Hannelore Leimer bleibt in ihrer Firma an Bord
780 in Augsburg. Wir wachsen weiter. Ich werde mich jedenfalls noch nicht selbst entlassen, wobei natürlich mein Neffe Dr. Michael Proeller und seine Kollegen schon lange in der operativen Verantwortung der Geschäftsführung stehen. Mein Rat ist aber nach wie vor gefragt. Ich bleibe an Bord. So bleibt man geistig jung. Ich übe mich jedoch immer mehr im Loslassen und lasse die Jüngeren machen. Manchmal gelingt es mir mehr, manchmal weniger.
Sie lernen sogar eine Fremdsprache. Leimer: Ja, ich versuche nach wie vor, mit einem Lehrer meine JapanischKenntnisse zu verbessern. Ich liebe dieses Land, auch weil alles so anders ist als bei uns. Wir sind ja dort als Firma seit Ende der 70er Jahre vertreten. Ich bin in meinem Leben viel gereist, darunter viele Male nach Japan. Auch meine über 20jährige Funktion als Präsidentin der deutsch-japanischen Gesellschaft in Augsburg hat mir dieses Land und seine Menschen sehr nahegebracht.
Ihre zweite Heimat wurde schon früh die Schweiz. Sie leben schon lange in der Nähe von Zürich. Wie kam das? Leimer: Ich bin schon Anfang der 60er Jahre in die Schweiz ausgewandert. Damals führte mein Vater Albert Leimer das Unternehmen noch alleine. Dort in der Schweiz habe ich mit meinem späteren Mann ein gemeinsames Geschäft aufgebaut. Wir hatten einen internationalen Vertrieb für Textilmaschinen. Mein damaliger Mann kam aus der Tschechoslowakei. Mit unserem Geschäft spezialisierten wir uns auf die Länder des Ostblocks. Von der neutralen Schweiz aus war es politisch einfacher als von der Bundesrepublik, Geschäfte mit diesen kommunistischen Staaten zu betreiben. Damals war die Welt noch spannend. Heute ist es so normal geworden, international Geschäfte zu betreiben.
Wie liefen die Geschäfte in kommunistischen Ländern ab?
Leimer: Es war abenteuerlich. Man musste mit einem Wust an Bürokratie zurechtkommen. Uns standen riesige Kombinate gegenüber. Lange liefen die Geschäfte erstaunlich gut. Wir vertraten die führenden deutschen und schweizerischen Textilmaschinen-Produzenten. Warum haben Sie sich dann Ende der 70er Jahre endgültig aus diesem Geschäft zurückgezogen?
Leimer: Als 1968 Truppen des Warschauer Paktes den Prager Frühling niederschlugen, versetzte das unseren Geschäften einen Dämpfer. Es war abzusehen, dass langfristig durch die strengere Kontrolle der Sowjetmacht die Geschäftsmöglichkeiten für westliche Unternehmen sehr eingeschränkt sein würden. Und dann starb mein Vater überraschend im Jahr 1972. Ich ging zurück nach Schwaben und übernahm schließlich 1977 den Vorsitz der Geschäftsführung. Ende der 70er Jahre stellten wir dann das Geschäft mit den Textilmaschinen ein. Mein Mann und ich trennten uns schließlich. Meine berufliche Zukunft lag jetzt in Schwaben.
Sie haben sich in die Pflicht nehmen lassen.
Leimer: Sicher, aber die Übernahme des Unternehmens war mir in die Wiege gelegt. Zuvor wollte ich meinem Vater jedoch beweisen, dass ich es auch ohne ihn kann. Erhardt+Leimer war damals vor allem auf dem deutschen Markt aktiv. Mein Ehrgeiz war es, die Geschäfte zu internationalisieren. Heute ist die Firma in Ländern wie Italien, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Rumänien, USA, Brasilien, China, Japan, Taiwan, Thailand, Korea und Indien mit Tochterfirmen vertreten.