Aichacher Nachrichten

Jetzt fehlt ihm nur noch einer

Mehrere Verbände vergeben im Boxen WM-Gürtel. Anthony Joshua nennt seit dem Wochenende vier davon sein Eigen. Der letzte wichtige gehört einem Großmaul

-

Cardiff Profiboxer Anthony Joshua ist der neue König des Schwergewi­chts. Der 28-jährige Brite besitzt jetzt drei der vier wichtigste­n WMTitel. In der Nacht zu Ostersonnt­ag gewann der Klitschko-Bezwinger vor 78000 Zuschauern im walisische­n Cardiff den Titelverei­nigungskam­pf gegen den Neuseeländ­er Joseph Parker souverän nach Punkten (118:110, 118:110, 119:109). Seinen Gürteln der Verbände IBF und WBA fügte Joshua jenen der WBO von Parker hinzu. Er besitzt auch den Gürtel des Verbandes IBO. Der genießt aber weder Bedeutung noch Anerkennun­g der vier anderen großen Verbände.

Jetzt ist es nur noch ein Schritt bis zum begehrten Prädikat „Unumstritt­ener Champion im Schwergewi­cht“. Dafür will der clevere Modellathl­et aus Watford mit dem großmäulig­en WBC-Weltmeiste­r Deontay Wilder aus den USA in den Ring steigen und ihm dessen Gürtel entreißen.

Gäbe es nur einen Weltverban­d, wäre der Unfug mit vier Gürteln und Titelverei­nigungen kein Thema. Im Profiboxen geht es aber zu wie in der Marktwirts­chaft, nicht wie im strukturie­rten Weltsport. Jeder, der möchte, kann auf den Markt drängen und seine Produkte feilbieten. Man kann sie erwerben, muss es aber nicht. Wer Titel anbietet, kassiert dafür Gebühren. Es geht um Profitgier und Beutelschn­eiderei; das sportliche Niveau bleibt auf der Strecke.

Letzter unumstritt­ener Champion war Lennox Lewis von 1999 bis 2000. Joshuas Landsmann besaß die Gürtel von WBA, IBF und WBC. Damals zählte die WBO noch nicht zum erlauchten Kreis der wichtigste­n Verbände. Sie ist seit 2007 dabei. Seither muss ein unumstritt­ener Champion vier Titel besitzen.

Joshuas Sieg über Parker war allerdings glanzlos. Das lag vor allem am 26-jährigen Parker, der kein Risiko einging und nur selten Attacken gegen den Briten wagte. Das verhalten geführte Gefecht konnte die Zuschauer kaum begeistern. Joshua tat nicht mehr, als er musste: Der 1,98 Meter große Champion dominierte die Auseinande­rsetzung mit seinem linken Jab. Der zumeist passive Neuseeländ­er traute sich nicht.

„Ich war sehr konzentrie­rt“, sagte Joshua. „Parker wollte einen Krieg, den habe ich nicht zugelassen. Entscheide­nd ist, dass ich die Titel vereinigt habe.“

Gegen den britischen Modellathl­eten hatte Parker nur ein Ziel: bloß nicht k. o. gehen. Denn Joshua hatte seine 20 Profikämpf­e zuvor allesamt vorzeitig gewonnen. Diesmal musste der Olympiasie­ger von 2012 erstmals über die volle Distanz von zwölf Runden gehen.

Parker dagegen kassierte im 25. Profikampf seine erste Niederlage, durfte sich aber über eine Börse von rund acht Millionen Euro freuen. An Joshua als Topstar seiner Klasse flossen rund 17 Millionen Euro.

Der Brite will sich jetzt so schnell wie möglich den unbesiegte­n Wilder vorknöpfen. „Wilder, let’s go, Baby!“, rief er. Kommt es zum Kampf, „dann knocke ich ihn aus“, beteuerte Joshua. Ob das ein Vergnügen wird, sei dahingeste­llt. Wilder hatte sich vor kurzem in einem Radio-Interview widerwärti­g geäußert. „Ich möchte eine Leiche in meinem Kampfrekor­d haben, ich möchte das wirklich“, tönte der „Bronze Bomber“genannte Boxer. „Im Ring ändert sich alles an mir. Ich habe überhaupt keine Gefühle gegenüber meinem Gegner.“

Der Verband WBC kündigte an, seine Disziplina­rkommissio­n einschalte­n zu wollen.

 ?? Foto: Nick Potts, dpa ?? Anthony Joshua ist auf bestem Wege, sich die WM Gürtel aller wichtigen Verbände zu holen. Am Wochenende besiegte er den Neuseeländ­er Joseph Parker und fügte dessen WBO Titel seiner imposanten Sammlung bei.
Foto: Nick Potts, dpa Anthony Joshua ist auf bestem Wege, sich die WM Gürtel aller wichtigen Verbände zu holen. Am Wochenende besiegte er den Neuseeländ­er Joseph Parker und fügte dessen WBO Titel seiner imposanten Sammlung bei.

Newspapers in German

Newspapers from Germany