nes Flair – auch als Filmkuliss­e

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Wenn Zoran Debelic zum Pinsel greift, dann macht er das am liebsten an der frischen Luft. Vor seiner Galerie mitten in der Altstadt von Zadar hat er seine Staffelei aufgebaut, darauf steht eine Leinwand. Mit einem Pinsel tupft er hier und da etwas Acrylfarbe auf. „Die Leute sehen das Bild immer als Unterwasse­rKathedral­e“, erzählt der Künstler.

Vielleicht liegt es daran, dass Debelic mit dem Rücken zu einer monumental­en Kirche sitzt: dem im 9. Jahrhunder­t erbauten Gotteshaus Sv. Donat, eines der beliebtest­en Fotomotive der einstigen Hauptstadt Dalmatiens an der kroatische­n Adria.

Debelic sitzt mitten in der Antike: Seine Galerie liegt am einst größten römischen Hauptplatz in Kroatien. Von dem Forum Romanum ist allerdings nicht allzu viel übrig, nur einige niedrige Mauerstrei­fen und Bruchstück­e von Säulen.

Wer sich in Debelics Bild versenkt und entspannt, taucht nicht nur optisch in eine andere Welt ein, sondern auch akustisch. Denn der Wind trägt immer wieder sphärische Klänge vom nahen Meeresufer herüber. Die tiefen, lang gezogenen Töne stammen von der 2005 errichtete­n Meeresorge­l. Durch 35 Röhren in der Kaimauer, an deren Ende Orgelpfeif­en sitzen, fließt Meerwasser. Das erzeugt die Töne. Mal mehr, mal weniger laut, es hängt von der Brandung ab und ob ein Schiff vorbeifähr­t.

Viele Eroberer

Wie viele andere Städte an der kroatische­n Adria hat Zadar eine wechselvol­le Geschichte. Von den Griechen gegründet, vom 2. Jahrhunder­t vor Christus bis zum 6. Jahrhunder­t in römischer Hand, bis zum 11. Jahrhunder­t unter byzantinis­cher Herrschaft. Dann von den Venezianer­n erobert. Später zeitweise von Österreich, Frankreich und Italien beherrscht, im Zweiten Weltkrieg fast vollständi­g von den Alliierten zerstört. Sichtbare Spuren quer durch die Jahrhunder­te finden sich auch im etwa 160 Kilometer südlich gelegenen Split. Dort kamen nach den Griechen die Römer: Um 300 nach Christus machte sich Kaiser Diokletian an den Bau eines 215 mal 180 Meter großen Palastes – als Altersruhe­sitz. Heute ist dieses einst in sich geschlosse­ne Gebäudeens­emble Herzstück der Altstadt und UNESCOWelt­erbestätte.

„Im Untergesch­oss der Altstadt atmet man die Römerzeit, darüber sieht man Bauwerke aus dem 13. Jahrhunder­t“, sagt Stadtführe­rin Anita Birimisa. Die Bewohner haben im Laufe der Zeit die Überreste des Palastes aufgestock­t und immer mehr dazu gebaut, das einstige Mausoleum zur Kathedrale gemacht und den Jupiter-Tempel zur Taufkapell­e.

Heute leben etwa 2000 Menschen auf römischen Fundamente­n, in venezianis­chen Mauern und modernen Anbauten. Braco Crnogorac ist einer von ihnen. Der Kroate steht auf einem kleinen, mit Efeu bewachsene­n Grundstück gegenüber seinem Haus nahe der Kathedrale. Zwischen den Ranken an der Wand zum Nachbarhau­s und unter ein paar Palmen lagern Säulenfüße, Kapitelle, Steinplatt­en mit gemeißelte­n Gesichtern und andere antike Bruchstück­e. „Das ist mein privates Museum“, sagt Crnogorac. Er habe eigentlich ein kleines Apartmenth­aus an dieser Stelle errichten wollen. Doch schon beim ersten Spatenstic­h stieß er auf steinerne Geschichte und meldete das den Behörden. Damit war auch das geplante Haus Geschichte.

Ruhigere Orte

Split mit seinen antiken Spuren lockt mittlerwei­le jede Menge Touristen an. Beschaulic­her geht es in Sibenik zu, auf halber Strecke zwischen Zadar und Split auf einem Hügel an der Mündung des Krka-Flusses gelegen. Auch die rund 950 Jahre alte und einzige von Kroaten gegründete Stadt in Dalmatien kann mit UNESCO-Titeln aufwarten. Besonders sehenswert in der mittelalte­rlichen Altstadt ist die Kathedrale Sv. Jakov.

Im Jugoslawie­nkrieg wurde die Kuppel des venezianis­chgotische­n Doms aus hellem Stein zerstört. Die Restaurato­ren wussten zunächst nicht genau, wie sie vorgehen sollten. Vier Jahre dauerte es, bis sie herausfand­en, wie sie die Kuppel ohne Zement oder Beton wieder zusammense­tzen. Die Macher der TV-Serie „Game of Thrones“wären wohl sonst kaum auf die Idee gekommen, die Kathedrale und den davor liegenden Renaissanc­eplatz als Kulisse zu nutzen. Und so lockt die Stadt neben historisch interessie­rten Besuchern auch immer wieder Serienfans an, die an Dalmatiens Küste Erholung suchen.

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 ?? Fotos: Nina C. Zimmermann, Ivan Coric/ HTZ, tmn ?? Künstler Zoran Debelic malt in Za dar direkt auf der Straße, inmitten antiker Kulissen.
Fotos: Nina C. Zimmermann, Ivan Coric/ HTZ, tmn Künstler Zoran Debelic malt in Za dar direkt auf der Straße, inmitten antiker Kulissen.

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