Thierhauptener rettet Schiffbrüchige
Sebastian Platz ist mit dem Kutter Seefuchs vor der libyschen Küste unterwegs. An drei Hilfsmissionen will er 2018 teilnehmen
Thierhaupten Der Wunsch zu helfen und die Abenteuerlust brachten Sebastian Platz aus Thierhaupten vor die libysche Mittelmeerküste. Exakt 24 Seemeilen vor Libyen, und damit auf internationalen Gewässern, ist der 26-Jährige derzeit mit dem Rettungsschiff Seefuchs unterwegs. Der Kutter gehört zu der Flotte der Regensburger Hilfsorganisation SeaEye, die in Seenot geratene Flüchtlinge auf dem Meer versorgt. Gemeinsam mit zehn weiteren Ehrenamtlichen will Sebastian Platz auf hoher See schiffbrüchigen Flüchtlingen helfen. Als gelernter Industriemechaniker ist seine Hauptaufgabe an Bord, dass die Motoren laufen. Dabei ist auch sein Improvisationstalent gefragt. Ende vergangener Woche ist die Seefuchs mit dem jungen Mann an Bord aus dem maltesischen Heimathafen ausgeschifft. Nach einer 20-stündigen Fahrt erreichte sie ihr Einsatzgebiet. In den kommenden zwei Wochen wird sie dort Patrouille fahren.
„Ich bin derzeit Reisender“, sagte Platz vor der Abreise nach Malta lachend. Erst vor einem halben Jahr kam er von einem zweieinhalbjährigen Auslandsaufenthalt in Australien, Neuseeland und Südostasien zurück. Kaum in Deutschland angekommen, suchte Platz bereits das nächste Abenteuer. „Mir war es wichtig, jetzt was Gutes zu machen.“Denn auf seinen Reisen sei ihm bewusst geworden, wie schön es auf der Welt sei. Und auch den Wert seines deutschen Reisepasses schätze er seit seinem Auslandsaufenthalt mehr. Nach der ersten Mission will Platz im Juli erneut auf dem Versorgungsschiff anheuern. Insgesamt sechs Wochen wird der Thierhauptener in diesem Jahr auf hoher See verbringen.
Seit der Flüchtlingskrise werde immer wieder beklagt, dass durch die Zuwanderer die Werte verloren gehen würden. Er sorge sich aber vielmehr darum, dass Europa sein Gesicht verliere, wenn es Hilfesuchende nicht aufnimmt. „Ich will Menschen in Not helfen“, so der Thierhauptener. „Und nicht tatenlos zusehen, wie sie im Mittelmeer ertrinken.“Beim Surfen im Internet sei er auf die Organisation Sea-Eye aufmerksam geworden. Nach ein paar E-Mails besuchte er den Vorbereitungskurs und ist jetzt bereits auf hoher See. Bei dem Treffen stand der Erfahrungsaustausch mit ehemaligen Helfern im Mittelpunkt. Aber auch die Gefahren und die Vorgehensweisen wurden dort erklärt. „Ich habe keine Angst vor der Mission, aber natürlich Respekt. Vor allem vor den vielen unbekannten Situationen.“
Der Wellengang mache ihm nichts aus. Als Surfer und Segler sei er seeerprobt. Dass er jedoch als Laie bereits auf seiner ersten Mission ganz alleine für die Motoren zuständig sei, mache ihm schon etwas Sorgen. Zwar habe er durch seine Ausbildung bei den Stadtwerken in Augsburg bereits Erfahrungen mit großen Motoren gesammelt, aber einen Schiffsmotor musste er während seiner Lehre nicht warten. Ursprünglich sollte er bei den ersten beiden Missionen nur als Zweiter Maschinist an Bord mithelfen, wegen eines Personalmangels hat er aber nun gleich von Anfang an die ganze Verantwortung für die Motoren. „Man wächst mit den Aufgaben, und so wird es auch auf der Seefuchs sein“, so ist Platz guter Dinge. Als Vorbereitung studierte er in den Wochen vor der Abfahrt die technischen Unterlagen des ehemaligen Kutters. Außerdem erhielt er vor der Abfahrt im Hafen noch einen Crashkurs von Kollegen.
Ob es während der zweiwöchigen Mission zum Ernstfall kommen wird, wusste er vor der Abfahrt natürlich noch nicht. Aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, denn im Frühjahr machen sich wieder vermehrt Flüchtlinge aus den Krisengebieten über die Mittelmeerroute auf den Weg nach Europa. Wenn die Seefuchs auf ihrer Patrouille ein Flüchtlingsboot entdeckt, werden die Flüchtlinge von den Crewmitgliedern mit Schwimmwesten ausgestattet und ärztlich versorgt. Mit sogenannten Rettungsinseln wird zusätzlich das meist instabile Flüchtlingsboot befestigt. Der Transport zum Festland werde jedoch nicht von der Seefuchs, sondern von vorbeifahrenden Booten übernommen, erklärte Platz den Ablauf eines Einsatzes. „Wir sind die Ersthelfer und sorgen dafür, dass die Schiffbrüchigen sicher auf ein anderes Schiff umsteigen, mit dem sie wieder an Land gebracht werden.“