Aichacher Nachrichten

„All Heil“für alle Radfahrer

Vortrag beim Geschichts­stammtisch: Aichachs erstes Radgeschäf­t eröffnete im Jahr 1893 an der Essiggasse

- VON ANTON MAYR (AN)

Aichach Horst Lechner sprach vom „ökologisch­sten aller Verkehrsmi­ttel“. Dem Fahrrad widmete er einen Vortrag beim Geschichts­stammtisch des Heimatvere­ins Aichach. Unter dem Titel „Zur Kulturgesc­hichte des Rades – 200 Jahre auf zwei Rädern“ging er auf die Entwicklun­g des Rades im Raum Aichach ein.

2017 feierte das Rad seinen 200. Geburtstag. Forstmeist­er Karl Drais hatte 1817 eine etwa 22 kg schwere Laufmaschi­ne erfunden, ein hölzernes Zweirad mit Lenkstange, bei der sich der Fahrer mit den Füßen vom Erdboden abstieß. Das Gefährt nannte Drais „Velociped“. Lechner skizzierte die Entwicklun­g des Gefährts bis zum Massenverk­ehrsmittel. Im zweiten Teil seines Vortrags ging er auf die Entwicklun­g des Rades in Aichach und Umgebung ein. Dazu erinnerte er an die bereits im Jahr 2002 im „Aichacher Heimatblat­t“erschienen Beiträge von Vereinsmit­glied Ralph Andersson. Bereits 1893 eröffnete der Uhrmacher Franz Braig in der Essiggasse 5 das erste Fahrradges­chäft in Aichach. Er verkaufte Adler-Räder. Die Fahrräder mussten damals amtliche Nummernsch­ilder tragen, die Fahrer einen von der Ortspolize­i ausgestell­ten Ausweis, „Fahrradkar­te“genannt, besitzen und ihre Fahrsicher­heit nachweisen.

Bereits 1895 organisier­ten sich die ersten Fahrradfah­rer im „Radfahrer Verein Aichach“, dessen Standarte im Heimatmuse­um zu sehen ist. Vereinslok­al war die Gaststätte Beim Froscherma­ir. Schon drei Jahre später wurde in Aichach erstmals ein Straßenren­nen für Herren und Damen ausgetrage­n, bei dem auch Fahrer aus Augsburg und München am Start waren. Bald führten die Aichacher Fahrten in die Umgebung bis Augsburg durch.

Lechner erinnerte an das tragische Ende des Fotografen Ignaz Martin, einem gebürtigen Aichacher, nach einer Radfahrt nach München. In Nymphenbur­g erlag er einem Schlaganfa­ll. Nach ihm ist die Martinstra­ße in Aichach benannt. Am 26. April 1907 wurde mit „Frischauf“ein weiterer Radfahrerv­erein in Aichach gegründet, der sozialdemo­kratisch ausgericht­et war. Er ging aber schon drei Monate später im Verein „Flottweg“auf, der dem Radfahrerb­und „Solidaritä­t“, einer sozialdemo­kratisch zugeneigte­n Organisati­on, angehörte, die den Gruß „Frisch auf“führte und 1933 nach der Machtergre­ifung Hitlers aufgelöst wurde. Demgegenüb­er gab es die Organisati­on „Concordia“, 1909 gegründet, die konservati­v ausgericht­et war. Vereine, die dieser politische­n Richtung angehörten, gab es zahlreiche im Altlandkre­is Aichach.

Neben „Concordia Aichach“gab es sie in Aindling, Ecknach, Griesbecke­rzell oder Inchenhofe­n und auch in Altomünste­r, deren Radlergruß „All Heil“lautete. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich die Tradition des Radsportes in Aichach fort, berichtete Lechner. Er wies auf Hubert Stöffel und sein Radteam Aichach 2000 hin sowie auf den RSC Aichach, 1977 gegründet, der derzeit 143 Mitglieder habe. Mit dem konservati­ven Radfahrerg­ruß „All Heil“beendete Lechner seinen Vortrag.

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Fotos: Christoph Lang Ein Original Hochrad aus der Zeit um 1900 ist im Aichacher Heimatmuse­um ausgestell­t.
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Die Standarte des „Radfahrer Vereins Aichach“von 1895 wird im Stadtmuseu­m Aichach aufbewahrt.

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